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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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gebracht. Sag, Mythor, muß ich mir das…«
    »Schweig endlich!«
    Gerrek erschrak, als er seinen Fehler begriff.
    »Das wollte ich nicht«, zischelte er. »Wirklich. Du mußt mir glauben, Honga, es tut mir leid. Bei mir ist dein Geheimnis aufgehoben wie in der tiefsten Gruft, wie auf dem Grund des Meeres.«
    Mythor stöhnte leise.
    »Gerrek«, murmelte er tonlos, »ich bitte nur um einen Gefallen.«
    »Gern, Honga. Alles will ich für dich tun.«
    »Dann halte endlich dein Maul.«
    »Hä?«
    »Darf man erfahren, was ihr beide miteinander zu reden habt?« Sosona, die voranging, war stehengeblieben und wartete, bis Mythor zu ihr aufgeschlossen hatte.
    »Nichts von Bedeutung«, gab der Gorganer zur Antwort. Der Blick mit dem die Hexe ihn ansah, ging durch und durch.
    »Ich habe genug«, schimpfte Gerrek plötzlich. »Das sagte ich auch Honga. Glaubst du wirklich, daß es einem Beuteldrachen zuträglich ist, wenn er andauernd durch eiskaltes Wasser stapft?«
    »Bewege dich schneller, dann spürst du nichts.«
    »Ich hasse Wasser«, rief Gerrek laut aus.
    Die Hexe starrte ihn bitterböse an.
    »Davon will ich nichts mehr hören«, fauchte sie. »Hast du verstanden?«
    »Verstanden schon, aber…« Gerrek rümpfte sein Maul, seine Barthaare begannen zu zittern.
    »Was aber?«
    Die Augen des Mandalers schienen förmlich aus ihren Höhlen hervorzuquellen.
    »Ha… ha… tschiiii!« platzte es gellend aus ihm heraus. Zwei winzige Stichflammen schossen auf Sosona zu, doch die Hexe hob nur eine Hand, und die Glut verging in aufstiebenden Funken, ohne sie zu erreichen.
    Abermals verzog Gerrek die Nüstern. Sosona wandte sich wortlos ab.
    Mythor sah ein flüchtiges Lächeln über Scidas Züge huschen. Anscheinend gönnte die alte Amazone der Hexe die Abfuhr. Der Beuteldrache zwinkerte ihm kurz zu.
    Learges schien in einen magischen Schlaf versunken zu sein, dessen heilende Wirkung außer Zweifel stand. Dennoch würde auch Sosona ihm kaum helfen können, wenn er nicht bald die Ruhe fand, die er benötigte.
    Das Wasser stieg schnell an und erschwerte damit das Vorwärtskommen. Zu allem Überfluß zogen sich einzelne Muskelstränge in den Wänden in unregelmäßigen Abständen zusammen. Manchmal mußte man bei jedem Schritt um den sicheren Stand kämpfen, dann wieder lag der Tunnel so ruhig vor den Menschen, als bestünde er tatsächlich aus reinem Fels.
    Das einzige Geräusch war ein monotones Plätschern.
    »Es legt sich verdammt aufs Gemüt«, behauptete Gerrek. Und so unrecht hatte er damit nicht.
    »Irgendwann ist das alles vorbei«, sagte Scida. »Wir können nicht ewig durch dieses Ding laufen, was immer es sein mag.«
    »… weil wir vorher umkommen«, fügte der Mandaler aufgeregt hinzu.
    »Wenn die Tritonen uns töten wollten, hätten sie das schon mehrfach tun können«, meinte Mythor. Allerdings schien er selbst nicht ganz davon überzeugt.
    »Ein lebender Beuteldrache eignet sich noch weniger als Opfer für irgendwelche Gottheiten als ein toter«, krächzte Gerrek. »Mir ist beides zutiefst zuwider.«
    Das Wasser stieg weiter.
    Erneut kam man an mehreren Abzweigungen vorbei. Aber die Seitengänge waren verschlossen. Sinnlos, einer bloßen Hoffung wegen hier zu verweilen.
    »Es stinkt nach faulem Fisch«, stellte der Mandaler fest. Aber er mußte sich damit abfinden.
    Von irgendwoher erklangen schrille Pfiffe. Dann ein Rauschen wie von einer heftigen Flutwelle.
    Bevor jemand begreifen konnte, was geschah, schoß das Wasser mannshoch heran. Gerrek schrie auf, als er von der schäumenden Woge getroffen wurde. Sein Schrei erstickte unter der Flut, die ihn von den Beinen riß und mit sich nahm.
    Learges entglitt dem Griff des Mandalers. Aber dem Tritonen drohte keine Gefahr, war er doch für das Leben im Meer geboren.
    Krampfhaft versuchte Gerrek, sich abzufangen und in die Höhe zu kommen. Nur undeutlich sah er die Wände vorüberhuschen. Sein Magen rebellierte ob der schnellen Bewegung, die ihn erfaßt hatte.
    Endlich verlor die Strömung an Stärke.
    Der Drang nach Luft wurde schier unwiderstehlich. Gerrek biß die Zähne fester zusammen, um nicht die trübe Brühe zu schlucken, die ihn umgab. Die Natur hatte es eben nicht eingerichtet, daß er schwimmen konnte wie ein Fisch. Im fehlten nicht nur die Flügel, ihm gingen auch Schwimmhäute ab.
    Flüchtig geriet Gerrek ins Träumen. Mag sein, daß es die beginnende Atemnot war, die ihm die schönste Illusion seit langem vorgaukelte.
    Der Beuteldrache sah sich fliegen.

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