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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Narben glitt sie aus und schlug der Länge nach hin. Obwohl sie die Arme ausbreitete, um sich abzufangen, fand sie keinen Halt. Das heftiger werdende Zittern des Bodens machte es ihr schwer, wieder auf die Beine zu kommen. Gorma packte zu und zerrte die Gefährtin hoch.
    Die Muskelstränge des Ganges dehnten sich aus, verschlossen die Öffnung. Gleichzeitig schoß eine erste schäumende Flutwelle heran. Die Amazonen hatten Mühe, der stürmischen Gewalt des Wassers standzuhalten, das sich aufgischtend an den Wänden brach.
    »Es gibt nur einen Weg«, brüllte Gudun, um das plötzliche Tosen zu übertönen. Mit fliegenden Bewegungen riß sie ihre Klingen aus den Scheiden und stieß sie in die Wand, sich dermaßen Halt verschaffend. Ein Ächzen schien den Tunnel zu durcheilen, und weitaus heftigere Beben waren die Folge. Doch Gudun war nun auf der Hut. Gorma und Kalisse taten es ihr nach, bevor auch sie Gefahr liefen, zu stürzen.
    Tiefe Wunden hinterließen die Klingen. Eine dunkel gefärbte Flüssigkeit vermischte sich mit dem Meerwasser.
    Keine der Amazonen achtete darauf. Gudun erreichte als erste die sich schließende Öffnung, die gerade noch eine Elle durchmaß. Während sie sich mit der Linken festkrallte, ohne aber das kürzere Schwert auszulassen, das sie mit dieser Hand führte, stieß sie mit der anderen Klinge heftig zu. Für einen flüchtigen Augenblick wähnte die Kriegerin alles verloren, weil sie jäh auf Widerstand traf, doch dann drang Tosumi bis ans Heft ein. Schlagartig schien selbst das Rauschen des weiter ansteigenden Wassers zu verstummen.
    Der Tunnel lebt. Wie wir dem Wesen Schmerzen zufügen können, vermögen es auch die Tritonen, nur daß sie gezielt vorgehen. So ungefähr hätte Sosona es ausgedrückt. Das hieß, daß die Fischmenschen von außen her bestimmten, was geschah. Und zweifellos bedeutete der Tod ihrer Opfer ihnen nicht sehr viel.
    »Stoßt zu!« rief Gudun. »Nur laßt die Muskelstränge möglichst unverletzt.«
    Tatsächlich begann die Öffnung sich wieder auszuweiten. Das Wasser stand bereits hoch genug, daß es in dickem Schwall hindurchschoß.
    Heftig stieß Kalisse Gudun in die Seite.
    »Geh schon!«
    Aber Gudun schüttelte den Kopf. Starren Blickes suchte sie das herrschende Halbdunkel zu durchdringen.
    »Worauf wartest du?« Gorma traf Anstalten, sich an ihr vorbeizuzwängen. »Den anderen kann niemand mehr helfen. Im Namen Zaems, laß dich nicht von einem Mann zu Torheiten verleiten.«
    Stumm preßte Gudun die Lippen aufeinander. Ihr Gesicht wirkte jetzt kantig, während das Blut aus den wenigen Narben wich, die ihre Wangen zeichneten. Deutlich stachen die Verletzungen von der sonnengebräunten Haut ab.
    Langsam streckte Gudun ihren rechten Arm aus. Die Spitze des Seelenschwerts deutete auf einen dunklen Schatten, der im Wasser herantrieb.

5.
    Die Verfolger sind hartnäckiger, als ich dachte. Sie scheinen niemals müde zu werden, während ich allmählich am Ende meiner Kräfte angelangt bin. Zeitweise trennen uns nur noch fünfzig Körperlängen voneinander. Wenn ich mich flüchtig umwende, sehe ich ihre verzerrten Gesichter, sehe die Waffen in ihren Händen im Schein der hochstehenden Sonne funkeln.
    Ich schwimme dicht unter der Oberfläche, weil hier eine stete Strömung herrscht, die mich gen Osten treibt. Mit der Zeit wird die See flacher. Erste Klippen ragen auf. Ich sehe das Wrack eines kleineren Schiffes. Es hängt bedrohlich schräg auf den Felsen und wird spätestens bei der nächsten Sturmflut abrutschen. Ein wenig bedauere ich die Umstände, die mich dazu zwingen, den Segler unbeachtet zu lassen. Wie gerne würde ich mich in seinem Innern umsehen, um mehr über die Menschen zu erfahren, die ihn bauten.
    Das Riff bietet mir eine günstige Gelegenheit, die Verfolger abzuschütteln. Im Schutz einer steil abfallenden Flanke tauche ich. Vor mir erstreckt sich weithin Seegras, das sanft in der auflaufenden Dünung wogt. Niemand wird mich hier so schnell finden, während ich einigermaßen gut beobachten kann, was geschieht.
    Die fünf Okeazar, die mir nun schon seit mehr als einem halben Tag folgen, verharren unschlüssig. Ich sehe sie miteinander reden, dann schwärmen sie aus. Zweifellos ahnen sie, daß ich mich zwischen den hohen Pflanzen verberge.
    Vorsichtig teile ich die Halme mit den Händen. Jede hastige Bewegung würde mein Versteck sofort verraten. Einige kleine Fische beäugen mich respektvoll. Sie scheinen nicht zu wissen, was sie von dem Eindringling

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