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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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alle paar Tage die verbrauchten Luftvorräte entweichen zu lassen und frische Atemluft für unsere Gefangenen herbeizuschaffen. Ein manchmal recht mühsames Unterfangen, bei dem es durchaus vorkommen kann, daß das dichte Geflecht aus Pflanzenfasern zerreißt.
    Vorsichtig dringe ich in die Blase ein. Für einen flüchtigen Moment ist es mir jedesmal, als würde ich eine der Inseln betreten. Aber dann sehe ich die angstverzerrten Gesichter, rieche die Ausdünstungen schwitzender Körper und werde hart an die Wirklichkeit erinnert.
    Zehn Gefangene leben hier. Sie machen einen gleichgültigen Eindruck, als hätten sie sich mit ihrem Schicksal bereits abgefunden. Vor wenigen Tagen, als sie hierher kamen, war das noch anders.
    Heute bin ich allein und fest entschlossen, Kontakt aufzunehmen. Meinen Dreizack befestige ich wieder am Gürtel, kaum daß ich einige Schritte weit gegangen bin. Die Menschen sollen nicht glauben, daß ich sie töten will.
    Aber sie beachten mich auch dann noch nicht, als ich mit der Arbeit beginne und ihnen den Rücken zuwende. Eine bessere Gelegenheit, mich zu überwältigen, kann es kaum geben. Ich weiß, welcher Gefahr ich mich damit aussetze, nehme dies jedoch bewußt auf mich.
    Sie enttäuschen mich. Eigentlich habe ich mehr von den Bewohnern der Oberwelt erwartet.
    »Bei allen Geistern der Meere«, platze ich heraus, »ist es euch egal, ob ihr sterben müßt?«
    Ich habe mich ihrer Sprache bedient. Die Überraschung, die sich auf einigen Gesichtern abzeichnet, ist mir Genugtuung.
    Zwei Männer richten sich auf und starren mich ungläubig an. Ihre Körper sind hellhäutig und beinahe widerwärtig glatt. Nur das, was sie Haare nennen, wuchert an verschiedenen Stellen.
    »Was willst du?« faucht der eine mich an. Seine fünffingerigen Hände scheinen sich zu verkrampfen.
    »Ich bin ein Freund.«
    »Pah.« Der andere spuckt aus.
    »Was habt ihr mit uns vor?« jammert eine der Frauen. Sie ist bereits zu schwach, um sich zu erheben.
    »Du weißt es genau.« Der erste kommt schwankend auf mich zu. »Es sind Bestien.«
    »Ich will euch nicht töten«, sage ich schnell. Aber ich fühle den Haß, der sich gegen mich richtet, und greife zum Dreizack.
    »Mir ist egal, wann ich sterbe.« Mit bloßen Händen stürzt der Mann sich auf mich. Es bereitet mir kaum Mühe, ihm auszuweichen. Allerdings habe ich nun den anderen im Rücken. Fast zu spät besinne ich mich, als ich hastige Atemzüge unmittelbar hinter mir vernehme. Im Herumwirbeln zerre ich die Waffe vom Gürtel und halte sie gleich einer Keule mit beiden Händen von mir. Der eigene Schwung läßt mich taumeln, doch habe ich sehr schnell meine Überraschung überwunden.
    Einer der Angreifer will mir den Dreizack entreißen, schreiend umklammert er den Schaft dicht unterhalb der Spitzen. Er entwickelt ungeahnte Kräfte, wie ich sie in seinem ausgemergelten Körper nicht mehr erwartet hätte. Ich kann nicht anders, als mich fallen zu lassen. Der Ruck wirft den Menschen von den Beinen, während ich den Dreizack hochwirble und ihn an seine Schläfe schmettere. Ächzend sackt er zusammen.
    Der andere zögert, denn im Nu habe ich die Waffe gegen ihn gerichtet.
    »Zwinge mich nicht dazu, dich zu verletzen«, rufe ich.
    »Stoß zu!« Er faßt sich mit beiden Händen an den Brustkorb und blickte mich herausfordernd an.
    »Nein!«
    Wenn ich seine Züge richtig zu deuten vermag, zeichnet sich Erstaunen in ihnen ab. Er läßt die Arme sinken, steht nur da, regungslos.
    »Dann meinst du es ehrlich?« kommt es nach einer Weile tonlos über seine Lippen.
    Ich nickte.
    »Endlich begreifst du.«
    »Aber… dann begibst du dich selbst in Gefahr. Wir sind zum Opfer auserwählt, und…«
    »Niemand wird etwas erfahren«, unterbreche ich ihn. »In meinen Adern fließt zur Hälfte Menschenblut, deshalb will ich euch helfen. Aber ihr müßt mir vertrauen. Woher kommt ihr?«
    »Du wirst das Land nicht kennen, Freund. Es liegt weit im Osten dieser unwirtlichen Gegend, zwanzig Tagesreisen mit dem Schiff. Wir strandeten auf einem Riff und wurden von diesen Kreaturen… Wie nennt ihr euch überhaupt? Und bist du der einzige, der unsere Sprache versteht?«
    »Es gibt viele, die mit den Bewohnern der Oberwelt reden«, sage ich. »Sie gehören fast alle der höchsten, der 3. Klasse an und sind ergebene Diener der Meermutter. Die Menschen bezeichnen uns als Tritonen, doch unser Volk ist das der Okeazar.«
    »Ich bin Cormin.« In einer durchaus ehrlichen Geste streckt er mir die

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