Götterbund (German Edition)
kannst?“
„Soweit würde ich nicht gehen. Gestern war das erste und bisher einzige Mal, dass so etwas passiert ist.“
„Hast du Thoran oder Malyn davon erzählt?“
„Nein. Was sollen sie schon dagegen tun?“
„Auch wahr.“ Ehliyan schob seinen Frühstücksteller endgültig von sich und stand auf. „Falls du wirklich dafür verantwortlich sein solltest, dass Rajatshas sich momentan so verhält… “ Mit einem unlesbaren Ausdruck in den Augen starrte er auf sie herab. „Ich vergebe dir.“ Dann wandte er sich um.
Und die junge Frau meinte, ein winziges Grinsen auf seinen Lippen gesehen zu haben.
„Irgendetwas stimmt nicht.“
„Wieso?“ Fragend sah Yanna Ehliyan an, der unruhig mit den Fingern auf die Tischplatte trommelte.
„Sieh nur.“
Yanna folgte dem Fingerzeig des jungen Mannes und wandte sich um. Malyn kam die Treppe hinunter.
„Was ist los?“, fragte Yanna. „Ich dachte, ihr haltet gerade eine Ratssitzung ab.“
„Das wollten wir“, antwortete Malyn und kam mit grimmigem Gesichtausdruck auf sie zu. „Aber Lahlia ist bis jetzt noch nicht aufgetaucht. Ich gehe zu ihrem Haus um nachzusehen, ob etwas passiert ist.“
„Gestern haben wir Xano und Emyla bei der Ankündigung getroffen“, sagte Ehliyan nachdenklich. „Da war noch alles in Ordnung. Sie haben nicht erwähnt, dass mit Lahlia etwas nicht stimmt.“
Yanna verschränkte ihre zitternden Hände miteinander. Warum überfiel sie plötzlich so ein beklemendes Gefühl?
„Wir können jedenfalls nicht ohne sie anfangen. Vielleicht ist sie auf dem Weg hierher auch nur gestürzt und hat sich verletzt. Sie ist auch nicht mehr die Jüngste.“
Yanna beobachtete, wie sich Malyn abwandte und zu Haustür ging. Dann verschwamm sein Bild plötzlich vor ihren Augen. Statt den Wänden des Hauses sah sie Bäume um sich herum. Sie befand sich im Wald. Es war genau wie in dem Traum, den sie letzte Nacht gehabt hatte. Nur, dass sie diesmal alleine war und kein Sonnenstrahl durch die dichten Bäume fiel. Es war dunkel.
Yanna schüttelte den Kopf und fand sich in der Realität wieder.
Ehliyan starrte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Was war das ?“, fragte er.
Auch Malyn war zurückgekommen und musterte Yanna eindringlich. „Deine Augen haben sich verdreht und ins Leere gestarrt.“.
„Ich weiß nicht, was passiert“, keuchte Yanna. Und dann geschah es wieder.
Sie lief durch den Wald, atmete seinen Geruch ein, hörte die Blätter im Wind rascheln. Alles war viel realer, als in dem Traum, den sie gehabt hatte. Yanna blieb stehen und kniff die Augen zusammen. Was immer das hier war: Sie wollte, dass es aufhörte! Ihr Flehen wurde erhört.
Als sie die Augen öffnete, starrte sie in Malyns Gesicht.
„ Wehr dich nicht dagegen. Möchtest du nicht wissen, was mit deinen Freunden geschehen ist?“
Yannas Finger krallten sich in die Tischplatte.
„Was ist los?“ Malyn hatte sie an den Schultern gepackt.
„Ich kann seine Stimme hören. Aber diesmal ist es anders. Ich glaube, er macht es absichtlich.“
„Rajatshas?“
Yanna nickte. „Er will mir etwas zeigen. Gestern Nacht, das war kein Traum! Wir haben uns wirklich aus Versehen gegenseitig in unseren Träumen besucht. Und jetzt… ich weiß nicht, wie er es macht, aber es ist wie in meinem Traum, den er gesehen hat. Nur realer. Und ich glaube, es hat etwas mit Lahlia zu tun.“ Yanna schlug die Hände vors Gesicht. Sie hatte Angst, schreckliche Angst.
„Sieh mich an.“ Sanft löste Malyn Yannas verkrampfte Finger und zwang sie, ihm ins Gesicht zu sehen. „Wenn du auf diese Weise herausfinden kannst, was mit Lahlia geschehen ist, dann musst du dich darauf einlassen. Du bist hier und wir sind bei dir. Er kann dir nichts tun.“
Yanna starrte in die ernsten braunen Augen. Sie wollte wegrennen, sich verstecken. Rajatshas und alles, was mit ihm zusammenhing, hinter sich lassen. Doch Malyn hatte Recht: Es ging um Lahlia, vielleicht auch um Emyla und Xano.
Malyn ließ ihre Hände los.
Yanna schlucke und nickte. Dann sandte sie ihren Geist aus, schickte der Präsenz, von der sie wusste, dass sie Rajatshas war, einen Gedanken: Zeige es mir.
Sie hörte Rajatshas lachen.
Dann war sie wieder im Wald. Äste knackten unter ihren Füßen und der kühle Wind zerzauste ihr Haar. Dies war kein Traum. Yanna kam es eher vor wie eine Erinnerung. Etwas, das Rajatshas selbst erlebt hatte und nun mit ihr teilte.
Je weiter sie ging, desto bekannter kam Yanna der Weg vor. Es war
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