Götterbund (German Edition)
der, der zu Lahlias, Xanos und Emylas Haus führte.
Doch Rajatshas konnte diesen Weg unmöglich schon einmal gegangen sein. Er kannte ihn nur aus Yannas Traum. Ihr Herzschlag setzte aus, als sie plötzlich begriff, was das bedeutete. Sie blieb stehen, unfähig, noch einen weiteren Schritt zu gehen. Nein. Das konnte nicht sein. Das würde er nicht tun.
„ Ich würde es tun. Und ich habe es getan. Du wirst ebenso leiden wie ich, Dashamien.“
Kapitel 9
Yanna zitterte am ganzen Körper. Ihre Beine gaben unter ihr nach und sie sank ins Gras.
„ Geh weiter. Sieh nach. Bestätige deine Vermutung.“
Sie konnte nicht. Doch sie konnte sich auch nicht dazu überwinden, in die Realität zurückzukehren.
„ Willst du nicht wissen, ob ich die Wahrheit spreche, Dashamien? Willst du dich nicht selbst überzeugen?“ , fragte Rajatshas. Er genoss dieses Spiel. Er weidete sich an ihrer Angst, ihrer Verzweiflung, ihrem Schmerz.
Du hasst mich , stellte sie fest.
„ Ja.“
Yanna spürte, wie etwas in ihr zerriss. Zurück blieb ein tiefes Loch, ein Krater, von dem sie wusste, dass er nie wieder gefüllt werden konnte. Und plötzlich war ihr alles egal. Mechanisch stand sie auf und folgte weiter dem Waldweg.
Rajatshas’ leises Lachen hallte in ihrem Kopf wider.
Schon bald kam das Anwesen in Sicht. Mit jedem Schritt, den sie sich dem Haus näherte, bröckelte ihre Gleichgültigkeit mehr von ihr ab. Die Angst, dass sie ihre Vermutung bestätigt finden würde, drängte sich zurück in den Vordergrund.
Yanna war dem Anwesen jetzt so nah, dass sie Einzelheiten erkennen konnte. Die blaue Tür stand offen. Yanna wollte stehen bleiben, doch ihre Beine trugen sie weiter. Je näher sie der Tür kam, desto mehr konnte sie im Hausesinneren erkennen. Da war ein Tisch, der auf der Seite lag und dem ein Bein fehlte. Daneben drei kaputte Stühle.
Im Haus war es nicht ganz so dunkel wie draußen. Zwei entzündete Kerzen, die auf dem Schrank standen, spendeten ein wenig Licht. Hoffnung keimte in Yanna auf. Sie horchte, doch kein Laut drang aus dem oberen Stockwerk.
Da erregte ein Fleck auf den hellen Holzdielen Yannas Aufmerksamkeit. Sie ließ sich auf die Knie fallen und besah sich die dunkle Stelle. Den Kloß in ihrem Hals ignorierend streckte sie eine Hand aus. Als sie die kühle Feuchtigkeit an ihren Fingern spürte, musste sie beinahe würgen. Blut.
„ Geh nach oben. Sieh dir auch die anderen Zimmer an.“
Yanna schüttelte den Kopf. Was hast du getan?
„ Frag dich lieber, was ich noch tun werde.“
Und in diesem Moment hörte Yanna etwas. Einen schweren, dumpfen Glockenschlag. Aber das konnte nicht sein. Lahlias Anwesen lag zu weit abseits der Stadt, als dass man hier die Glocke des Palastes hätte vernehmen können.
Ein zweiter Schlag ertönte.
Yanna begriff. Sie hörte die Glocke tatsächlich. Dies war nicht Teil dessen, was Rajatshas ihr zeigen wollte. Die Glockenschläge waren real.
Sie hörte, wie der dritte Schlag verklang und fand sich plötzlich in ihrem eigenen Haus wieder. Ehliyan und Malyn schauten besorgt auf sie herab.
„Was hast du gesehen?“, fragte der Ratsvorsitzende eindringlich.
Yanna wollte gerade antworten, als ein vierter Glockenschlag ertönte.
„ Hiermit bist du herzlich eingeladen, dir die Hinrichtung deiner Freunde anzusehen.“
„Ich habe Lahlias Anwesen genau so vorgefunden, wie du es beschrieben hast“, waren Malyns erste Worte, als er zur Tür hereinkam.
Yanna sackte auf ihrem Stuhl zusammen. Er hatte es tatsächlich getan. Rajatshas hatte ihr nicht nur einen Schreck einjagen wollen. Er hatte Lahlia, Xano und Emyla festnehmen lassen.
Bitte tu das nicht , flehte sie in Gedanken.
Ehliyan, der schrecklich bleich im Gesicht war und während Malyns Abwesenheit kein Wort gesprochen hatte, flüsterte: „Er wird sie morgen öffentlich hinrichten lassen.“ Dann, als verstünde er selbst erst jetzt die Bedeutung seiner Worte, sprang er vom Stuhl auf und ließ seine Hände auf den Tisch niederkrachen. „Das werden wir nicht zulassen! Wir müssen sie befreien!“
Thoran, der die ganze Zeit über schweigend neben dem jungen Mann gesessen hatte, stand ebenfalls auf und legte Ehliyan die Hände auf die Schultern. „Du weißt, dass wir das nicht können.“
Wutentbrannt starrte Ehliyan den Älteren an. Dann richtete er seinen Blick auf Yanna. „Nur durch deinen Traum wusste Rajatshas, wo das Anwesen liegt! Und nur wegen dir macht er all das überhaupt! Unternimm
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