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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Niemand hatte es bisher getan.
    »Erinnere mich daran, dass ich ein neues Tau besorge, wenn ich das nächste Mal hier bin«, sagte Neil, und Deirdre, die wegen seiner Geheimnistuerei gereizt war, fragte scharf, ob er sie deswegen habe sprechen wollen.
    »Nein, natürlich nicht. Ich muss dich leider darum bitten, Polizeischutz für die Kinder zu beantragen. Der steht dir doch zu, als Stabschefin eines Senators, wenn du entsprechende Drohungen erhalten hast, oder?«
    »Was?«, stieß Deirdre ungläubig hervor, und Neil legte einen Finger über ihre Lippen.
    »Deswegen wollte ich hier draußen mit dir sprechen. Heute war jemand in der Schule. Jemand, der mir eindeutig zu verstehen gegeben hat, man würde meinen Kindern Schaden zufügen, wenn ich meine Recherchen nicht einstelle.«
    Im Mondlicht wirkte Deirdres blondes Haar wie eine helle Wolke, die sie umgab, als sie heftig den Kopf schüttelte.
    »Ich fasse es einfach nicht. Neil, und das sagst du mir jetzt erst?«
    »Nun, es war nicht zu erwarten, dass sie in den nächsten Stunden etwas unternehmen werden. Schließlich wollen sie ja wissen, ob ich mich einschüchtern lasse.«
    »Von wem sprichst du?«, fragte Deirdre gefährlich ruhig. »Wen meinst du mit ›sie‹?«
    »Livion«, erwiderte Neil. Seine Exfrau rang sichtlich nach Atem.
    »Jemand hat sich eindeutig als Beauftragter von Livion ausgegeben und unsere Kinder bedroht? Wer war das? Wie sah er aus?«
    »Ich habe nur die Stimme gehört, und nein, natürlich hat der Mistkerl sich nicht vorgestellt. Ich wollte mich umdrehen, sah den Armeesprengsatz und dachte zuerst, er sei echt. Danach war der Kerl weg. Aber die Drohung war eindeutig. Die Hände weg von Livion und Victor Sanchez.«
    Deirdre begann auf und ab zu gehen, was durch die Pumps, die sie für das Schulkonzert angezogen hatte, im Rasen nicht einfach war. Sie blieb kurz stehen, zog ihre Schuhe aus und schleuderte sie in Richtung Haus: »Irgendwann musste so etwas passieren! Du mit deinem Talent, dir Feinde zu machen. Beim letzten Mal hast wenigstens nur du die Drohbriefe bekommen.«
    »Danke. Deine Besorgnis rührt mich zutiefst.«
    »Komm mir jetzt nicht damit«, sagte sie heftig. »Das ist nicht witzig, Neil. Und du bist sicher, dass Livion genannt wurde?«
    »Ja.« Unwillkürlich, mit der Gewohnheit vieler Jahre, legte er beruhigend die Arme um sie, und sie lehnte sich eine Sekunde lang in seine Umarmung hinein, ehe sie sich ärgerlich losmachte und wieder in die Dunkelheit des Gartens zurückwich.
    »Mir ist schon klar, dass eine anonyme Drohung nicht für eine Anzeige reicht und dass es dem Herrn Senator nicht genehm wäre, wenn du Livion anzeigst. Sag einfach, ein Irrer hätte dich per Telefon bedroht. Mir kommt es nur auf den Schutz für die Kinder an. Übrigens, vielleicht ist das eine Spur: Mich hat heute ein Wagen aus der Stadt heraus verfolgt. Ein Ford Mustang mit der Nummer MP 909, fast wie Matts; es wäre gut, wenn du das bei der Gelegenheit auch gleich überprüfen lässt.«
    »Ich habe eine permanente Fangschaltung«, entgegnete sie abwesend. »Aber wenn du mir das genaue Wie schilderst, kann ich behaupten, ich sei bedroht worden, und das mit dem Wagen lässt sich machen. Was sagen wir Julie und Ben? Du weißt ja, wie schlimm die Sache mit den Anthrax-Briefen damals für sie war. Dann kam der Albtraum mit den Heckenschützen, wo sie keinen Tag ohne Polizeischutz in die Schule konnten. Wenn sie jetzt wieder überwacht werden…«
    »Kann man es ihnen nicht als ein Räuber-und-Gendarm-Spiel verkaufen?«, fragte Neil. »Ich hätte als Junge so etwas aufregend gefunden.«
    »Du hast als Junge nicht erlebt, wie nur ein paar Meilen von dir entfernt ein Flugzeug in das Pentagon stürzt«, sagte Deirdre eisig. »Du hast keine Angst haben müssen, dass deine Mutter genauso von Terroristen umgebracht wird wie die armen Leute an jenem Tag, während dein Vater damit beschäftigt ist, über Sicherheitsmaßnahmen und die Verfassung zu jammern.«
    Es kostete ihn einiges, aber er rang die Versuchung zu einem Streit in sich nieder.
    »Die Kinder, Deirdre«, wiederholte Neil ruhig. »Um die sollte es uns jetzt gehen.«
    Sie seufzte. »Ja«, entgegnete sie resignierend. »Ich werde alles Notwendige regeln. Wie lange wird es dauern? Ich meine, wann werden die Leute begreifen, dass du deine Nachforschungen abgebrochen hast?«
    Als er nichts erwiderte, unterbrach sie ihr Auf- und Abschreiten und wandte sich ihm zu. Sie kam näher, so nahe, dass er ihr vertrautes

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