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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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tatsächlich in ernste Schwierigkeiten bringen. Nach dem US Patriot Act und seinen diversen Zusätzen war es ohne weiteres möglich, aus Neils Verhalten ausreichende Indizien für einen Verstoß gegen die nationale Sicherheit zu konstruieren. Er hielt sich unautorisiert in der unmittelbaren Umgebung eines Labors auf, in dem an Projekten mit höchster Geheimhaltungsstufe gearbeitet wurde; er hatte Kontakt zu Mitarbeitern aufgenommen; und durch sein Buch über die Guatánamo-Gefangenen und die von ihm geführten Interviews lag es auf der Hand, dass er in der Vergangenheit Kontakt mit Mitgliedern terroristischer Vereinigungen gehabt hatte.
    »Mears«, sagte er, »Sie wissen genauso gut wie ich, wie lächerlich so ein Vorwurf ist. Wenn ich Sie wäre, dann würde ich mir langsam wirklich Sorgen um das Image Ihres Konzerns machen. Bin ich hier vielleicht eingebrochen? Nein, ich bin höchst zivilisiert zum Tor gekommen. Lassen Sie für gewöhnlich Journalisten aus dem Weg räumen, nur weil sie freundlich an Ihrer Haustür klingeln?«
    Warren Mears warf ihm nur einen kurzen Blick zu. Die Bitterkeit und Feindseligkeit, die er ausstrahlte, klirrten wie das Eis, das Neil noch vor kurzem in das kalte Meer hatte stürzen sehen. »Niemand räumt Sie aus dem Weg. Sie werden nur nicht in der Lage sein, mehr Schaden anzurichten, als Sie es bereits getan haben.«
    Neil zuckte die Achseln. »Okay. Kühlen Sie Ihr Mütchen an mir, wenn Sie es nicht lassen können. Aber Beatrice ist besser gesund und munter, wenn Sie mit Ihrem persönlichen Racheakt hier fertig sind, sonst werden Sie sich noch wünschen, bei der letzten Segeltour mit Mr. President gekentert zu sein.«
    Mears ignorierte ihn. An die Bundespolizisten gerichtet, erklärte der Wissenschaftler: »Die Protokolle der diversen Kontaktversuche dieses Mannes zur Entwendung von Geheimnissen, die unsere nationale Sicherheit gefährden, habe ich Ihnen ja schon gegeben.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Sir«, sagte der Trooper respektvoll. »Der Kerl wird niemanden von Ihnen mehr belästigen, da können Sie sicher sein.« Er tippte sich an die Stirn. »Gott segne Amerika.«
    »Gott segne Amerika«, wiederholte Mears ausdruckslos.
     
    * * *
     
    Sie schwamm aus der Bewusstlosigkeit heraus wie aus einem dunklen Morast, und etwas versuchte ständig sie wieder herunterzuziehen. Ihre Zunge war taub, und sie konnte nichts schmecken, obwohl sie spürte, dass sie durstig war. Ihre Glieder schmerzten, als sei sie den ganzen Tag gerannt.
    Beatrice öffnete die Augen. Sie lag in ihrem alten Bett, in dem Zimmer, das sie als Teenager bewohnt hatte. Die Läden des kleinen Fensters in der Wand am anderen Ende des Zimmers waren geschlossen, und ihr fiel undeutlich ein, dass es nicht mehr nötig war, sich vor dem Licht zu schützen. Jemand hielt ihre Hand. Sie drehte den Kopf zur Seite und erkannte ihren Vater, der auf einem Stuhl neben ihrem Bett saß.
    »Wie geht es dir?«, fragte er leise.
    Sie wusste, dass sie erleichtert war, ihn wiederzusehen, und gleichzeitig einen Grund hatte, zornig auf ihn zu sein, doch die Erinnerung tanzte außerhalb ihrer Reichweite wie ein Mückenschwarm über den Flüssen, und Beatrice versuchte vergeblich, sie einzufangen.
    »Müde«, brachte sie mühsam hervor.
    »Schlaf weiter«, sagte ihr Vater. »Ich bleibe hier.«
    Irgendetwas Wichtiges sollte sie wach halten. Ihr Kopf schmerzte, und die Benommenheit, die sich über sie senkte, war zu groß. Wieder fiel sie in das Nichts zurück.
    Als sie zum zweiten Mal aufwachte, standen die Läden des Fensters offen. Sonnenflecken lagen auf ihrem Bett, und ihr Vater blätterte ein paar Papiere durch. Diesmal konnte sie das Gefühl in ihrem Mund identifizieren. Neben ihr stand ein Glas Wasser, das sie dankbar ergriff und leerte.
    »Er hat mir eine komplette Anästhesie verpasst«, sagte sie ungläubig, als sie wieder sprechen konnte. Ihr Vater schaute auf.
    »Wer?«
    Beatrice stützte sich auf beide Ellenbogen, um ihn besser sehen zu können. Tiefe Falten durchzogen sein Gesicht, und seine Augen waren rot unterlaufen, als hätte er lange nicht geschlafen.
    »Ist das eine ernst gemeinte Frage?«, gab sie langsam zurück.
    »Ich habe dich hier so vorgefunden«, entgegnete er fest. »Warren sagte mir nur, dass man dir den Magen auspumpen musste, weil LaHaye dir irgendwelche Pillen gegeben hat, um dich gefügig zu machen und dich dazu zu bringen, ihn in das Labor einzuschleusen.«
    »Und das glaubst du?«, fragte sie

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