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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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mich nicht alles täuscht, hast du der Wahrheit bei Sheldon & St. Pierre nicht gerade die Ehre gegeben«, sagte Matt.
    »Das ist das amerikanische Grundprinzip, Matt. Was meinst du, warum Der Clou einer der beliebtesten Filmklassiker aller Zeiten wurde? Wer sich linken lässt, hat es verdient. Der Bluff ist ein erhabenes amerikanisches Ritual.«
    »Und du bist eine wandelnde Geduldsprüfung für deine Freunde. Okay, du kriegst dein Material, und ich lasse dich nicht auffliegen. Aber überleg dir jetzt schon, wie du das wettmachen kannst, wenn mich Bernie vor den Presserat zitiert.«
     
    * * *
     
    Für Beatrice war es nicht weiter überraschend, ihren Vater am Freitagabend in der Küche seiner Wohnung zu finden. Sie war ohnehin sein liebster Raum außerhalb des Labors; er hatte sie mit bunten Fliesen auslegen lassen und, was die wenigen neuen Labormitarbeiter, die im letzten Jahrzehnt dazugekommen waren, bei ihrem ersten Essen mit Dr. Sanchez etwas konsternierte, Glasperlen in die Tür gehängt, den einzigen sichtbaren Protest gegen die angelsächsische Sachlichkeit, der er sich sonst angepasst hatte. Ob Sommer oder Winter, die Küche mit dem Tisch aus Buchenholz, den ihm die Wachmannschaft vor ein paar Jahren geschenkt hatte, strahlte stets Wärme aus.
    Um dem immer größeren Druck von Warren Mears zu begegnen und zu beweisen, dass die nicht-militärischen Projekte des Labors es genauso verdienten, von Livion gefördert zu werden, hatte Beatrices Vater in der letzten Zeit besonders hart gearbeitet, kaum noch geschlafen, und kochen war eine seiner liebsten Methoden, um auf andere Gedanken zu kommen. Es war ein roter Faden, der sich durch ihre Kindheit und Jugend zog; der allgegenwärtige Geruch nach Desinfektionsmitteln aus den Labors ersetzt durch den Duft von gegrilltem Fisch, gebratenem Fleisch, nach Gewürzen und frittiertem Gemüse, der für ihren Vater Feierabend bedeutete.
    Sie wohnte längst nicht mehr bei ihrem Vater, sondern hatte ihr eigenes kleines Apartment erhalten, aber sie assoziierte das Zischen von Öl in der Pfanne und die Stimme ihres Vaters, der einen der Schlager aus seiner Jugend summte, immer noch mit dem Begriff »Zuhause«.
    »Das Leben meint es gut mit uns«, sagte er, nachdem sie ihn auf die Wange geküsst hatte, und wies mit dem länglichen Messer, das er in der Hand hielt, auf die ovale, fußballgroße Frucht, die vor ihm lag. »Nicht mehr die jüngste, da aus Miami geschickt, aber hier ist sie - meine Mamey!«
    Es war seine Lieblingsfrucht, aber da selbst gewöhnliches Obst wie Orangen oder Bananen nach Alaska importiert werden musste und außer Victor Sanchez wohl niemand Interesse an einer obskuren kubanischen Graufrucht-Variante hatte, kam er äußerst selten in ihren Genuss. Natürlich war das Labor wegen der unsicheren Wetterverhältnisse im Winter bestens ausgestattet. Es verfügte über eine eigene Stromversorgung und ausreichend Notvorräte, um die gesamte Belegschaft über Wochen zu versorgen, aber solche Delikatessen standen nicht auf dem Speiseplan. Beatrice lächelte unwillkürlich, während ihr Vater das rote Innere der Frucht freilegte und wieder anfing zu summen. Er war sehr ansteckend in dieser Laune.
    »Hab ein Auge auf die Moros in der Pfanne, Schatz«, sagte er und deutete auf das braunweiße Reisgemisch, das, wie er ihr einmal erzählt hatte, von den Kubanern »Mauren und Christen« genannt worden war. »Sie dürfen nicht zu lange anbraten.«
    Sie nahm den Pfannenwender. Eigentlich hatte sie mit ihm über Warren Mears sprechen wollen, doch angesichts seiner guten Laune beschloss sie, das noch etwas hinauszuschieben.
    Der Bariton ihres Vaters mischte sich mit dem leichten Schaben des Wenders, als sie den Reis umrührte.
    »Na má que me gusta la coniia que me cocina«, sang er, »na má que me gusta la cafe que eile me cuela, na má que me gusta la comia que me cocina…«
    Er hatte in ihrer frühen Kindheit nur Englisch mit ihr gesprochen; später hatte er ihr erklärt, sie sei durch seine isolierte Tätigkeit ohnehin eine Ausnahme in ihrer Umgebung gewesen; ein Einwandererkind zu sein, das in eine andere Sprache ausrutschen konnte, wäre am Ende auf eine weitere Isolation hinausgelaufen. Als Jugendliche nahm sie Fernkurse in Spanisch, und immer noch ließ er sich auf keine Konversation in Spanisch mit ihr ein, nicht einmal, um ihr beim Üben zu helfen. Lieder bildeten die Ausnahme und hatten es immer getan; Lieder sang er, wann immer ihm danach war, und

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