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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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schweigen. Dinge, von denen wir immer noch nichts wüssten, wenn unter Carter und Clinton nicht endlich ein paar Dokumente freigegeben worden wären, und ich wette, die sind nur die Spitze des Eisbergs. Wenn ich mir vorstelle, was unter Garantie jetzt gerade läuft und was erst unsere Kinder erfahren werden, dann wird mir schlecht.«
    »Wenn man ein Schiff durch den Sturm führt, kann man es sich nicht immer leisten, ständig vor allen Mannschaftsmitgliedern Rechenschaft abzulegen.«
    »Entschuldigung, Senator, aber das ist doch die Rechtfertigung eines Diktators. Ich dachte, wir leben hier in einer Demokratie.«
    Das war das Ende von Cunninghams Versuch, den Gatten seines Stabsmitglieds für sich einzunehmen. Deirdre hatte das Ihre getan, konziliant in das Gespräch eingegriffen, um die Wogen zu glätten; sie hatte Neil unter dem Tisch energische Tritte versetzt und später darauf geachtet, ihren Mann selbst auf Galas immer von ihrem Chef fernzuhalten. Neil seinerseits hatte es seit Beginn ihrer Streitereien nicht mehr fertig gebracht, den Senator ohne Sticheleien zu erwähnen, und nahm den Umstand, dass ihm eben dies während des Gespräches über den nächsten Besuch der Kinder gelungen war, als ermutigendes Zeichen.
     
    Er saß gerade in bester Laune an seinem Schreibtisch und schrieb sich die Uhrzeit in den Kalender, zu der die Kinder in Boston ankommen würden, als erneut das Telefon läutete. Das Display zeigte keine der eingespeicherten Nummern; es zeigte nur an, dass der Anrufer unbekannt war, was bedeutete, dass er wie Neil selbst seine Rufnummeridentifizierung auf Unterdrückung geschaltet hatte. Wahrscheinlich handelte es sich um einen seiner Studenten; der Anruf ging an den Anschluss, der im Vorlesungsverzeichnis stand. Er erwog, den Anrufbeantworter sein Werk tun zu lassen, dann beschloss er, sein Gehalt zu verdienen, und nahm ab.
    »LaHaye«, sagte er, »immer auf der Suche nach Studenten, die er zum Frühstück fressen kann.«
    Am anderen Ende herrschte Schweigen. Wenn es der Dekan war, hatte er Pech gehabt. Ihm lag bereits eine Entschuldigung auf der Zunge, da sagte jemand zögernd: »Neil? Hier ist Beatrice.«
    Eine weibliche Stimme; er wusste, dass er sie noch nie gehört hatte. Kein Sopran, kein Alt, irgendetwas dazwischen, eine Stimme, die ihn an das Glasperlenspiel erinnerte, das bei seinen Großeltern auf der Veranda hing, klingend, ohne je laut zu werden, und doch unüberhörbar. Er ertappte sich dabei, sie nochmals hören zu wollen, und brauchte daher etwas länger, bis sich bei ihm der Name Beatrice mit einer Identität verband.
    »Morgan«, sagte sie, etwas enttäuscht.
    »Beatrice«, erwiderte er. »Natürlich. Tut mir Leid. Ich bin nur so überrascht, deine Stimme zu hören. Das kommt davon, wenn man sich daran gewöhnt, sich in Courier-Schrift auszudrücken.«
    »Ich kann nicht lange sprechen«, sagte sie hastig und sehr leise, »du bekommst noch eine Mail von mir. Aber es eilt, und ich musste es dir persönlich sagen. Der Mann, auf den du so neugierig bist, ist einverstanden, dich zu treffen.«
    »Halleluja«, sagte er unwillkürlich. Er hatte bereits den mutmaßlichen Aufenthaltsort von Sanchez und Mears auf drei überschaubare Gebiete in Alaska eingegrenzt, aber das brauchte er ihr nicht zu erzählen, jetzt, wo sie ihm dieses Geschenk machte.
    »Beatrice, du bist eindeutig eine gute Fee. Wie hast du ihn dazu bekommen, mit dem Versprechen, ihn zu heiraten?«
    »Das ist unmöglich«, entgegnete sie und lachte. »Ich bin seine Tochter.«
    Der Journalist in Neil erinnerte sich sofort daran, dass eine Tochter in keinem einzigen der Berichte über Sanchez erwähnt war und auch nicht in dem von Livion bereitgestellten Lebenslauf. Zweifel anzumelden, würde ihn mit Sicherheit den Kontakt kosten. Im Übrigen fiel ihm kein Grund ein, warum sie ihn in diesem Punkt anlügen sollte.
    »Noch besser. Gute Feen sollten prinzipiell ungebunden sein.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich ungebunden bin«, gab sie sofort zurück, nicht schnippisch, nur so, als stelle sie etwas Selbstverständliches fest. »Ich muss mich beeilen. Alles Weitere steht in meiner Mail.«
    Damit legte sie auf, und er blieb froh und gleichzeitig verwundert zurück. Ihre E-Mail lag bereits im Posteingang. Er fand detaillierte Anweisungen, bis zu dem Hinweis, in Alaska immer Insektenspray zur Hand zu haben. Das brachte ihn zum Lachen, so lange, bis er das Datum für das vereinbarte Treffen entdeckte. Es war derselbe Tag, an dem

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