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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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bloß einen Schrecken einjagen!«, lachte sie, aber ihre Vergissmeinnichtaugen blickten zweifelnd. »Das ist aber nicht lustig, Jimmy.«
    »Das ist es durchaus, Pam«, versetzte der Junge und schüttelte seine Mähne, »Weil es in Wirklichkeit gar keinen Unterschied macht, ob wir hier sind oder auf der anderen Seite. Es ist sowieso alles nur ein verdammter Bluff, und wahrscheinlich lacht sich irgendwer draußen scheckig über uns.«
    »Ich verstehe nicht, was du meinst, Jimmy.« Dieses Mal schien ihre Ratlosigkeit echt zu sein und nicht Teil der Rolle, die sie üblicherweise spielte. »Warum können wir nicht einfach zurückfliegen und irgendwo hingehen, wo das Meer rauscht und man nachts die Sterne sehen kann?«
    »Weil wir da schon waren, ashen Lady«, versetzte er knapp. »Und es hat uns so gut gefallen, dass wir uns nach einer Weile das mieseste Zeug eingeworfen haben, nur um für ein paar Stunden von dort wegzukommen. Mit den süßen Freuden ist es nämlich meistens so eine Sache.«
    »Ich weiß nicht, warum wir das gemacht haben. Eigentlich ging es uns doch gut.«
    »Ja, wie den Schweinen am Trog«, erwiderte der Langmähnige grimmig. »Tagsüber hingen wir noch halb im Tran am Strand rum, und abends gab es dann die übliche Party mit den alten Songs, die jeder schon auswendig kannte. Ich bekam Albträume, wenn ich auch nur daran dachte. Und weil uns der Mumm fehlte wegzugehen, blieb am Ende bloß noch der Stoff. Wahrscheinlich hätte es gar nicht mehr so lange gedauert, bis es uns erwischt hätte. Nah genug waren wir ja dran …«
    »Ich weiß, Jimmy, aber ist das hier denn besser?« Sie deutete über Dorf und Weg hinaus in die graue endlose Weite. »Mir macht es Angst. Warum gehen wir nicht wieder rein und machen es uns gemütlich?«
    »Weil ich hier nicht wegkann, Babe. Etwas kommt auf uns zu. Es fühlt sich fast so an wie bei den Indianern damals. Ich war erst vier Jahre alt, aber ich wusste, dass etwas passieren wird. Und dann krachte es auch schon, und sie starben. Ich sehe sie immer noch auf der Straße liegen und all das Blut …«
    »Hör auf, Jimmy, ich will das nicht hören!« Die junge Frau ließ seine Hand los und wandte sich demonstrativ ab. Sie wirkte so blass und verstört, dass der Dichter Mitleid empfand und ihr Begleiter wohl auch, denn er trat auf sie zu und nahm sie in die Arme.
    Was er ihr ins Ohr flüsterte, konnte der Dichter nicht verstehen, aber es verfehlte offenbar seine Wirkung nicht. Ihre Miene hellte sich sofort auf, und ihr verschämt herausgekichertes »Aber doch nicht hier, Jimmy …« war, wie sich rasch herausstellte, keineswegs ernst gemeint.
    Die Behändigkeit, mit der sich die junge Frau ihrer Beinkleider entledigte, verriet Übung und ließ ebenso wenig Zweifel über ihre Absichten zu wie die Reaktion des Langmähnigen, der den Blickkontakt keinen Moment abreißen ließ, während er lächelnd seine Hose öffnete.
    Dergestalt in die beschämende Rolle des Voyeurs gedrängt, wandte der Dichter seinen Blick ab, allerdings zu langsam, um nicht doch noch ein Bild der Protagonisten in sich aufzunehmen, das keinerlei Deutungsspielraum zuließ. Offenbar gestaltete sich der Umgang zwischen den Geschlechtern in Zukunft deutlich unkonventioneller, wenn auch nicht unbedingt stilvoller als zu seiner Zeit. Allerdings hätte die Vorstellung eines seltsam kostümierten jungen Menschenpaares, das im Bauch einer Rieseneidechse zwischen den Sternen herumreiste, um sofort nach einer Landung auf dem nackten Erdboden zu kopulieren, die Fantasie seiner Zeitgenossen auch ein wenig überfordert.
    Innerlich kopfschüttelnd wandte der Dichter seine Aufmerksamkeit wieder dem anderen Schiff zu, registrierte aber keinerlei Veränderung.
    Die Luken waren weiterhin geschlossen, und auch sonst fanden sich keinerlei Anzeichen von Bewegung. Wahrscheinlich zog die Besatzung es vor, die Umgebung zunächst vom Schiff aus zu erkunden, bevor sie sich an den Ausstieg machte.
    Noch länger wollte sich der Dichter aber nicht aufhalten lassen. Das Schiff konnte warten, schließlich war es ja gerade erst gelandet und würde gewiss nicht verschwinden, wenn er in der Zwischenzeit nach Miriam und ihren Begleitern sah. Das unerwartete Auftauchen der Flugschiffe hatte ihn schon genug Zeit gekostet.
    Der Blick des Dichters glitt über Landeplatz und Dorf hinaus und durcheilte die graue Wüste in Richtung des festungsähnlichen Gebäudekomplexes, hinter dessen Mauern sich das Labyrinth verbarg. Er war überzeugt gewesen,

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