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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Wunde weniger schlimm aus als zunächst befürchtet. Der Schnitt selbst war etwa fünf Zentimeter lang und so schmal, dass sich die Wundränder berührten. Nachdem John das getrocknete Blut abgewaschen und die Wunde vorsichtig abgetupft hatte, war die Verletzung für den Moment kaum mehr zu erkennen. Es sickerte jedoch immer wieder Blut nach, denn der Schnitt war tief und ließ es ihm geraten erscheinen, die Wunde zu desinfizieren. Der Schmerz trieb Johnny die Tränen in die Augen, als er die Wundränder auseinanderzog und Antisept aufsprühte, aber das musste er in Kauf nehmen. Das Gelpflaster, das er danach auflegte, war angenehm kühl und würde die Blutung dauerhaft stoppen, wenn er sich nicht allzu hastig bewegte. John Varley hatte ohnehin nicht vor, längere Ausflüge zu unternehmen. James würde sein Humpeln zwar bemerken, sich aber hoffentlich aller Kommentare enthalten. Schließlich hatte er als Hüter des Hauses versagt.
    Doch bevor John sein Faktotum zur Rede stellen konnte, musste er herausfinden, ob Ailin noch in der Nähe war. Er glaubte zwar nicht daran, besser jedoch, er verschaffte sich Gewissheit – sofern es, Schneewittchen betreffend, überhaupt Gewissheiten geben konnte …
    Erwartungsgemäß fand er jedoch weder im Haus noch auf dem Grundstück eine Spur von ihr. Es blieb auch rätselhaft, wie sie überhaupt hatte eindringen können, denn sämtliche Fenster waren geschlossen und die Türschlösser unbeschädigt.
    Warum hatte sie das getan? Dass Ailin ihm die Verletzung beigebracht hatte, stand für John außer Zweifel. Aber weshalb? War es vielleicht eine Warnung?
    Johnny wusste es nicht, und für Spekulationen fehlte ihm die Zeit. Jetzt war erst einmal James an der Reihe. Vielleicht hatte die KI vor dem Blackout doch irgendetwas registriert oder sogar aufgezeichnet, das ihm weiterhalf.
    Das System war tatsächlich abgeschaltet. Jemand musste den Notausschalter betätigt haben, anders ließ sich die Rechnereinheit nicht stromlos machen. Die Unterbrechung der Stromzufuhr führte zwar nicht zum Datenverlust, da eine Havarieschaltung die Speicherbänke schützte, dennoch war es das erste Mal seit ihrer Initialisierung, dass die KI komplett abgeschaltet worden war. Es war also kaum zu erwarten, dass James nach seinem »Erwachen« einfach zur Tagesordnung übergehen würde.
    Da der Schalter als Drucktaster ausgeführt war, ließ sich nicht feststellen, ob er überhaupt mechanisch betätigt worden war. Allerdings konnte sich John erst recht keine, wie auch immer geartete Art der Fernauslösung vorstellen.
    Wenig zuversichtlich betätigte er den Einschaltknopf und atmete erleichtert auf, als das Tastenfeld grün aufleuchtete und das vertraute Summen der Kühlaggregate einsetzte.
    »Na, komm schon, alter Junge«, murmelte Johnny und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Konsole. »Es gibt eine Menge zu tun …«
    Doch es verging noch eine ganze Weile, bis die Hintergrundbeleuchtung des 3D-Monitors endlich aufflammte und James’ Avatar auf der Projektionsfläche erschien.
    »Ich verlange eine Erklärung … Sir«, ließ sich die KI kurz darauf auch akustisch vernehmen. »Eine derartige Behandlung ist absolut unakzeptabel.«
    Trotz des betont forschen Tonfalls glaubte Johnny eine Spur Verunsicherung herauszuhören.
    »Angesichts der Umstände solltest du dich mit Vorwürfen zurückhalten«, erklärte er kühl. »Ich habe dich jedenfalls nicht abgeschaltet, und für die Sicherheit des Hauses bist allein du zuständig. Wir hatten Besuch, falls dir das entgangen sein sollte.«
    »Davon weiß ich nichts«, erwiderte James störrisch. »Es gab eine Sicherheitsmeldung von draußen, und bevor ich reagieren konnte, hat mich jemand abgeschaltet.«
    »Dann gibt es auch keine Aufzeichnung von dem Vorfall?«
    »Die Außenkameras schalten sich erst ein, wenn ein Detektor anspricht. In genau diesem Moment muss es passiert sein. Es gibt nur ein einziges Bild, und das ist wegen eines Artefakts kaum auswertbar.«
    Der Avatar verschwand und an seiner Stelle erschien ein unscharfes Graustufenbild, das zu zwei Dritteln von einem Lichtblitz überstrahlt wurde. Die einzig erkennbare Struktur war ein Stück Zaun am linken Bildrand.
    »Und wenn du die Helligkeit herunternimmst?«
    »Ich habe natürlich schon sämtliche Filter darüberlaufen lassen«, erklärte James pikiert. »Nichts zu machen.«
    Also doch ein Artefakt , dachte Johnny enttäuscht. Ohne Kamerabilder blieb jeder Erklärungsversuch für Ailins Eindringen

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