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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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ihrer Rekonstruktion suchte und fand die Theaterstadt ihr Publikum innerhalb der Föderation.
    Raymond Farr hatte allerdings nie das Bedürfnis verspürt, eine der stets ausverkauften Vorstellungen zu besuchen. Der Kommandant brauchte kein altertümliches Heldenepos, um seine Erinnerungen aufzufrischen. Er war dabei gewesen, auch wenn er den jungen Piloten – Miriams Halbbruder – nur flüchtig gekannt und nie ein Wort mit ihm gewechselt hatte. Er war dabei gewesen, dennoch gab es Tage, an denen ihm das Erlebte unwirklich erschien. Die Armada und die stählerne Stadt existierten nicht mehr. Es war beinahe so, als hätte es sie nie gegeben. Und diejenigen, die die Schlacht bei Joyous Gard nicht nur vom Hörensagen her kannten, wurden ohnehin immer weniger …
    Auch deshalb sah Raymond Farr der anstehenden Begegnung voller Unruhe entgegen. Was, wenn es überhaupt kein Monument mehr gab, das Hologramm erloschen war und die ewigen Kerzen nicht mehr brannten? Blieb dann überhaupt noch etwas, das die Authentizität seiner Erinnerungen bestätigte?
    Zweifel dieser Art benötigten keinen äußeren Anlass, wenn man nur lange genug zwischen den Sternen unterwegs war. Sie wucherten umso stärker, je länger der Flug und die stets unterschwellig fühlbare Präsenz der dunklen Weite ringsum andauerten. Die Metallwand der Hemera , die die Mannschaft vor Dunkelheit, Vakuum und Kälte schützte, war nur wenige Zentimeter dick. Aber die Haut der Vernunft, die reale Erinnerungen von Traum- und Wahnvorstellungen trennte, war ungleich dünner und in Gefahr, brüchig zu werden.
    In dieser Situation empfand Raymond Farr eine fast schon irrationale Erleichterung, als das System endlich den Empfang des Positionssignals der Joyous-Gard-Installation meldete. Also waren zumindest die Funkfeuer noch intakt.
    Drei Tage später hatte sich die Hemera dem Monument so weit genähert, dass es auch visuell erkennbar wurde. Fasziniert beobachtete die Besatzung, wie der winzige Lichtpunkt auf dem Monitor an Größe und Helligkeit gewann. Aus einem Impuls heraus gab der Kommandant den Befehl, die Geschwindigkeit zu drosseln. Das Bremsmanöver und die anschließende Beschleunigungsphase würden zwar einiges an Treibstoff kosten, aber das war es ihm wert.
    Im Gegensatz zu Ortega und Koenig kannte Farr das Monument nur von Kamerabildern her. Das hatte seine Entscheidung jedoch nur am Rande beeinflusst. Wichtiger war, dass vor allem die jüngeren Mitglieder der Crew Gelegenheit bekamen, den geschichtsträchtigen Ort aus eigener Anschauung kennenzulernen. Das Erlebnis würde sich ihnen einprägen, davon war der Kommandant überzeugt, denn der Mythos von Joyous Gard ging inzwischen weit über das konkrete Ereignis hinaus, an das die Installation erinnerte:
    Es war möglich, dem Bösen zu widerstehen, selbst wenn es so übermächtig und unangreifbar erschien wie damals die Streitmacht der Burgons. Die Heldentat des jungen Piloten war nur eine Facette der Faszination des Ortes, der trotz seiner enormen Entfernung zu jeder menschlichen Ansiedlung seit Jahr und Tag Besucher und Wallfahrer anzog.
    Das Gewicht des eigenen Körpers lastete auf ihnen, seitdem der Gegenschub eingesetzt hatte, und das Atmen fiel zunehmend schwerer. Dennoch verzichteten sie darauf, die Unterstützung der Kompensationsfelder in Anspruch zu nehmen. Nach all den Tagen und Wochen erzwungener Untätigkeit tat jede Veränderung gut. Die bislang zurückgelegte Strecke war mit den Sinnen nicht erfassbar gewesen, und so ließ das Schauspiel, das sich mit der Annäherung an Joyous Gard ihren Blicken bot, sie alsbald die körperliche Anstrengung vergessen.
    Das leuchtende Objekt füllte inzwischen nahezu ein Drittel des Monitorbildes aus und ließ die Sterne im Hintergrund verblassen. Zweifellos hätte die gigantische Lichtskulptur auch ohne das Meer von ewigen Kerzen, das sie wie eine Aureole einhüllte, ihren Eindruck auf den Betrachter nicht verfehlt. So hingegen erschien sie beinahe unwirklich, ja geradezu jenseitig , dass es kaum möglich war, den Blick davon zu lösen. Schon allein die bloße Existenz eines derartigen Gebildes mitten im leeren Raum widersprach aller Erfahrung und nährte Zweifel an der Zuverlässigkeit der eigenen Wahrnehmungen.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Farr, wie sich Roberta Ortega bekreuzigte, was ihn unter anderen Umständen vielleicht amüsiert hätte. Doch trotz seines Wissens um den physikalischen Hintergrund empfand der Kommandant bei der Betrachtung der

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