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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Hoffnungen und Ängste auf eine einzige Frage reduziert: Wie lange noch?
    Niemand wagt sie zu stellen, diese Frage, aber sie steht in ihren Augen, klingt in ihren Worten mit und verrät sich in jeder Geste: Wie lange noch?
    Die Einzige, die – vielleicht – die Antwort kennt, ist die Frau in ihrer Mitte. Aber die Kommandantin schweigt. Ihre Energie jedenfalls scheint unerschöpflich. Noch nie hat sie Erschöpfung erkennen lassen oder gar eine Pause verlangt. Dabei ist ihr Rucksack der schwerste aller Ausrüstungsgegenstände. Der Zwerg weiß es. Er hat ihn heimlich angehoben, als Miriam schlief – angehoben, aber nicht geöffnet. Den Mut hat nicht einmal er, der sonst vor nichts zurückschreckt …
    Laufen, sichern, laufen. Die Gänge, die sie durchqueren, unterscheiden sich in nichts voneinander und jeder Richtungswechsel nährt zusätzliche Zweifel: Was, wenn die Geräte lügen und sie doch im Kreis gelaufen sind? Was, wenn das Labyrinth selbst die Falle ist, die sie hinter jedem Abzweig vermuten?
    Miriam Katanas Befürchtungen gehen in die gleiche Richtung. Dieses Labyrinth braucht keinen Minotaurus. Es tötet seine Opfer, indem es ihnen die Erinnerungen raubt – Bilder, Farben, Geräusche, ausgelöscht vom allgegenwärtigen Grau, das sich wie eine Säure in ihr Bewusstsein frisst.
    Heute Morgen hat sie zum ersten Mal die Beherrschung verloren, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass sie Ray verloren hat. Nicht an eine andere Frau, sondern aus ihrer Erinnerung. Sein Gesicht, sein Lächeln, sie sind einfach verschwunden, so verzweifelt sie sich auch müht, sie ins Gedächtnis zurückzurufen. Sie weiß nicht, wie lange sie es noch ertragen kann, dieses Grau um sich herum, das ihre Seele verschlingt …
    Aber sie ist die Kommandantin. Die Männer vertrauen ihr. Das kann sie in ihren Blicken lesen. Sie muss stark sein, auch wenn sie sich am liebsten in einen Winkel verkriechen würde und losheulen.
    Als die Schläfer erwachen, sind die Morgenrationen bereits verteilt, und in den Bechern dampft Tee, bar jeglichen Aromas zwar, aber wenigstens heiß. Es ist nicht mehr als eine Geste, aber die Männer sind dankbar, und der Zwerg – ein verwelktes Kind – riskiert sogar ein Lächeln; es fällt so kläglich aus, dass es ihr wehtut.
    Dann brechen sie auf.
      
    Laufen, sichern, laufen. Jeder Schritt, jede Bewegung ist Routine. Sie halten Abstand und kämpfen gegen die Versuchung an, wenigstens für ein paar Sekunden die Augen zu schließen. Der Untergrund ist eben; wahrscheinlich würden sie nicht einmal ins Stolpern geraten dabei …
    Henry geht voran, die Waffe pflichtgemäß im Anschlag, aber sein Blick ist stumpf. Er sollte nicht hier sein. Er ist Ingenieur, kein Soldat, und der lange Fußmarsch hat ihn zermürbt. Natürlich weiß er, dass keine Umkehr möglich ist, dennoch sehnt er sich zurück an Bord der Nemesis . Das Schiff ist seine Welt, die Maschinenräume, Bedienkonsolen und das beruhigende Summen der Aggregate.
    Es war ein Fehler, sich für diese Mission zu melden, das weiß er jetzt, nicht nur wegen Annie. Der stumme Vorwurf in ihrem Blick tut immer noch weh. Seltsam, die Erinnerungen an ihr Zusammensein sind verblasst, aber ihr Gesicht sieht er deutlich vor sich. Annie ist blass, ihre Augen groß und dunkel, und trotz der geringen Auflösung des Monitorbildes kann er erkennen, wie sie sich auf die Lippen beißt.
    Ob sie damals schon etwas geahnt hat?
    Henry schüttelt unwillig den Kopf. Niemand konnte das hier voraussehen, nicht einmal Captain Katana. Auch sie hat jemanden zurückgelassen und dennoch keinen Augenblick gezögert, die Verfolgung der flüchtigen Stadt aufzunehmen. Henry bewundert ihre Entschlossenheit, aber manchmal macht sie ihm auch Angst. Sie ist so auf das Ziel fixiert, dass sich jeder Gedanke an Umkehr von selbst verbietet.
    Dennoch kann er seine momentane Situation nicht dem Captain zum Vorwurf machen. Die Kommandantin hatte ihm angeboten, ja sogar geraten, auf dem Schiff zu bleiben und bis zu ihrer Rückkehr die Stellung zu halten. Aber diese Blöße hatte er sich nicht geben wollen, nicht vor ihr und nicht vor den anderen. Inzwischen dachte Henry anders darüber, der Zwerg vermutlich auch, der mit verkniffener Miene hinter ihm hertrippelt. Der Hofnarr der Kommandantin reißt längst keine Witze mehr …
    Mechanisch setzt Henry einen Fuß vor den anderen, während er darüber nachgrübelt, was Annie jetzt wohl tut. Ist sie überhaupt noch auf Pendragon Base oder schon auf dem Weg in

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