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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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noch ertragen …« Er hielt inne und nickte dem Dichter auffordernd zu.
    »… und wir bewundern es, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören«, vollendete dieser, einem inneren Zwang gehorchend, die Sentenz aus der Ersten Elegie. Er hatte damals um jedes einzelne Wort gerungen, und die Verse waren wie in sein Bewusstsein gebrannt.
    »Eine erstaunliche Erkenntnis für einen kaum Vierzigjährigen, obwohl die Umkehrung natürlich genauso zutreffend ist«, kommentierte der kleine Mann, während er auf den Dichter zutrat und eine Verbeugung andeutete. »Ich heiße übrigens Balinas, um deiner Frage zuvorzukommen, Sergio Tyan Balinas. So steht es wenigstens auf der Einladung unserer leider verhinderten Gönnerin. Ich hoffe, damit ist der Form Genüge getan.«
    Der Dichter nickte verlegen und murmelte etwas Zustimmendes. Dennoch wäre er am liebsten aufgestanden und auf sein Zimmer gegangen, so unheimlich war ihm der Fremde, der bereits Platz genommen hatte, um ihm beim Frühstück Gesellschaft zu leisten.
    Er glaubte nicht an ein zufälliges Zusammentreffen. Die Fürstin mochte früher ein offenes Haus geführt haben, doch seitdem er hier weilte, war ihm ungebetene Gesellschaft erspart geblieben. Manchmal erschien es ihm sogar, als wölbe sich eine unsichtbare Glocke über Kastell und Park, die keinerlei Kontakt mit der Außenwelt zuließ.
    Der Mann mit der Sonnenbrille hatte es jedoch geschafft, diese Barriere zu überwinden, ob sie nun materieller Natur war oder nicht. Der Dichter glaubte nicht an eine Einladung der Fürstin, von der er seit Jahr und Tag nichts gehört hatte.
    Und zweifellos war der Fremde auch nicht hier, um auszuspannen oder die Schönheit der Landschaft zu genießen, sondern einzig und allein, um ihn zu treffen.
    Dieser Balinas kannte nicht nur seinen Namen und seine Texte, sondern auch offenbar deren Entstehungsgeschichte, zumindest die der Elegien. Einen panikerfüllten Moment lang hatte er sogar geglaubt, es wäre die Stimme des Fremden gewesen, die ihn damals im Sturm ebenjene Worte zugerufen hatte, die er noch in der gleichen Nacht zu Papier gebracht hatte. Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn … Aber zum Glück war ihm die Abenteuerlichkeit dieser These noch rechtzeitig bewusst geworden. Unglücklicherweise blieb das jedoch die einzige Vermutung den Fremden betreffend, die er ausschließen konnte …
    »Du fragst dich, weshalb ich hier bin«, sagte der kleine Mann in diesem Moment, als hätte er seine Gedanken gelesen.
    Es klang eher interessiert als abschätzig, weshalb es dem Dichter trotz seiner Verunsicherung leichtfiel zu antworten: »Das würden Sie … würdest du dich … an meiner Stelle auch fragen. Immerhin bekommen wir nur selten Besuch hier draußen, genau genommen äußerst selten.«
    »Das gehört zu den Eigenheiten dieses Ortes, René … oder ist dir ›Rainer‹ doch lieber?«
    »Ich weiß nicht; früher war es mir wichtig, aber hier hat sich die Frage niemals gestellt. Es klingt nur irgendwie seltsam, so als wäre ein anderer gemeint.«
    »Du hast ihn zurückgelassen, daran ist nichts Schlimmes, solange du dich noch an ihn erinnerst. Das gilt natürlich nicht nur für Namen.« Der Fremde lächelte melancholisch, und aus irgendeinem Grund wünschte sich der Dichter, ihm in die Augen zu sehen.
    »Also gut«, sagte der kleine Mann ernst und nahm die Sonnenbrille ab.
    Der Blick traf den Dichter wie der Strahl eines Scheinwerfers. Doch die blaue Helligkeit blendete nicht nur seine Augen, sondern drang weiter vor, bis in sein Bewusstsein, das dem Ansturm schutzlos ausgeliefert war, als wäre es aus Glas. Einen Augenblick später war alles vorbei. Der Dichter konnte wieder sehen. Zurück blieb nur ein seltsamer Nachhall, das Gefühl, etwas gewonnen und wieder verloren zu haben.
    Es dauerte lange, bis er wieder sprechen konnte.
    »Dann bist du es also«, sagte er leise, wie zu sich selbst.
    »Ich oder ein anderer.«
    »Du warst da«, fuhr der Dichter störrisch fort, »und hast mich allein gehen lassen.«
    »Nicht um unsertwillen, sondern um dich zu schützen«, erklärte der kleine Mann nachsichtig. »Du hättest deine Träume verloren und nie wieder eine Zeile geschrieben.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil es anderen widerfahren ist, lange vor deiner Zeit. Die meisten Dinge sind schon einmal geschehen, im Guten wie im Bösen.«
    Der Dichter schwieg, verwirrt und noch immer gekränkt wie ein Kind, das zu lange allein gewesen ist. Aber seine Verbitterung hielt

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