Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)
einen gezielten Angriff, und in Anbetracht des schrumpfenden Zeitfensters musste der Kommandant eine Entscheidung treffen. Nicht später, sondern jetzt.
»Mr. Masao, aktivieren sie bitte den Tarnschirm und machen Sie die Sidewinder-Batterien feuerbereit. Außerdem ein Dummyprojektil für einen Schuss vor den Bug. Zur Sicherheit sollten wir auch die Sikhaner-Waffe in Bereitschaft halten.«
»Zu Befehl, Sir!« Aus den Augenwinkeln konnte Farr sehen, wie sich der Waffenmeister verbeugte. Diese Reaktion war ihm augenscheinlich in Fleisch und Blut übergegangen.
Ortega lächelte zufrieden und griff nach ihrem Combat-Pad.
Obwohl die Hemera deutlich an Geschwindigkeit verloren hatte, verringerte sich der Abstand zu dem fremden Schiff zusehends. Es war etwas größer als die Hemera , im Vergleich zu einem Sichelschiff jedoch ein Winzling.
Nach Angaben der Laserortung betrug sein Durchmesser etwa 15 Meter, bei einer Unsicherheit von 20 Prozent. Als Sekunden später der erste 3D-Scan des Objektes auf dem Monitor erschien, glaubte Farr, seinen Augen nicht zu trauen. Was er sah, war zu absurd, um auch nur einen Gedanken an dessen Realität zu verschwenden. Entweder es handelte sich um eine besonders skurrile Tarnprojektion oder die Schiffs-KI hatte versehentlich ein Archivbild geladen. Aufkommendes Gemurmel verriet dem Kommandanten, dass er keineswegs einer Sinnestäuschung zum Opfer gefallen war.
Offenbar sahen die anderen das Gleiche wie er: ein altertümliches Segelschiff, das wie von einer frischen Brise getrieben durch das Nichts glitt!
»Was bitte soll das sein?«, ermannte er sich schließlich zu einer Reaktion und fügte hinzu: »Laserscan und Bildverarbeitung überprüfen!«
»Das ist bereits geschehen, Commander«, meldete sich die Schiffsintelligenz mit unterkühlter Höflichkeit. »Anderenfalls hätte ich die Darstellung nicht freigegeben. Der Oberflächenstruktur des unbekannten Objektes korreliert mit einer Unsicherheit von kleiner als 10 Prozent mit der dargestellten 3D-Rekonstruktion.«
»Es kann sich also nicht um eine Art Tarnschirm handeln?«, erkundigte sich Farr immer noch ungläubig.
»Negativ, Sir. Es sei denn, das komplette Antwortsignal würde manipuliert, wofür es derzeit keinerlei Anhaltspunkte gibt.«
»Und wie bewegt sich das Objekt dann fort? Windkraft können wir ja wohl ausschließen.«
»Da keinerlei Emissionen messbar sind, könnte es sich möglicherweise um einen modifizierten Rotatronantrieb handeln. Aber das ist bislang nur eine Arbeitshypothese, Sir. Darf ich Sie darauf hinweisen, dass bis zu einer möglichen Kollision mit dem Fremdobjekt nur noch 90 Standardsekunden verbleiben?«
»Das ist mir bekannt«, knurrte der Kommandant. »Masao, feuern Sie einen Warnschuss ab und übergeben Sie die Feuerleitung danach an Mrs. Ortega. Alarmstufe Rot!«
Ein gleißender Lichtpunkt überstrahlte im nächsten Moment das Monitorbild und jagte mit zunehmender Geschwindigkeit dem für das menschliche Auge nach wie vor unsichtbaren Objekt entgegen. Für einen Moment geriet das Bild ins Zittern, stabilisierte sich aber sofort wieder, noch bevor der Dummysprengkopf wie ein gigantischer Feuerwerkskörper zerbarst. Im Widerschein der Explosion wurde das fremde Schiff nun zum ersten Mal direkt sichtbar und bot einen ebenso bizarren wie gespenstischen Anblick. Offenbar hatte es zwischenzeitlich beigedreht, sodass es der Hemera nicht mehr den Bug, sondern die Backbordseite zuwandte. Mit seinen Kanonendecks und den drei hoch aufragenden Masten in voller Takellage ähnelte es allerdings eher einem fantasievollen Bühnenbild als einem realen Objekt, und so zögerte der Kommandant, den eigentlich überfälligen Feuerbefehl zu geben.
Das änderte sich erst, als aus den Mündungen der 15 Kanonen des Mitteldecks Pulverdampf aufstieg und der Bug der Hemera fast im gleichen Augenblick von einer Reihe schwerer Explosionen erschüttert wurde. Die Schutzfelder verhinderten zwar physikalische Zerstörungen, gerieten dabei aber, wie eine Reihe orange und rot aufleuchtender Symbole unmissverständlich signalisierten, nahe an ihre Belastungsgrenze.
»Feuer frei!«, kommandierte Farr mit einem flauen Gefühl im Magen, und diesmal waren es gleich acht weiß glühende Lichtpunkte, je vier aus den Back- und Steuerbord-Batterien, die auf das feindliche Schiff zujagten.
Doch die erwarteten Explosionen blieben aus, stattdessen verschwanden die Projektile unmittelbar vor dem erwarteten Einschlag vom Bildschirm, als
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