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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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nichts, aber das ist noch lange kein Beweis.«
    »Aber ein Indiz, ebenso wie der Umstand, dass die Leichen der Segler nie gefunden wurden, obwohl es an diesem Küstenabschnitt laut Touristikbehörde keine nennenswerten Unterströmungen gibt.«
    »Laut Touristikbehörde gibt es auf Patonga auch keine Drogen- oder Gewaltkriminalität, von Prostitution ganz zu schweigen«, warf Johnny ein. »Folglich wissen wir nichts über die Strömungen dort.«
    »Wenn wir uns Zugang zu den lokalen Datenbanken verschaffen, können wir die fehlenden Beweise vielleicht beschaffen«, schlug das Orakel vor.
    »Bestimmt«, erwiderte Johnny sarkastisch, »weil es beim letzten Mal so gut geklappt hat. Das Haus hier ist noch nicht einmal abbezahlt, und ich hätte ganz gern, dass es noch eine Weile steht. Deshalb habe ich den Zugriff gesperrt.«
    »KIs sind im Gegensatz zu Menschen lernfähig«, konterte James unbeeindruckt. »Wir könnten den Modus Operandi ändern.«
    »Das werden wir, aber erst, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Sonst ist dir nichts aufgefallen?«
    »Doch, aber ich fürchte, dass das Fehlen von etwas auch nicht als Beweis gelten kann.«
    »Was fehlt denn?«
    »Irgendeine Reaktion auf den Tod der Adoptiveltern. Die Matsumos müssen doch Verwandtschaft oder wenigstens Bekannte gehabt haben, zumindest auf Sakkaido, wo sie herstammen.«
    »Wer sagt das?«
    »Es wird in dem Nachruf erwähnt, den die Stiftung damals veröffentlich hat.«
    »Das bedeutet keineswegs, dass es auch stimmt.«
    »Aber es ist einigermaßen naheliegend, zumal auch Miriams Mutter aus Sakkaido stammte. Vielleicht kannten die Adoptiveltern die Familie und hatten das Mädchen deshalb aufgenommen.«
    »Vielleicht, aber das bringt uns jetzt nicht weiter. Zunächst sollten wir klären, wonach wir eigentlich suchen. Nehmen wir einmal an, der Unfall war tatsächlich fingiert. Was hätten die Beteiligten dabei gewonnen?«
    »Zumindest die Sicherheit, dass niemand nach dem Mädchen suchen wird«, erwiderte das Orakel.
    »Und die Adoptiveltern?«
    »Wurden entweder bestochen oder eliminiert.«
    »Das weiß ich auch, aber was ist wahrscheinlicher?«
    »Wenn die Eingangshypothese zutrifft, spricht vieles dafür, dass sie eingeweiht waren. Sie mussten das Boot anmieten und an den Übergabeort bringen.«
    »Womit sie ein hohes Risiko eingegangen wären«, gab Johnny zu bedenken. »Offiziell waren sie ja ohnehin tot.«
    »Offenbar hielten sie das Risiko für kalkulierbar«, entgegnete das Orakel in einem klassischen Zirkelschluss. »Sonst hätten sie sich ja nicht darauf eingelassen.«
    »Was wir nicht wissen …«
    »… und auch nicht erfahren werden«, erwiderte die KI mit unterdrücktem Spott, »wenn wir nicht endlich anfangen, vor Ort zu recherchieren.«
    »Wer sagt, dass wir das nicht tun werden?«
    »Du. Eben hattest du noch Angst um unser Haus.«
    Er hat »unser« gesagt, dachte Johnny gerührt. Wenn ich nicht aufpasse, fange ich noch an, diesen schmierigen Blechkasten zu mögen.
    Laut sagte er: »Zunächst schicken wir einen Läufer, der uns Bildmaterial über die Matsumos beschafft. Und du besorgst mir inzwischen ein Hypnomodul mit einem Thapali-Schnellkurs.«
    »Du willst selbst nach Patonga fliegen?«, erkundigte sich das Orakel
    »Vielleicht.« Johnny lächelte und genoss die Überraschung seines Faktotums. Dabei war er sich der Schizophrenie seines Handelns durchaus bewusst. Es gab keinerlei vernünftigen Grund, nach Patonga zu gehen. Läufer waren nicht an räumliche Beschränkungen gebunden und recherchierten ungleich effektiver als jeder Mensch aus Fleisch und Blut. Sie waren illegal und ziemlich teuer, aber Geld spielte diesmal ja offenbar keine Rolle. Das Risiko war gering, denn Läufer zerstörten sich eher selbst, als ihren Auftraggeber zu verraten. Er konnte also in aller Ruhe auf seinem Hintern sitzen bleiben und abwarten, was sie in der Datensphäre Patongas herausfanden. Aber genau das würde Johnny nicht tun – nicht dieses Mal. Über seine Motive war er sich selbst nicht völlig im Klaren, aber er wusste, dass die meisten Dinge eine helle und eine dunkle Seite hatten. Die Aussicht, seinem alten Freund Ray in einer wichtigen Angelegenheit helfen zu können, gehörte zweifellos zur helleren Seite seines Einsatzes. Die andere hatte nur wenig mit Ray und dem Auftrag zu tun, und genau deshalb hütete sich Johnny, ihr zu nahe zu kommen. Doch trotz oder vielleicht auch gerade wegen dieser Unwägbarkeiten empfand er bei dem

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