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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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erschüttert. Ihr Mund war trocken und schmeckte nach Staub. Sie setzte sich auf und lehnte sich an den Türrahmen.
     „Ich glaube, es hat angefangen“, sagte die Assistentin. Ihre staubgrauen Hände zitterten, ihr Blick flackerte wie das grelle Deckenlicht.
    „Was hat angefangen?“, fragte Eva irritiert. „Wovon reden Sie?“
    In diesem Moment verlöschte das Licht.
     
    •
     
    Tom saß im Bad auf dem Klodeckel und presste die Hände gegen seinen Kopf. Er hatte das Gefühl, dass ihm andernfalls der Schädel platzen würde. Leider hatte der Alkoholrausch nicht angehalten – dazu war der Alkoholanteil im Likör wohl doch zu niedrig und er zu abgehärtet, was Hochprozentiges betraf. Aber nun hatte er wieder diese fürchterlichen Kopfschmerzen und ihm war übel von dem ganzen Zeug, das er vorhin in sich hineingestopft hatte. In seinem Mund hatte er einen säuerlichen Geschmack, der sich auch durch mehrmaliges Zähneputzen nicht entfernen ließ.
    Müde war er nicht und auch nicht schwach. Eher aufgekratzt und nervös.
    „Keine Anzeichen von HMO A16“, krächzte er und lachte hysterisch. Er konnte kaum glauben, dass er sich nicht bei Nina angesteckt haben sollte. Nicht bei dieser aggressiven Virusform – nicht nach allem, was er von HMO A16 gehört hatte.
    Er sprang von der Toilette auf, aber der reißende Schmerz in seinem Kopf zwang ihn, sich gleich wieder zu setzen. „Wenn ich diesen verdammten Kater überstanden habe, stelle ich mich der Wissenschaft zur Verfügung“, lallte er und schwankte zurück ins Wohnzimmer.
    Er versuchte erneut die Klinik zu erreichen und kam erneut nicht durch.
    Tom nahm seine Jacke und zog sich die Schuhe an. „Nicky, mein Freund“, rief er. „Komm! Wir machen einen Ausflug.“ Der Labrador kam sofort angelaufen und bellte freudig. Tom kraulte ihm den Bauch, legte ihm aber keine Leine um. Dann rief er den Fahrstuhl. Noch bevor die Tür sich hinter ihnen schließen konnte, verlöschte das Licht. Die Notbeleuchtung ging an. Fluchend stieg Tom aus und folgte seinem Hund die dreißig Stockwerke zu Fuß nach unten.
    Er stieg in seinen Van. Gerade wollte er die Adresse der Klinik in seinen Autopiloten eingeben, als er einen Anruf seiner Zentrale erhielt. Er wurde angefordert.
    Und das obwohl ich offiziell beurlaubt bin , dachte er. Die müssen mich ja wirklich vermissen.
    Ein spöttisches Lachen verließ seinen Mund, aber dann verstummte er, weil ihm einfiel, dass die meisten seiner Kollegen wahrscheinlich an HMO erkrankt waren.
     
    •
     
    „Das Licht müsste gleich wieder angehen“, flüsterte Nadja dicht neben Eva.
    „Müsste?“
    „Ja. Es gibt ein Notstromaggregat.“
    Eva lehnte sich an den Türrahmen in ihrem Rücken. Ihr fiel plötzlich auf, wie kalt es war. Sie schlang die Arme vor ihren Bauch.
    „Was meinten sie vorhin damit, als Sie sagten, es hätte angefangen?“, erkundigte sich Eva, aber in diesem Moment schalteten sich die Lampen wieder an und Nadja sprang auf.
    „Ich muss unbedingt nach Dr. Eisenberg sehen“, rief sie. „Hoffentlich ist ihm durch den Stromausfall nichts passiert!“ Sie rannte hinaus und riss die Tür zum Labor auf.
    Eva rannte hinter ihr her. Sie hatte Angst, die dünne Frau könnte sonst flüchten und sie mit ihren Fragen allein lassen.
    In einem kleinen durch Glasscheiben abgetrennten Raum blieb sie stehen und sah in das Labor. Das erste, was ihr auffiel, waren die beiden großen Röhren, die fast den gesamten Platz im Raum einnahmen. Ein Mann lag auf einer Liege. Sein Kopf und der Oberkörper befanden sich in einer der Röhren. Der massige Bauch hob und senkte sich kaum merklich. Über der Liege blinkten rote Warnlampen. „Transfer abgebrochen“, las Eva. Verständnislos schaute sie zu Nadja, die neben ihr stand. „Ist das Doktor Eisenberg?“ wollte sie wissen.
    Die Assistentin nickte.
    „Was macht er denn da?“, fragte Eva. „Was ist das für ein Gerät?“
    „Ich erkläre es Ihnen später. Zuerst muss ich die Apparate ausschalten.“ Sie wandte sich den übergroßen Bildschirmen zu und gab wortlos verschiedene Befehle ein. Das MRT-ähnlichen Gerät stellte sich ab. Die Lampen erloschen. Die Liege fuhr langsam aus der Röhre. Dann blieb sie stehen und auch das letzte leise Summen der Maschine verstummte.
    Der Schlafende sah sehr friedlich aus, wie er so mit nach oben gezogenen Mundwinkeln dalag. Die Arme waren über der Brust gekreuzt, die geschlossenen Lider bewegten sich leicht. Wahrscheinlich hatte er gerade einen

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