Götterdämmerung (German Edition)
überhaupt nicht.“ Eva streckte ihre Hand aus. „Bitte, Frau Bergmann, Nadja, kommen Sie mit! Sie können wirklich nicht hier bleiben. Und ich brauche Sie. Der Roboter da würde mir bloß Angst machen.“
„Später“, murmelte Nadja.
Eva ließ die Hand sinken. Dann öffnete sie die Tür und spähte vorsichtig nach rechts und links. Das Licht brannte. Außer ihrem eigenen Schatten auf dem Boden sah sie niemanden.
„Eva?“, hörte sie eine Stimme hinter sich. Sie drehte sich um. Es war der Roboter, der gesprochen hatte. Er hatte sich bewegt, stand nun einen Meter vor dem Schrank und hob den Arm. „Eva?“, wiederholte er. Sie sah ihn an, als wäre er ein Gespenst.
„Du hast dich verändert“, stellte der Roboter fest. Er machte eine lange Pause. Überlegte. „Welches Jahr haben wir?“, fragte er.
„2045“, antwortete Nadja.
„2045“, wiederholte der Roboter. „2045“
Eva stürzte aus dem Raum.
•
Als Ben die Stadt wieder erreichte, fiel ihm sofort die Dunkelheit auf. Der Autopilot lenkte den Wagen vorbei an Gebäuden, in denen nur die Notbeleuchtung funktionierte – falls sie eine hatten. Roboter konnte er jedoch nicht entdecken. Nicht einmal die einfachen Aufräumroboter. Auch die große Gruppe von Maschinen, die ihm am Vormittag vor dem Lagerhaus aufgefallen war, war verschwunden.
Der einzige Roboter, der unterwegs ist, bin ich selbst , dachte er zynisch. Was, wenn mir dieser Pfleger wieder über den Weg läuft?
Er schüttelte abwehrend den Kopf, obwohl ihm klar war, dass er sich genau darüber Gedanken machen sollte. Angesichts der Katastrophe, die HMO A16 ausgelöst hatte, musste er davon ausgehen, dass der Mann Dienst hatte. In die Klinik zurückzukehren war leichtsinnig. Allerdings waren die anderen Krankenhäuser kleiner und wesentlich schlechter ausgestattet. Außerdem wollte er nicht unnötig herumfahren. Nicht in dieser Nacht.
Was ist mit der Ärztin, die mich der Polizei gemeldet hat? Wird sie auch dort sein? Wird sie mich erkennen?
Immerhin – es handelte sich um eine Ausnahmesituation. Die Leute, die in der Klinik arbeiteten, würden andere Sorgen haben. Er musste sich eben unauffällig verhalten und aufpassen, wem er über den Weg lief.
•
Der Parkplatz vor der Klinik war gesperrt, ebenso der Teil der Straße, der daran vorbeiführte. Franco musste stellenweise auf den Fußweg ausweichen um weiterzukommen. Ein Großteil des Klinikgeländes wurde von orangeroten Zelten eingenommen, auf der übrigen Fläche drängte sich Fahrzeug an Fahrzeug. Dazwischen überall Menschen. Immerhin funktionierte die klinikeigene Stromversorgung. Das Gebäude war hell beleuchtet, ebenso der Parkplatz. Zusätzlich zu den Straßenlaternen gab es große mobile Scheinwerfer, die das Gelände ausleuchteten, besonders den Bereich, in dem die Zelte standen.
Franco fuhr im Schritttempo an dem Gelände vorbei und parkte in Sichtweite der Klinik. Dann entriegelte er die Tür.
„Du kannst aussteigen“, meinte er an Yasmin gewandt. „Weißt du, wo dein Papa arbeitet?“
Das Mädchen nickte, sprang aus dem Fahrzeug und rannte davon. Erleichtert beobachtete Franco, wie das Kind zwischen den parkenden Fahrzeugen verschwand. Seine Aufgabe war beendet. Er hatte mit dem Mädchen nichts mehr zu schaffen.
Was nun? Zurück zu FUOP-TECH? Bei dem allgemeinen Chaos müsste es möglich sein, in die Firma einzudringen. Vielleicht kam er ja an ein paar Informationen über den Androiden. Einfach würde es wohl nicht werden – wahrscheinlich brauchte er ein Dutzend Passwörter oder so, aber darüber würde er sich später den Kopf zerbrechen.
Mit etwas Glück hatte er schon ein paar Hinweise gefunden, bis Oliver sich endlich wieder meldete. Der Boss konnte ja nicht ewig wegbleiben – es sei denn, er hatte sich mit dieser Krankheit angesteckt.
Franco warf einen langen Blick auf die Fahrzeuge auf dem Parkplatz. Ihm war plötzlich unbehaglich zumute. So schnell er konnte, wendete er sein Auto.
Plötzlich trat er auf die Bremse. „Das gibt’s doch nicht“, murmelte er und rieb sich die Augen, wozu er seine Brille nach oben schieben musste. Ein auffälliges gelbes Sportcoupé kam ihm entgegen und parkte im Schatten zwischen zwei Laternen. Franco wendete erneut und stellte sich hinter den Wagen. Er beobachtete, wie die Fahrertür des Autos aufging und der Androide ausstieg. Franco duckte sich und folgte ihm mit seinem Blick. Als der Roboter aus seinem Sichtfeld verschwunden war, schlug er
Weitere Kostenlose Bücher