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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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triumphierend mit der Faust auf sein Lenkrad und verließ ebenfalls sein Fahrzeug.
    Er hatte eine zweite Chance bekommen. Diesmal würde er sie sich nicht entgehen lassen.
     
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    Ben lief unsicher an den Zelten vorbei auf das Hauptgebäude der Klinik zu. Er hatte gehofft, dass ihm jemand helfen konnte, den Kranken hineinzutragen, aber inzwischen glaubte er nicht mehr daran. Wohin er auch blickte, sah er Kranke. Nur Kranke. Weit und breit waren weder Ärzte noch Pfleger zu entdecken, die sich um sie kümmerten. Auch keine Pflegeroboter.
    Am Eingang angekommen, spähte er vorsichtig in die Empfangshalle. Er erkannte sie kaum wieder. Schwer vorstellbar, dass es sich um die gleiche Halle handelte, die er vor zwei Tagen besucht hatte.
    Inmitten der vielen Klappbetten standen zwei Menschen in Schutzanzügen und redeten miteinander. Das musste wohl Klinikpersonal sein. Es war allerdings fraglich, dass er sie überzeugen konnte, ihm zu helfen. Nicht bei der Masse an Kranken und Sterbenden allein in diesem Raum.
    Neben dem Eingang befand sich ein Behälter mit Schutzanzügen. Ben ignorierte ihn und betrat das Gebäude. Es roch nach Gummi und Desinfektionsmitteln. Die erste Person im Schutzanzug verschwand gerade im Treppenaufgang. Jetzt machte Ben auch die Pflegeroboter aus, die zwischen den Klappbetten reglos im Weg standen. Aus irgendeinem Grund hatten sie ihre Arbeit eingestellt. Ben tippte einem von ihnen auf die Schulter. Keine Reaktion.
    Aufmerksam spähte er nach allen Seiten, ob ihm jemand folgte oder beobachtete. Dann ging er auf die zweite Person im Schutzanzug zu. Es handelte sich um eine Frau. Sie hatte sich zu einem Mädchen heruntergebeugt, das auf einem der Betten saß und redete mit ihm. Dumpf drang ihre Stimme durch die Schutzmaske. Obwohl Ben ihr Gesicht nicht richtig erkennen konnte, glaubte er nicht, dass es sich um die Ärztin handelte, die ihn der Polizei verraten hatte.
    „Du kommst erst einmal mit!“, sagte die Frau zu dem Mädchen. Das Kind nickte zaghaft. Die Frau sah auf. „Brauchen Sie Hilfe?“, fragte sie freundlich an Ben gewandt, der in einigen Metern Entfernung von ihr stehengeblieben war.
    Ben zögerte. „Da ist jemand, der sich vielleicht mit HMO A16 angesteckt hat“, versuchte er zu erklären. „Können Sie ihm helfen?“
    Die Frau sah sich bedauernd um. „Es gibt noch keine Medizin gegen die Infektion“, sagte sie. „Und auch keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten. Sie können ihn natürlich hierlassen, aber –“ Sie sah sich um. „Vielleicht ist es besser, Sie bringen ihn in seine Wohnung. Kennen Sie ihn? Wissen Sie, wo er wohnt?“
    Ben nickte. Er betrachtete die mit Klappbetten vollgestellte Eingangshalle, die vielen Kranken, um die sich keiner kümmerte und entschied, dass die Frau Recht hatte. Dass es besser wäre, mit Max zurück ins Schloss zu fahren. Dort würde er sicher ein Zimmer für sich bekommen, sodass er niemanden ansteckte.
    „Ja, dann mach ich das.“ Er wandte sich zum Gehen.
    „Nehmen Sie sich einen der Schutzanzüge“, rief die Frau ihm nach. Ben lief an dem Behälter vorbei.
     
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    Dr. Georg Eisenberg hatte nie promoviert. Vielmehr hatte er seine guten Kontakte ins Ausland und seine nicht unerheblichen finanziellen Mittel genutzt, um an den Titel zu gelangen. Im Laufe seines Lebens hatte er manches auf diese Art erworben und immer war es gut gegangen. Er war schlau genug, sich die Schlupflöcher zu suchen, die es in jedem System gab und sich halbwegs legal durch Recht und Gesetz zu mogeln. Für jemanden wie ihn war dieser Weg der einfachste, um voran zu kommen.
    So war er in den Wirren der Finanzkrise auch an jene siebzehn Millionen Euro gelangt, mit denen er Navals Experimente finanziert hatte und obwohl er später einen lächerlichen Betrag an die Bank zurückzahlen musste, war genug übrig geblieben, dass sich die Sache gelohnt hatte. Mehr als gelohnt. Genauso war es bei der Firma gewesen. Seiner Firma. Das war sie zumindest nach außen hin.
    Wen interessierte es, dass Alexander Naval im Hintergrund die Fäden zog? Ihn bestimmt nicht. Für ihn war die ganze Arbeit sogar wesentlich einfacher geworden. Alexander hatte mehr Ahnung von den Geräten, von der Roboter- und Hardwareproduktion, von den Transferprozessen, sogar von der Unternehmensführung.
    Eisenberg sah das vollkommen ein: Alexander hatte einen Blick für das große Ganze. Er war gleichermaßen Wissenschaftler und Unternehmensführer, während er, Eisenberg, sich vor allem

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