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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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Dunkelheit fraß. Er konnte nicht erkennen, welche Gebäude brannten, möglicherweise der Bahnhof oder die Polizeiwache. Vielleicht das Rathaus.
    Möglicherweise alles zusammen.
    Ihm war plötzlich übel. Er verließ die Wohnung und lief in den Keller, wo sein altes Fahrrad stand. Hoffentlich funktionierte es noch.
    Das Fahrrad war einsatzbereit. Simon klemmte es sich unter den Arm und trug es nach draußen. Die Luft roch verbrannt. Aschepartikel regneten auf ihn herab und verstärkten seine Übelkeit. Einen Moment lang hielt er inne, bevor er sich auf den Sattel schwang. Das würde keine gemütliche Fahrradtour werden, soviel stand fest. Er zog den Schal vors Gesicht und fuhr los, zwang sich, nur auf den Weg zu achten, der vor ihm lag und seinen Blick nicht ins Stadtzentrum zu den brennenden Gebäuden schweifen zu lassen. Er wollte von ihrem Anblick nicht aufgehalten werden.
    Simon begegnete nur wenigen Menschen, aber darüber wunderte er sich nicht. Die Klinik lag in der anderen Richtung. Außerdem herrschte Ausgangssperre und die meisten Kranken waren zu schwach, ihre Wohnung zu verlassen. Trotzdem bemerkte er etliche leblose Körper auf dem kalten Fußweg und er beeilte sich, an ihnen vorbeizufahren.
    Ein Mann sprang ihm in den Weg. Simon trat auf die Bremse und kam knapp vor ihm zum Stehen. Fast wäre er über den Lenker auf den Fußweg gestürzt.
    „He, was soll das?“, rief er ärgerlich.
    Der Mann streckte seine Hand nach dem Lenker aus. „Du darfst da nicht lang“, krächzte er. Er trug einen ungepflegten buschigen Bart. Die langen Haare waren zu einem dünnen Pferdeschwanz zusammengebunden. Seine Outdoorjacke zerrissen. Der Reißverschluss stand offen, die Kapuze hing schief nach einer Seite.
    „Lass den Lenker los!“, knurrte Simon. Der Mann zögerte, ließ das Fahrrad dann aber los. Er fuhr sich durch seinen Bart. „Noch hundert Meter und du läufst denen direkt in die Arme. Kehr lieber um!“
    „Ich weiß nicht, was du meinst“, knurrte Simon und trat kräftig in die Pedale, um dem Mann keine Chance zu bieten, erneut zuzupacken.
    „Die hätten mich fast gekriegt“, brüllte ihm der Mann hinterher. „Glaub nicht, dass du auch soviel Glück hast!“
    Simon raste davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
     
    •
     
    „Langsamer!“, brüllte der Fremde hinter Ben und schlug mit seiner Waffe gegen den Fahrersitz. „Fahr langsamer, verflucht!“ Der Junge reagierte nicht. Das Auto raste über eine Bodenwelle, verlor für einen Moment den Bodenkontakt und setzte hart auf. Ben spürte, dass die Waffe von seinem Nacken genommen wurde. Er hörte, dass der Gurt hinten einrastete. Der Fremde hatte sich angeschnallt. „Dafür mache ich dich fertig“, zischte der Mann wütend.
    Ben raste weiter. Die Straße führte ihn unglücklicherweise zurück in die Innenstadt. Wenn er nicht abbiegen wollte – und dazu war der Wagen viel zu schnell – musste er einen weiten Kreis fahren, um später wieder auf die Ausfallstraße zu kommen. Das wäre ihm egal gewesen, wenn es sich um einen gewöhnlichen Umweg gehandelt hätte. Aber das Stadtzentrum brannte. Der Himmel glühte. Er würde nicht mehr weit kommen. Und die Flammen kamen unaufhörlich näher. Sie fraßen die Stadt, ohne satt zu werden. Ein schwacher Rauchgeruch drang in den Wagen.
    Wahrscheinlich hat der Brand den Stromausfall verursacht , dachte Ben.
    Bald wurden die Häuser höher, die dunklen Reklamebildschirme zahlreicher. Der Rauchgeruch intensiver. Weiter! Bloß nicht anhalten!
    „Hast du das gesehen?“, fragte der Mann auf der Rückbank plötzlich. Ben reagierte nicht. Ein Polizeiwagen stand mit eingeschaltetem Blaulicht schräg auf der Straße und er schaffte es nur mit knapper Not daran vorbei zu fahren.
    „Ob du das gesehen hast?“, blaffte der Fremde. Sein Ton wurde aggressiver, doch es klang Nervosität mit. Ben antwortete nicht, schüttelte nur kurz den Kopf. Er wusste nicht, was der Mann meinte – den Polizeiwagen vielleicht oder die Toten auf den kalten Fußwegen. Er hatte keine Lust auf ein Gespräch, schon gar nicht mit dieser widerlichen Qualle. Doch dann fiel ihm etwas auf: Die Menschen wirkten, als hätte der Tod sie vollkommen überrascht. Ihre Körper waren unnatürlich verdreht, die Arme abwehrend über den Köpfen verschränkt. Manche waren so schwer verletzt, dass es sogar vom Wagen aus zu erkennen war.
    Ben verringerte unwillkürlich die Geschwindigkeit. „Das war nicht HMO A16“, stellte er fest. Ihm war eiskalt. Er

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