Götterdämmerung (German Edition)
zwischen den Vordersitzen in den hinteren Bereich des Fahrzeugs, während weitere Geschosse in den Van einschlugen. Nick stupste ihn mit der Nase an, als wolle er ihn aufmuntern. Tom öffnete das Bodenfach. Dort lag sein Sturmgewehr mit dem EMP-Granatwerferaufsatz. Er holte die Waffe heraus. Sie war noch nicht schussbereit. Das EMP musste sich erst aufladen.
Vierzig Sekunden. Das war viel zu lange.
Von seiner Position aus konnte er die Roboter nicht mehr sehen. Angespannt starrte er auf das Display und zählte mit dem Gerät gemeinsam rückwärts.
Dreißig . Die Zeit verging so langsam, dass Tom sich fragte, ob das EMP defekt sein könnte.
Er zählte weiter, während er den Abzug berührte und die Waffe nach oben richtete.
Mach schon!
Plötzlich spürte er einen heißen Schmerz im linken Oberarm. Der Geruch von verbranntem Stoff drang in seine Nase. Durch den Ärmel seiner Jacke konnte er jedoch nicht viel erkennen.
Sie müssen gleich da sein , dachte er. Ich bin so gut wie erledigt.
Vorsichtig öffnete er die linke hintere Tür, das Gewehr in der Hand. Die Straße vor ihm schien leer zu sein. Nick, der neben ihm stand, knurrte. Dann sprang er aus dem Wagen. Tom streckte die Hand aus, um ihn festzuhalten, doch der Hund war schneller.
Tom kroch aus dem Auto, den verletzten Arm wie einen Fremdkörper hinter sich herziehend. Nick befand sich bereits außer Sichtweite. Tom hörte nur sein Bellen, lauter als jemals zuvor. Offenbar wollte das Tier die Aufmerksamkeit der Maschinen auf sich lenken.
Tom schleppte sich über die Straße und suchte hinter einem Mauervorsprung Deckung. Erneute Schüsse. Bellen. Jaulen.
Noch Zehn Sekunden . .
Das Jaulen ging in ein Winseln über. Dann war es still. Wenige Augenblicke später allerdings verriet ihm ein leises Stapfen, dass die Roboter näher kamen. Tom hoffte, dass sie sich zunächst mit dem Van beschäftigen würden.
Null.
Er richtete die Mündung des EMP-Werfers auf die Straße, dorthin wo sein Fahrzeug stand. Dann zog er den Abzug durch. Eine Granate löste sich aus der Waffe, flog sirrend auf die Straße zu und explodierte mit einem unspektakulären Geräusch. Das typische Knistern folgte.
Tom wartete. Er befürchtete dass noch mehr Roboter auftauchten. Und das würden sie auch. Hatte nicht jener X von einer Armee geschrieben? Die Frage war nur, wie viel Zeit ihm blieb.
Er strich über seinen EMP-Aufsatz und startete den nächsten Ladevorgang. In seinem Kopf hörte er sein Blut so laut rauschen, als würde es kochen. Er wartete weitere vierzig Sekunden, dann verließ er sein Versteck.
Die Roboter standen neben dem Fahrzeug, erstarrt in ihrer letzten Bewegung. Es waren vier, wie Tom jetzt erkannte.
Er lief weiter, vorbei an seinem Fahrzeug, tauchte in die Schatten der Häuser, wo es möglich war. Er musste nur wenige Meter zurücklegen, bis er seinen Hund fand.
Nick lag mitten auf der Straße. Sein metallener Körper schimmerte durch das versengte Fell. Tom betrachtete das Tier mit versteinertem Gesicht. Nick war viel mehr für ihn gewesen als eine Maschine. Er war sein Begleiter, ein Freund. Die Kugeln in seinem Rücken hatten eigentlich Tom treffen sollen.
Er hockte sich neben das Tier und strich über das heiße versengte Fell. Er brachte es nicht über sich, den Hund einfach mitten auf der Straße liegen zu lassen. Also schleppte er ihn zu seinem Van und legte ihn auf die Rückbank.
Danach betrachtete Tom seinen linken Arm. Der Ärmel seiner Pilotenjacke war blutgetränkt, aber im Moment hatte er keine Schmerzen. Er spürte den Arm überhaupt nicht. Trotzdem musste er die Blutung stillen,
Im Kofferraum fand er einen Erste-Hilfe-Koffer und eine kleine Flasche Rum. Er nahm Verbandsmaterial und Desinfektionsspray aus dem Koffer, zog seine Jacke aus und verband notdürftig die Wunde. Anschließend zog Tom sich die Jacke wieder an. Die Flasche steckte er ein. Er brauchte etwas, was das Erlebte zumindest eine Zeit lang aus seinem Hirn katapultierte.
Er warf einen letzten Blick auf seinen Van, dann lief er los. Er musste zur Zentrale.
•
Ben hatte es geschafft, einen flüchtigen Blick auf den Fremden zu werfen. Mit seinem runden schwammigen Gesicht und den verschmierten Brillengläsern erinnerte er ihn an eine überdimensionale giftige Qualle. Der ausgestreckte Arm hatte etwas Tentakelhaftes. Ben überlegte, woher er den Mann kannte. Dann fiel es ihm ein: Der hatte doch am Vormittag am Eingang der FUOP-TECH-Zentrale gewartet! Kein
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