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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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und küsste ihn auf seinen schmutzigen Mund.
    Simon schob sie sanft beiseite. Er wollte im Moment nur eines: sich seine Hände waschen, mit sauberem Wasser und Seife und so heiß, dass die Haut sich rötete. Er lief ins Bad. Aus dem Wasserhahn kamen nur einzelne graubraune Tropfen, begleitet von einem unangenehmen fauligen Geruch. Durch das kleine Milchglasfenster drang Dämmerlicht in den Raum. Es hatte die gleiche Farbe wie die letzten Wassertropfen. Simon nahm ein Handtuch und wischte sich die trockenen Hände daran ab. Er fühlte sich nicht besser danach.
    „Kein Wasser“, sagte er zu Isabelle, die ihm zur Tür gefolgt war.
    „Ja. Schon seit ein paar Stunden.“
    Simon stöhnte. „Erst der Strom, dann das Wasser. Was denn noch?“
    „Du bist da, alles andere ist unwichtig.“ Er sah sie an. Sein Blick streichelte zärtlich ihr Gesicht.
    „Wo ist Yasmin?“, fragte er dann. „Wir müssen raus aus der Stadt.“
    „Sie schläft.“ Isabelle deutete auf die halboffene Schlafzimmertür. Simon riss die Tür auf, um das Mädchen zu wecken, aber Isabelle hielt ihn am Ellenbogen fest.
    „Warte!“, flüsterte sie. „Es ging ihr nicht besonders in den letzten Stunden.“
    Simon löste sich aus Isabelles Griff. „Was meinst du damit?“.
    „Ich bin nicht sicher.“ Isabelle runzelte die Stirn. „Ich glaube, sie hat sich mit HMO A16 infiziert.“
    Simon drehte sich ruckartig um. „Wir müssen hier weg“, sagte er, ohne auf Isabelles Äußerung einzugehen. Er lief in die Küche, wo er hastig Tüten und Kisten zusammensuchte. Dann riss er den Kühlschrank auf und starrte auf die wenigen Lebensmittel, die sich darin befanden: Milch, ein angebissenes, belegtes Brötchen, drei Eier. Nichts weiter. Er kippte sich einen Teil der Milch direkt in seinen trockenen Mund. Die Milch schmeckte schal, aber Simon schluckte so hastig, dass es ihm nicht auffiel. Anschließend stellte er die angebrochene Packung auf die Arbeitsplatte, legte die Eier daneben, schloss die Tür und lehnte sich dann mit vor dem Kopf verschränkten Armen dagegen.
    Nicht an Yasmin denken , befahl er sich. Nicht durchdrehen!
    Er hatte gedacht, er könnte es schaffen. Er wollte seine Tochter in Sicherheit bringen. Gemeinsam mit ihr und Isabelle aus der Stadt verschwinden, irgendwohin, wo sie nicht verfolgt wurden. Er hatte wirklich geglaubt, dieses Ziel wäre erreichbar und er stünde ganz kurz davor. Aber er stand nicht kurz vor dem Ziel. Der Horror hatte gerade erst begonnen.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Simon zuckte zusammen.
    „Isabelle“, sagte er. Es klang, als würde er mit sich selbst sprechen. Er hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie ihm gefolgt war. „Ist das etwa alles, was du an Lebensmitteln hast?“, stieß er hervor.
    „Es gibt noch eine paar Bonbons für Yasmin.“ Sie wies auf das kleine Fach, in dem sie ihre Vorräte aufbewahrte. „Simon! Ich –“
    „Bonbons? Wie viel Wasser?“
    „Zwei Flaschen.“
    „Na toll. Wie sollen wir so über die Runden kommen?“
    „Hör zu!“, sagte Isabelle eindringlich. Sie suchte seinen Blick, bevor sie weitersprach. „Ich habe gehört, dass sie ein Gegenmittel gefunden haben und es auf den Straßen verteilen.“
    Simon richtete sich auf. „Ein Gegenmittel wirklich? Wo?“
    „Das weiß ich nicht. Wir müssen eben danach suchen. Es wird von mobilen Regierungstruppen verteilt.“
    „Das … Das ist ja wunderbar“, erwiderte Simon. Er spürte seine Zuversicht zurückkehren und überlegte, wo sie mit der Suche beginnen könnten. Auf seinem Weg durch die Stadt waren ihm keine Regierungstruppen begegnet. Nur flüchtende Menschen, Kranke und Tote. Und unzählige Roboter.
    „Woher weißt du das?“, fragte er. „Funktioniert dein Computer noch? Oder dein Radio?“
    Isabelle nickte. „Bis vor kurzem jedenfalls, ja. Sie haben es auf einer Sonderfrequenz gefunkt.“
    „Okay. Dann lass uns so schnell wie möglich losfahren.“
    Isabelle nickte und verpackte die wenigen Lebensmittel, während Simon Yasmin weckte.
     
    •
     
    Nadja versteckte sich hinter dem breiten Körper von HYP 33 und versuchte, den Blicken der noch an der Türschwelle verharrenden Roboter zu entgehen. Jeden Moment musste es losgehen. Sie wusste, dass sie sich ducken und zu Boden werfen würde, wenn die Maschinen zu schießen begannen. Genauso würde sie reagieren, aber es wäre vollkommen nutzlos. Aus dem Raum kam sie nicht heraus. Es gab keine Hintertür und kaum Versteckmöglichkeiten. Und der einzige

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