Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
Vom Netzwerk:
ungeheuren Tür, auf der das emaillierte Sachsenross von Blankenburg glänzte, die verschiedenen Zahlenkombinationen eingab. Alle hefteten ihre glänzenden Augen darauf; die Konzentration und die Aufmerksamkeit in den Gesichtern stiegen; tiefste Stille trat ein, als Seine Hoheit endlich das letzte Schloss öffnete.
    Instinktiv wichen sie zurück; nie zuvor hatte sich ihren Augen ein glänzenderes, prunkvolleres, ergreifenderes Schauspiel dargeboten, nicht einmal in ihrer Fantasie. Im unteren Fach, das schon allein so breit und tief wie ein mittelgroßer Alkoven war, lagen stapelweise Banknoten und tausenderlei Arten von Staatspapieren, von Städten und Gesellschaften, alles unordentlich durcheinandergeworfen, sodass sie ein Chaos verschwenderischen Reichtums bildeten, das auf Herrn Smithson wartete, der allein in der Lage war, es zu ordnen.
    Das Bargeld lag obenauf in großen Louisdor-Stapeln, einige davon waren umgestürzt und formten einen Pfuhl, aus dem der Herzog täglich sein Taschengeld schöpfte; das riesige Oberteil des Tresors war dem Schmuck, dem Tafelgeschirr und den Goldschmiedearbeiten vorbehalten, die allesamt mit unvergleichlichem Pomp ausgebreitet waren. Was hier an Juwelen, Diamanten, Perlenschnüren, an unschätzbaren Einfassungen aus dem Schatz der früheren Herzöge, an grünen Samtsäcken voller Edelsteine, Kuriositäten und Raritäten lag, es hätte die Geduld über Stunden strapaziert, sie alle aufzuzählen. Doch das Schönste war der mit hellrotem Satin gepolsterte Fond, der glänzte von Smaragden, Saphiren, herrlichen Brillanten und kreisförmig eingefasst war von wunderschönen Rubinen. Die Helligkeit dieser Anhäufung von Diamanten war unglaublich; ihre Anordnung war komponiert wie eine Art mysteriöser Sonne, deren Glanz die Augen blendete; und die absolute Stille im dämmrigen Abendlicht vor diesen unerhörten Reichtümern zeigte an, welch tiefe Grübelei die Gedanken aller ergriffen hatte.
    «Bei Gefahr», ergriff der Herzog mit gedämpfter Stimme wieder das Wort und zeigte dabei auf den weit offenen Schrank, «kann er mit Hilfe von Ketten und Gewichten im Keller versenkt werden.»
    Dies war der einzige Satz, der gesprochen wurde. Bewegt, bedrückt wie sie waren, hätte das geringste Wort ihr Befinden enthüllt. Sie konnten sich noch so sehr zusammennehmen, die Gier zeigte sich auf den Gesichtern; Otto, Ulrich und Christiane nahmen alle drei kaum wahr, was sie sahen, aber was die übrigen Anwesenden betraf, ihre sich häufig verändernde Haltung, ihre dunklen oder verstörten Blicke, das Bemühen, sich nicht in die Augen zu sehen, um die Entdeckung deren beredten Feuers sie fürchteten, die Seufzer, die hie und da wie verstohlen zu hören waren, so sprach ihr Verhalten trotz all ihrer Anstrengungen Bände.
    Der gute, ganz verdutzte d’Andonville hatte vor Erstaunen die Brauen hochgezogen und wusste gar nicht, wie ihm geschah; Baron Cramm lächelte neidzerfressen mit sichtbarer, ihm aus allen Poren triefender Angst; und sogar Franz, sonst immer recht ungezwungen, warf Emilia nicht mehr seine bedeutungsschweren Blicke zu. Ein beredtes und tiefes Schweigen, in dem sich niemand bewegte, hatte sich über das Gemach gesenkt. Der Graf von Oels, dessen funkelnde Augen sich am Tresor weideten, zeigte auf seinem Gesicht eines Geächteten, den Geiz und die ihn beherrschende Gier, als wären sie voller Entsetzen darauf gemalt worden; und durch die Verblüffung hindurch konnte man sie nicht weniger deutlich auf dem Gesicht von Emilia erkennen …
    Da durchzuckte ein und derselbe Gedanke Arcangeli und Giulia, und sie sahen sich an; der Italiener war nervös und steif, woran man merkte, dass er sich mit seinem Urteil im allgemeinen Aufruhr bewusst zurückhielt; sie wirkte noch ungezwungener, war nur ein bisschen blass, mit einem inneren Feuer, das aus ihren Augen blitzte und das Gesichter und Herzen durchdrang. In ihren Blicken loderten gegenseitige Verachtung, Herausforderung und Kampfbereitschaft, dann sahen beide weg; Giulia hatte sich gerade geschworen, dass diese Schätze eines Tages ihr gehören würden. Von Hoffnung, Habgier und Selbstsucht durchdrungen, wusste ihr aufs Äußerste geweitetes Herz nicht mehr, wohin es sich wenden sollte … Diese Schätze würden ihr gehören … Und der Blick der Sängerin umfing Ulrich und Christiane, die beide traurig und nachdenklich waren und möglicherweise in fernen Gefilden weilten, dann fiel er in sonderbarer Weise auf Graf Otto, der an die Decke

Weitere Kostenlose Bücher