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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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um.
    Olaf der Starke starrte das zerbrechliche Mädchen mit der komischen Frisur an wie einen Geist. Eben hatten er und seine Mannschaft noch die sturmgepeitschte Nordsee durchrudert, und jetzt saßen sie plötzlich in einem sehr, sehr eigenartigen Kerker. Erik der Fischwürger, der auf dem Stuhl direkt neben Katrin Schweiger gelandet war, fasste der Auszubildenden neugierig in die Haare und bekam darauf einen helmerschütternden Schrei zu hören.
    «Ruhe!», befahl Olaf und stampfte vor den Tisch des verstörten Mädchens. «Du», sagte er und hielt ihr einen dicken Zeigefinger ins Gesicht. «Wo sind wir denn hier?»
    Katrin versuchte es noch mal mit Schlucken. Sie hätte die Frage gern zurückgegeben.
    «Ich … glaube …», krächzte sie, «bei der Allianz.»
    «Der Allianz? Gegen wen?»
    «Der Allianz-Versicherung … Abteilung Autohaftpflichtversicherungen. Schadensregulierung.»
    «Sie ist eine Hexe», brummte Rollo der Schwarzseher.
    «Quatsch!» Olaf setzte sich auf die Tischplatte, die knirschend protestierte, und sah das zopflose Mädchen interessiert an.
    «Erklär mir, was das ist, eine Versicherung.»
    Katrin Schweiger klammerte sich an die Schubladenunterseiten. Sie schluckte noch einmal. Dann versuchte sie es. So einfach wie möglich.
    «Eine Versicherung. Wir … Also, das ist so … Wir bekommen Geld von vielen Leuten, damit wir denen, falls was passiert, helfen können. Also, wenig Geld von ganz vielen, damit wir dann den wenigen, denen was passiert, viel Geld geben können …»
    «Aha», brummte Olaf und nickte. «Verstehe. So eine Art … gemeinsame Stammesschatztruhe, ja? Wenn einer krank wird, dann helfen ihm die anderen.»
    «Ge… genau, ja.»
    «Mmmh. Mmmh. Gute Idee. Magnus?»
    Magnus der Ruderzähler spuckte den Plastik-Garfield aus, den er auf seinem Schreibtisch entdeckt hatte. «Ja, Olaf?»
    «Merk dir das. Wir tun alle einen Teil unserer Beute in eine gemeinsame Truhe, und wenn einer von uns krank wird, dann kaufen wir ihm davon Met.»
    Magnus schob den Kinnbart vor und nickte. «Gute Idee.»
    «Sag ich ja.» Olaf wandte sich wieder an das zitternde Mädchen. «Und weiter?»
    «Äh … was, weiter?»
    Das Telefon auf Magnus’ Tischplatte düdelte leise sein albernes Signal in das Großraumbüro. Der Wikinger stand auf, zog seinen Säbel und holte weit aus. Katrin Schweiger kreischte. «Nicht!»
    «Was ist das?», fragte Olaf und zeigte auf das Telefon.
    «Ein … ein Telefon. Man spricht hinein. Man nimmt den Hörer ab und spricht hinein.»
    «Magnus, nimm den Hörer ab und sprich da rein.»
    Magnus stieß das Düdelding argwöhnisch über den Tisch. Der Hörer löste sich und polterte auf die Platte. Eine Stimme quakte in den Raum. «Ja, hallo? Herr Schneidegger? Hallo?»
    Olaf der Starke schubste den verdatterten Magnus zur Seite und drückte sich den Hörer misstrauisch ans Ohr. «Hallo?»
    «Ja, Schulz, Herr Schneidegger, ich rufe noch mal an … wegen meines Unfalles vom dritten Januar vorletzten Jahres. Äh … Ihr Versicherungsnehmer, der Herr Krall, hatte mich seinerzeit angefahren, und ich warte jetzt schon seit … längerem auf mein Geld, obwohl Sie mir schon mehrfach … versichert haben, die Überweisung sei ausgeführt. Ich meine, ich weiß ja, dass Sie viel zu tun haben, aber wenn ich den Rollstuhl nicht bald bezahle, wird er wieder abgeholt, und was soll ich dann machen, ich meine, ich kann doch nicht ins Krankenhaus …
robben
 …»
    «Was tun Sie da drin?», fragte Olaf, der zwar ein sehr aufgeschlossener Wikinger war, aber trotzdem nicht fassen konnte, wie der Mann in das komische Ding kam.
    «Wie bitte? Sind Sie nicht Herr Schneidegger?»
    «Ich bin Olaf der Starke.»
    «Oh.»
    «Was wollen Sie?»
    «Herr … Herr Derstarke, ich will mein Geld.»
    «Sind Sie ein Mitglied des Stammes?»
    «Was? Doch, ja … könnte man sagen …»
    «Und wie viel brauchen Sie von diesem … Geld?»
    «Erst mal … Zwölftausendeinhundert Euro und sechsundneunzig Cent.»
    Olaf ließ den Hörer sinken und wandte sich an Katrin Schweiger. «Haben wir zwölftausendeinhundert … Euros?»
    Sie nickte. Olaf drückte sich den Hörer wieder ans Ohr.
    «Wir haben zwölftausendeinhundert Euros. Also komm da raus, und hol dir dein Geld.»
    Schweigen.
    «Ich … könnte jemanden vorbeischicken … äh … jetzt gleich?»
    «Brauchst du es nicht jetzt gleich?»
    «Doch.»
    «Dann hol es dir.»
    Olaf starrte den Hörer noch ein Weilchen unschlüssig an und legte ihn dann

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