Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
gehört.«
»Es ist aber wirklich wichtig!«
»Was geht das mich an? Ich stelle hier Söldner ein, für Auskünfte bin ich nicht zuständig.«
»Ich versichere Euch …«
»Raus mit dir, mein Junge, und komm nicht wieder – du würdest es nur bereuen.«
Enttäuscht von dem Fehlschlag verließ Kel das Haus von Ares.
Indem sich Demos und Starrkopf in Naukratis versteckt hielten, waren sie in der Nähe der Hauptstadt und doch außer Reichweite.
Ganz in Gedanken lief Kel einer Fußgängerin in die Arme – einer schönen, groß gewachsenen, etwa dreißigjährigen Frau, die ihr langes duftendes Haar zu einem Knoten hochgesteckt hatte und sehr viel Schmuck trug.
Die wartenden Männer waren auf einmal still. Jeder bewunderte diese wunderschöne und doch offensichtlich unerreichbare Frau.
»Entschuldigt, bitte«, stotterte Kel.
»Schon gut, wolltest du dich hier melden?«
»Ja und nein, ich …«
»In Naukratis haben wir schon mehr als genug Soldaten. Was wir wirklich brauchten, sind gute Schreiber. Du kannst nicht zufällig lesen und schreiben?«
»Doch.«
»Ich heiße Zeke, aber man nennt mich hier nur die Dame, weil ich die reichste Geschäftsfrau in dieser Stadt bin, ledig bin und frei lebe. Für die Griechen bedeutet das die reinste Unzucht. Sie können sich nicht daran gewöhnen, dass die Ägypterinnen viele Rechte genießen, und wollen vor allem nicht, dass diese Rechte auch für ihre Frauen gelten. Die meisten von ihnen würden uns gern verschleiern und zu Hause einsperren. Die sexuelle Sklavin ihres Gatten, seine Köchin und Haushälterin und gute Erzieherin seiner Söhne … Ich bin in Sparta geboren, genieße das Leben hier in Naukratis in vollen Zügen und verstecke mich nicht. Nachdem ich gerade Ländereien und Weinberge gekauft habe, brauche ich jetzt einen Verwalter. Wärst du in der Lage, diese Arbeit zu übernehmen?«
»Das glaube ich nicht.«
»Merkwürdig – irgendwie glaube ich genau das Gegenteil. Wollen wir nicht wenigstens einmal darüber sprechen?«
»Wenn Ihr unbedingt wollt.«
»Gut, dann gehen wir zu mir.«
Kel war wahrscheinlich der einzige Mann auf der Welt, der dem Zauber der betörenden Zeke nicht erlag. Er ging nur mit ihr mit, weil er von ihr irgendetwas zu erfahren hoffte, was ihn auf die Spur von Demos und dem ehemaligen Milchhändler bringen würde.
Die zukünftigen Söldner sahen zu, wie das Paar sich entfernte.
»Bei Aphrodite, der Knabe verblüfft mich!«, sagte einer von ihnen erstaunt. »Wie hat er es nur geschafft, dieses sagenhafte Weib zu verführen?«
»Den wird sie bald wieder vor die Tür setzen, wart's nur ab«, meinte sein Freund.
31
D as Haus der Dame Zeke lag mitten in der Stadt und hatte vier Stockwerke. Der Eingang wurde Tag und Nacht von einem Pförtner bewacht. Er verneigte sich tief vor seiner Herrin, als diese in Begleitung eines neuen Verehrers das Haus betrat, der wesentlich jünger als seine Vorgänger war. Die Lust der schwerreichen Frau auf Liebschaften schien unstillbar zu sein.
»Ich verabscheue das Landleben!«, gestand sie ihrem Schützling. »Da gibt es viel zu viele sonderbare Tierchen.«
Im Erdgeschoss versorgte eine Weberei die Schöne mit maßgeschneiderten Kleidern, Wäsche, Betttüchern und Kopfkissen. Bäcker und Brauer stellten jeden Tag frisches Brot und Bier her, und in einem Essraum konnten sich die Bediensteten stärken.
Im ersten und zweiten Stock waren die Wohnräume, Bäder und Toiletten untergebracht, im dritten die Arbeitszimmer, der vierte Stock diente als Speicher, wo Unterlagen und Lebensmittel gelagert wurden.
Die Einrichtung war über die Maßen prunkvoll: hohe Lehnsessel mit Armlehnen, niedrige Sitze aus Edelholz, mit floralen Mustern geschmückte Klapphocker, große rechteckige Tische und kleine runde Truhen und zahllose aufwendig verzierte Kissen. An den Wänden hingen schwere Leinenvorhänge in Grün, Rot und Blau.
»Jetzt essen wir eine Kleinigkeit«, beschloss Dame Zeke.
Sofort eilten zwei Diener herbei, richteten die Speisen auf großen Alabasterplatten an und schenkten Rotwein in gläserne Kelche.
»Heute gibt es eingemachtes Gänsefleisch«, erklärte der Oberkellner. »Es wurde sehr lange in einem Topf mit erstklassigem Fett gekocht. Danach gibt es in heißem Salzwasser hartgekochte Wachteleier. Der Koch hat fein gehackte Zwiebeln und Butter dazugegeben. Lasst es Euch schmecken.«
»Ich esse gern leicht«, sagte Zeke. »Das lange Verdauen stört meinen Arbeitsrhythmus, dafür habe ich
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