Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
nichts zu tun. Dass ich die Wirtschaft in diesem Land mit der Einführung von Sklaverei und Geld verändern will, geschieht nur zu meinem eigenen Vorteil! Reichtümer begeistern mich, und ehe ich sterbe, werde ich nicht aufhören, Geld anzuhäufen.«
»Habt Ihr nicht vielleicht einen oder mehrere Helfershelfer im Palast des Pharaos?«
»Die brauche ich gar nicht. Mein Reich ist hier in Naukratis. Ich habe hohe Würdenträger, ranghohe Offiziere und sogar Priester gekauft. Sie alle fressen mir aus der Hand, um ein Stück von dem Kuchen abzubekommen, der immer größer wird. Und meine Neuerungen werden sich bestimmt auch außerhalb der Grenzen dieser Stadt durchsetzen. Wir Griechen nennen das Fortschritt. Dazu seid Ihr Ägypter mit Eurer Hingabe für die Götter und die Vergangenheit gar nicht fähig.«
»Und was ist mit Amasis' Helm?«
»Ach ja! Wegen dieser Geschichte hatte ich angefangen, von Macht zu träumen. Was für ein Irrtum! Das Einzige, was zählt, ist Geld. Geld ist mächtiger als alle Herrschaftsformen und bricht jedem Kaiser, König oder Prinz das Genick. Ich lasse ihnen jetzt wieder ihre albernen Spielchen und kümmere mich ausschließlich um meine Geschäfte.«
»Dann wisst Ihr auch nicht, wie der Dieb heißt, der den Helm gestohlen hat – der zukünftige Thronräuber?«
»Von dieser Verschwörung und den Verbrechen, die man dir vorwirft, weiß ich nichts und will auch nichts davon wissen. Verlasse Naukratis, Kel, und versuche ja nicht, dich in mein Leben einzumischen. Das würde ich als einen Angriff verstehen und dich nicht noch einmal schonen.«
58
K el bekam ein schnelles Schiff und gelangte in weniger als vier Tagen von Naukratis in Ägyptens größte Stadt, das alte Memphis. Auch wenn Memphis nicht Hauptstadt war, blieb es doch als Bindeglied zwischen Nil-Delta und Nil-Tal der wirtschaftliche Mittelpunkt des Landes.
Der Schreiber bezahlte die Reise, indem er für den Kapitän und seinen Steuermann Briefe an die Verwaltung schrieb.
Das Schiff legte im Hafen mit seinen beeindruckend langen Hafenmauern an. Die weltoffene Stadt Memphis wurde Tag für Tag mit großen Mengen an Waren aus dem Süden wie aus dem Norden beliefert.
Allein und fremd inmitten einer bunten Menschenmenge fragte Kel einen alten Mann, der sich gerade an diesem ständig wiederkehrenden Schauspiel erfreute, nach dem Weg. So fand er ohne Schwierigkeiten zu dem prächtigen Tempel des Ptah, dem Gott des Wortes und der Handwerkskunst. Der Tempel steht in der Nähe der Hochburg mit den weißen Mauern, die von Djoser erbaut wurde, dessen begnadeter Baumeister, Imhotep, auch die Stufenpyramide in Sakkara erbaut hat.
Ein von Sphingen gesäumter Weg führte zu dem kolossalen Pylon am Eingang, der mit Lilienbannern geschmückt die Gegenwart von Ptah verkündete.
Kel folgte einem reinen Priester, der sich an einem Seiteneingang vorstellte, wo Wächter seinen Namen auf eine Anwesenheitsliste schrieben.
»Hier ist meine Zulassung«, sagte der Schreiber und legte den Brief vor, den der Hohepriester von Sais unterzeichnet hatte. »Ich möchte einen griechischen Denker namens Pythagoras sprechen, der hier vor Kurzem eingetroffen sein soll.«
Das Schreiben wurde genau untersucht.
»Komm herein. Ich gehe Pythagoras suchen.«
Der große Innenhof bot bei Festen Platz für Prozessionen und Würdenträger. Zusammen mit anderen Besuchern wartete Kel im Schatten eines Säulengangs.
Der Lärm von draußen drang nicht durch die wuchtige Umfassungsmauer. Ein Ritualist mit einem großer Teller voll frischem Obst überquerte den Hof in Richtung Tempel.
Endlich kam der Wächter in Begleitung eines Mannes zurück, der Kel abschätzig musterte.
»Ich bin Pythagoras. Wer fragt nach mir?«
»Wahibra gab mir den Auftrag, Euch ein vertrauliches Schreiben zu überbringen. Ich soll es Euch auch erklären – an einem Ort, wo uns niemand hören kann.«
Pythagoras versuchte, nicht zu zeigen, wie erstaunt er war.
»Gehen wir in die Wohnung, die mir die Priester des Ptah zur Verfügung gestellt haben. Dort können wir ungestört reden.«
Pythagoras hatte ein einfaches Schlafgemach, ein kleines Arbeitszimmer und ein Bad.
»Hier in Ägypten habe ich gelernt, die Ahnen zu verehren und Maat zu achten«, sagte er zu seinem Gast. »Der seit alters her überlieferte Initiationsritus gehört nicht der Vergangenheit an. Im Gegenteil, er allein sorgt für eine einvernehmliche Zukunft. In Sais war ich sehr dankbar für meinen Lehrer, den Hohepriester
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