Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
nachsehen.«
»Ihr verlasst dieses Haus nicht ohne meine ausdrückliche Erlaubnis«, befahl Nitis.
Bebon streckte sich auf einer Matte aus. Wie seinen Freunden auch wurde ihm nach und nach das ganze Ausmaß der Verschwörung bewusst. Weil er aber nie die Hoffnung aufgab, fragte er sich auch jetzt noch, ob es für Kel und ihn einen Ausweg aus dieser verzweifelten Lage geben konnte.
»Ich habe Nedi in sein Verderben rennen lassen«, klagte er.
»Schließlich war er bereit, dir zu helfen«, wandte Kel ein.
»Schon, aber er wusste nicht, wie gefährlich das sein konnte. Ich fühle mich für seinen Tod verantwortlich.«
»Ich glaube, du siehst das zu düster.«
»Nein. Nachdem man uns eine Falle gestellt hat, muss Nedi unseren Treffpunkt verraten haben. Und wenn er geredet hat, dann nur, weil er gefoltert wurde.«
56
H enats kaltem Zorn zu begegnen, war alles andere als ein Vergnügen. Der Mann, der für den misslungenen Einsatz verantwortlich war, machte einen erbärmlichen Eindruck.
»Meine Leute mussten schwer einstecken«, gab er zu.
»Fünf erfahrene Leute gegen einen einzigen Mann!«, schimpfte Henat. »Willst du dich über mich lustig machen?«
»Kel war nicht allein. Den Berichten zufolge, die allerdings ziemlich wirr sind, hatte er mehrere Helfer.«
»Wie viele?«
»Zwei, drei oder vier. Überaus rachsüchtige und kampferfahrene Kerle.«
»Und sie hatten keine Verluste?«
»Vielleicht einen Leichtverletzten.«
»Und diese ganze schöne Gesellschaft konnte dann auch noch fliehen, obwohl wir diesen Hinterhalt äußerst sorgfältig vorbereitet hatten!«
»Mit diesem Widerstand haben wir nicht gerechnet. Außerdem hattet Ihr ja angeordnet, dass wir den Mörder ins Haus kommen lassen sollten, um ihn dann dort ohne größere Schwierigkeiten festnehmen zu können. Er und seine Bande haben uns aber derart wütend angegriffen, als hätten sie unsere Anwesenheit geahnt.«
Henat verzog sein Gesicht vor Ärger.
Wie konnte der Wachmann Nedi Kel nur warnen? Man hatte ihn wegen auffälliger Nachforschungen verhaftet, und er wurde einem strengen Verhör unterzogen. Aus Angst vor den Schmerzen entschloss er sich, einen geheimen Treffpunkt in der Sache Kel preiszugeben, ehe er einem plötzlichen Herzanfall erlag.
Dieser kleine Schreiber war zäher als erwartet.
Offenbar gab es genug Leute, die ihn bei sich versteckten und vor seinen Verfolgern in Schutz nahmen. Henat ging stets geduldig und planmäßig vor, konnte diese vorübergehende Niederlage aber nur schwer ertragen. Jetzt musste er aus diesem Vorfall lernen und den Flüchtigen in dem Glauben lassen, er könne ihm entkommen. Vertraute er erst einmal darauf, würde Kel irgendwann einen verhängnisvollen Fehler begehen.
»Du hättest nicht kommen dürfen«, sagte Wahibra zu Pef, dem Großen Schatzmeister.
»Ich wollte die Wahrheit aus deinem Mund hören. Stehst du wirklich unter Hausarrest?«
»Der König hat mir verboten, den Tempelbereich zu verlassen. Sollte ich dagegen verstoßen, werde ich ins Gefängnis geworfen.«
»Was wirft man dir vor?«
»Ich habe den Schreiber Kel zur Königin gebracht, damit sie ihn vor Amasis verteidigt.«
»Bist du denn verrückt geworden! Wie kann ein Priester der Göttin Neith so etwas tun?«
»Weil dieser junge Mann unschuldig ist.«
»Hast du dafür unwiderlegbare Beweise?«
»Er hat mich mit seiner Aufrichtigkeit überzeugt.«
»Das ist doch nicht zu fassen! Ein Würdenträger von deinem Alter und deiner Erfahrung – und so leichtgläubig.«
»Vielleicht haben mir ja Alter und Erfahrung bei der Wahrheitsfindung geholfen?«
Der Minister ließ diesen Einwand auf sich wirken.
»Gem ist ein erfahrener und gewissenhafter Richter. Und er behauptet nach wie vor, dass die Beweislast erdrückend ist.«
»Bestand nicht die erste Tat des wahren Mörders darin, den Untersuchungsrichter zu täuschen?«
Pef grummelte nur vor sich hin.
»Gibt es abgesehen von deiner Eingebung noch etwas Greifbares?«
»In Naukratis hat Kel beunruhigende Entdeckungen gemacht, die niemand wahrhaben will. Ganz im Gegensatz zu deinen beruhigenden Versicherungen haben die reichen griechischen Kaufleute dort durchaus nicht die Absicht, ihre Unternehmungen auf diese eine Stadt zu beschränken.«
Der Minister runzelte die Stirn.
»Erklär mir das bitte etwas genauer.«
»Sie wollen die Sklaverei in Ägypten einführen und uns ihr Geld aufdrängen, also ihre Münzen aus Metall nach und nach im ganzen Land in Umlauf bringen.«
»Das kommt
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