Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
Nitis ist verschwunden!«
»Verschwunden … Ist das nicht ein bisschen übertrieben?«
»Ich glaube sogar, dass sie entführt wurde.«
»Habt Ihr Beweise?«
»Nein, nur so eine Ahnung.«
»Das ist aber etwas wenig, mein lieber Menk.«
»Ich habe meine Befürchtungen bereits Richter Gem mitgeteilt.«
»Sehr gut. Er ist genau der Richtige.«
»Ihr aber auch, Henat.«
»Meine Tätigkeit erstreckt sich nicht auf derartige Fälle.«
»Aber Ihr seid doch über alles auf dem Laufenden!«
»Wir wollen nicht übertreiben.«
»Ihr selbst habt mir den Auftrag erteilt, die Würdenträger aus dem Neith-Tempel von Sais auszuhorchen – insbesondere den Hohepriester und die Oberpriesterin der Sängerinnen und Weberinnen. Wahibra ist tot, und Nitis wurde entführt. Wir müssen sie wiederfinden.«
»Eure Berichte haben diese beiden in keiner Weise belastet; sie stellen keine Gefahr für die Sicherheit unseres Landes dar. Überlasst die Sache also Richter Gem, er hat die richtigen Leute dafür.«
Mit diesen Worten ließ Henat den ratlosen Menk stehen und ging in den Speisesaal, wo ihn Siegelbewahrer Udja, einige königliche Schreiber und Richter Gem bereits erwarteten.
Man reichte ihnen ein einfaches, aber gutes Mahl. Henat trank nur etwas leichtes Bier und aß nicht viel. Sie besprachen einige Fälle, die das Eingreifen des Siegelbewahrers und Palastverwalters erforderlich machten; dann zogen sich die Schreiber zurück.
»Wir konnten Kel wieder nicht festnehmen«, berichtete Gem.
»Das hatte ich befürchtet«, meinte Henat.
»Könnt Ihr das bitte erklären«, verlangte der Richter.
»Ich nehme an, dass sich tatsächlich jemand in der stillgelegten Ziegelei versteckt hat, aber war das wirklich dieser Mörder?«
»Niemand anderer als er hätte die Wachmannschaften so narren und eine Strohpuppe an seiner Stelle zurücklassen können«, gab der Richter zu.
»Wenn das so ist, hat er von unserem Vorhaben gewusst.«
Nach dieser Äußerung schwiegen alle bedrückt.
»Machen wir uns doch nichts vor«, riet Udja. »Sollte Henat recht haben, hat Kel Verbündete und Spitzel unter den Wachtruppen. In dem Fall wäre es auch nicht weiter verwunderlich, dass er uns immer wieder entkommt.«
»Dann hätten wir es mit einer handfesten Verschwörung ungeahnten Ausmaßes zu tun«, meinte der Richter. »Dieser Kel will Ägypten an den Rand des Abgrunds bringen und unseren Herrscher stürzen. Der Palastverwalter muss unter allen Umständen dafür sorgen, dass alle Wachen, die für die Sicherheit des Königs zuständig sind, vollkommen zuverlässig sind.«
Henat lächelte ein wenig spöttisch.
»Auf Euren Befehl habe ich nicht erst gewartet, Richter Gem, und jeden Angestellten genau geprüft. Zwei Soldaten, die mir verdächtig erschienen, wurden bereits entlassen. Ihr könnt Euch darauf verlassen, dass mir nichts entgeht. Ich fühle mich persönlich und unter allen Umständen für die Sicherheit des Königs verantwortlich und werde ihn ausschließlich mit Männern umgeben, die vollkommen zuverlässig und jederzeit bereit sind, ihr Leben für ihn zu geben.«
Richter Gem machte ein finsteres Gesicht und leerte auf einen Zug einen Kelch mit Rotwein aus den Oasen.
»Wisst Ihr, dass die Priesterin Nitis verschwunden ist?«, fragte ihn der Siegelbewahrer.
»Einer meiner Zuträger hat mir gerade davon berichtet«, antwortete ihm Henat.
»Das war bestimmt Menk?«, vermutete Gem.
»Bitte erlaubt, dass ich meine Quellen nicht preisgebe.«
»Der König hat Euch befohlen, ohne Einschränkungen mit mir zusammenzuarbeiten!«
»Und ich gehorche seinen Befehlen.«
»Dann sagt mir jetzt, was Ihr über diese neue schreckliche Geschichte wisst.«
»Rein gar nichts.«
»Das kann nicht sein, Henat!«
»Ich bin schließlich nicht allwissend, Richter Gem. Sollte es sich wirklich um eine Entführung handeln, wurde sie sehr gut vorbereitet – und meine Leute haben nichts davon erfahren. Selbstverständlich werde ich in der Angelegenheit ermitteln und Euch auf dem Laufenden halten. Im Gegenzug erwarte ich …«
Henat zögerte.
»Jetzt sagt schon, was Ihr wollt«, verlangte der Siegelbewahrer.
»Wir dürfen nicht ausschließen, dass es sich in dem Fall um die Flucht von einem Helfershelfer des Schreibers Kel handelt. Nitis hat an seine Unschuld geglaubt und sich für ihn eingesetzt. Vielleicht gehört sie zu seiner Bande.«
»Gibt es dafür Beweise oder wenigstens Anhaltspunkte?«, wollte der Richter wissen.
»Nein, ich habe nur die
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