Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
der Mannschaft, der Mitreisenden und des Offiziers vermerkt, der sie überprüfen musste, außerdem eine ausführliche Aufstellung der mitgeführten Waren und jeder Zwischenhalt.
Eine Sache kam Menk merkwürdig vor.
Ein Prunkschiff, die Skarabäus, schien ein Sonderrecht genossen zu haben.
»Hier fehlt der Name des Offiziers«, sagte Menk.
»Ja, tatsächlich«, gab der Beamte zu.
»Wurde er einfach vergessen?«
»So kann man das nicht sagen.«
»Erklärt mir das bitte.«
»Das ist eine heikle Angelegenheit …«
»Ich führe diese Untersuchung auf Befehl des obersten Palastverwalters durch«, erinnerte ihn Menk, »und ich erwarte Eure uneingeschränkte Unterstützung.«
Da schien es wohl angeraten, die Abgesandten von Henat nicht zu verstimmen.
»Die Skarabäus hat diesmal nur bedeutende Gäste an Bord, und der Kapitän – selbst ein ehrenwerter Mann – hat sich persönlich für ihre Rechtschaffenheit verbürgt. Deshalb erschien eine amtliche Überprüfung unnötig. Die Aufstellung mit den Namen der Reisenden liegt Euch aber trotzdem vor. Es sind ein Deichaufseher und vier Damen der besten Gesellschaft; eine von ihnen ist Gutsbesitzerin und wird von ihrem Verwalter und einem Sandalenträger begleitet. Es scheint also alles in Ordnung zu sein. Außerdem fährt dieses Schiff nicht bis nach Theben.«
Menk bekam dennoch irgendwie Lust, den Kapitän der Skarabäus zu verhören.
Medinet, die Hauptstadt des Faijum, die die Griechen Krokodilopolis nannten, war eine große ländliche Marktstadt, in der man friedlich im Rhythmus der Jahreszeiten und Ernten lebte. Man konnte dort sehr gut essen, und es gab ausgezeichnetes Bier, was Bebon ein wenig tröstete, der die Begegnung mit der Kobra und dem Wächter des Labyrinths nicht besonders genossen hatte. Er fühlte sich eben in einem lebhaften Wirtshaus viel wohler als in einem abgeschiedenen Tempel. Trotzdem fiel es ihm auch hier nicht leicht, sich zu entspannen, weil er immer daran denken musste, dass Richter Gem weiter Jagd auf sie machte.
»Ich würde gern den See von Sobek sehen«, sagte er zum Wirt.
»Der ist nicht weit von hier, mein Junge, aber sei vorsichtig! Der Gott hat es nicht besonders gern, wenn man ihn stört. Er mag weder Eindringlinge noch Neuankömmlinge. Wir hier, die Leute von Medinet, begnügen uns damit, ihn zu schützen, und legen wenig Wert darauf, ihn aus der Nähe zu sehen.«
»Vielen Dank für deinen Rat.«
Nachdem man ihnen die Richtung gezeigt hatte, fanden Nitis, Kel und Bebon ohne Schwierigkeiten den Weg zum See von Sobek. Aber als sie das große, von Sykomoren, Akazien und Brustbeerenbäumen umstandene Gewässer erblickten, versperrte ihnen ein Priester den Weg.
»Wer seid Ihr – und was wollt Ihr?«
»Ich bin eine Priesterin der Göttin Neith aus Sais, diese beiden Männer sind Ritualisten. Wir wollen Sobek, den sie gesäugt hat, damit er die Mächte des Ursprungs in sich aufnimmt, unsere Verehrung erweisen.«
Der Priester blieb misstrauisch und stellte der jungen Frau eine Reihe von geistlichen Fragen, die sie zu seiner Zufriedenheit beantworten konnte.
»Ihr müsst Euch gedulden. Der Gott ruht jetzt, und wir speisen ihn erst zur achten Stunde.«
Die Besucher setzten sich ans Ufer, Nordwind ließ sich frische Kräuter schmecken.
Inzwischen beriet sich der Priester mit seinen Kameraden.
»Eine Neith-Priesterin und zwei Männer … Einer der beiden ist womöglich der Schreiber Kel!«
»Dem neuesten Bericht zufolge suchen die Wachtruppen nach einem Paar«, wandte der Älteste ein.
»Dann haben sie eben einen Helfershelfer dabei! Diese Verbrecher sollen sehr gefährlich sein. Wir sind in größter Gefahr!«
»Wir müssen die Behörden verständigen.«
»Wenn sie bemerken, dass einer von uns flieht, werden sie ihn töten.«
»Was schlägst du vor?«
»Der Gott Sobek wird uns helfen.«
»Meinst du etwa …«
»Er nimmt uns zumindest einen von ihnen ab. Dann können wir die anderen beiden überrumpeln. Wir überwältigen sie mit Stöcken.«
Die anderen waren einverstanden.
»Bleibt hier versteckt, ich kümmere mich um unsere Gäste.«
Und der Priester brachte ihnen Fleisch, gefüllte Fladen, Brot und Wein.
»Es dauert nicht mehr lange, bis sich der Gott zeigt«, sagte er zu Nitis. »Wollt Ihr Dem-mit-dem-schönen-Gesicht zu essen geben und ihm im Namen der Göttin Neith die Ehre erweisen?«
Die junge Frau nahm die Platte mit den Opfergaben und stellte sich an den Platz, den ihr der Diener von Sobek
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