Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
und den Schutz von Sobek wären sie dem Tod nicht entgangen.«
»Ich möchte ihnen ein paar Fragen stellen.«
»Sie sind noch sehr schwach und …«
»Ihre Aussagen sind von größter Bedeutung. Diese Verbrecher müssen so schnell wie möglich festgesetzt werden, ehe sie weitere unschuldige Menschen bedrohen können.«
Menk erhielt die Erlaubnis, sich ein peinliches Zusammenspiel aus Klagen und Gejammer anzuhören. Zum Glück hatte sich der Priester, der mit den Verbrechern zu tun gehabt hatte, inzwischen etwas beruhigt und konnte einige Angaben machen.
»Es war eine sehr schöne Frau, die behauptete, dass sie Neith-Priesterin sei. Sie wollte Sobek um Hilfe anflehen.«
»Habt Ihr ihr das gestattet?«
»Nein, selbstverständlich nicht! Nur wir allein füttern diesen großen Fisch. Kein Weltlicher darf in seine Nähe kommen.«
»Eine Neith-Priesterin ist aber keine Weltliche.«
»Ich weiß, ich weiß … Trotzdem wäre es unmöglich. Als diese besessene Frau einsehen musste, dass mein Widerstand nicht zu brechen ist, hat sie ihren Dienern befohlen, mich zu verprügeln.«
»Wie sahen diese Diener aus?«
»Wie zwei Riesen, aus dem Reich der Finsternis aufgetauchte Ungeheuer! Selbst wenn wir zwanzig gewesen wären, hätten wir sie nicht besiegen können.«
»Was mich wundert, ist, dass Ihr ganz unversehrt ausseht.«
»Der Gott hat das Schlimmste verhindert! Als mir das Krokodil zu Hilfe kam, sind die Angreifer geflüchtet.«
»Haben Eure Mitbrüder nicht versucht, sie aufzuhalten?«
»Schon, aber ohne Erfolg. Obwohl sie sich mutig auf sie gestürzt haben, haben sie die beiden Riesen überwältigt. Deshalb verlangen wir auch eine hohe Wiedergutmachung vom König. Unser Reich wurde verwüstet, und einige Priester werden noch lange an ihren Wunden leiden. Der Hohepriester von Medinet wird einen ausführlichen Bericht über diesen Vorfall anfertigen.«
»Den wir sehr genau lesen werden«, versprach ihm Menk.
Der Geschichtenerfinder faselte weiter, rühmte seine außergewöhnliche Tapferkeit und erzählte, wie viel Entschädigung ihm seines Erachtens zustünde.
Menk hörte nicht mehr zu – ihm war ganz klar, dass diese Neith-Priesterin Nitis war, die Kels Befehlen zu gehorchen hatte.
Ob sie sich wohl ins Faijum geflüchtet hatten? Eher unwahrscheinlich, weil sie so schnell wie möglich nach Theben gelangen und mit der Gottesdienerin sprechen mussten.
Also machte sich Menk auf den Weg in den Hafen und befragte Hafenarbeiter, Seemänner und Händler, die samt und sonders wenig Entgegenkommen zeigten. Er bekam keinen einzigen vernünftigen Hinweis. Das anmaßende Benehmen von dem Kapitän eines Handelsschiffs legte schließlich seine Nerven bloß.
»Ich merke doch, dass du mehr weißt, Bursche. Ergreift ihn«, befahl Menk den Söldnern.
»Das ist gegen das Gesetz! Ihr dürft nicht …«
»Ich darf alles.«
Der Seemann wurde gefesselt und zu Boden geworfen.
»Ich will die Wahrheit wissen«, verlangte Menk mit eisiger Miene. »Wenn du nicht redest, landest du auf dem Grund des Nils.«
Der Mann nahm die Drohung ernst.
»Also ja, ich hab eine Frau, zwei Männer und einen Esel gesehen.«
»Haben sie mit dir geredet?«
»Nur kurz.«
»Was wollten sie von dir?«
»Sie wollten nach Süden. Ich nehme aber nie Fahrgäste mit. Da war die Unterhaltung schnell zu Ende.«
Außer sich vor Wut ging Menk dem Kapitän an die Kehle.
»Du lügst doch! Natürlich hast du ihnen geholfen, hab ich recht?«
»Ja … Also … sie haben mir einen Lapislazuli angeboten. Da konnte ich doch nicht Nein sagen! Ich habe ihnen eine große Barke mit einem Segel verkauft. Groß, aber vermodert. Damit kommen sie nicht weit. Jetzt wisst Ihr aber alles.«
Vor lauter Angst lief dem Kapitän der Schweiß in Strömen.
Wollte dieser Verrückte seine Drohung wahr machen und ihn in den Nil werfen?
»Falls du mir nicht die Wahrheit gesagt hast, sehen wir uns wieder«, drohte Menk mit scharfer Stimme. »Und dann hast du mit Sicherheit das letzte Mal gelogen!«
30
R ichter Gems Untergebene waren erstaunt von seiner neuen, jugendlichen Frische. Die Last des Alters, die schmerzenden Gelenke, die schweren Beine und die Sehnsucht nach dem verdienten Ruhestand schienen wie vergessen. Mit Klagen über Müdigkeit oder zu lange Arbeitszeiten brauchte man ihm gar nicht erst zu kommen. Das Einzige, was zählte, war die Jagd auf den Schreiber und seine Helfershelfer.
Ausgestattet mit einem königlichen Erlass, der ihm erlaubte, jeden
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