Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
fragte ihn Phanes.
»Der … der Stadtvorsteher.«
»Schafft sie fort«, wies der Feldherr seine Männer an.
Das Haus des Stadtvorstehers war leer, alle Beamten waren vor Schreck geflohen. Ihr Vorgesetzter hatte sich in sein prunkvolles Arbeitszimmer zurückgezogen und hoffte, dass der Grieche getötet worden war.
Als dann der Hüne vor ihm auftauchte, erging sich der Stadtvorsteher von Elephantine in flehentlichen Bitten.
»Für diesen Hochverrat verdienst du den Tod«, erklärte der Feldherr. »Es gibt nur eins, womit du dein Leben retten kannst.«
»Ich mache alles, was Ihr wollt!«
»Ich will die Wahrheit wissen. Du und der frühere Befehlshaber der Festung, ihr habt einen Waffenhandel geführt und wart an einer Verschwörung beteiligt – ist das richtig?«
»Vor allem er! Ich habe ihm eigentlich nur ein bisschen dabei geholfen.«
»Euer Ziel war es, den Pharao zu ermorden.«
»Nein, nein. Wir wollten uns nur bereichern und …«
Phanes von Halikarnassos drohte mit seinem Schwert.
»Ich frage noch einmal: War es euer Ziel, den Pharao zu ermorden?«
»Ja, schon, aber ich wollte das nicht, und …«
»Und euer Anführer war der Schreiber Kel.«
Der Stadtvorsteher zögerte kurz.
»Ja, so ist es, der Schreiber Kel! Er hat alles ausgeheckt. Er hat uns Angst eingejagt und uns mit dem Tod gedroht, falls wir ihm nicht gehorchen sollten.«
»Das schreibst du jetzt alles auf, unterzeichnest das Schreiben und setzt dein Siegel darauf.«
Der Stadtvorsteher gehorchte mit zitternder Hand.
Phanes las das Schreiben.
»Sehr gut. Jetzt muss ich nur noch die Aufräumarbeiten in dieser Stadt abschließen.«
Mit einem Schwerthieb schnitt er dem Lügner und Betrüger den Kopf ab. Später würde es heißen, der Stadtvorsteher hätte sich des Angriffs auf den Oberbefehlshaber der Truppen schuldig bekannt.
Phanes von Halikarnassos rollte den Papyrus auf, den er Richter Gem schicken wollte. So verfügte der Richter über einen neuen Beweis gegen Kel; der Grieche wollte nach den Säuberungsarbeiten in Elephantine und der Sicherung der südlichen Grenze nach Sais zurückkehren und sich dort wieder selbst um seine Truppen kümmern. Ungeachtet seiner besonderen Befähigung war und blieb Siegelbewahrer Udja ein Ägypter und kein Soldat. Nur ein kriegserfahrener griechischer Offizier wie er war in der Lage, die Truppen so zu führen, dass sie jeden Angreifer überwältigen konnten – vor allem aber die Perser.
42
N ordwind wurde nicht müde. Wieder und wieder leckte der Esel die Stirn von Kel, der in einem Schilfdickicht auf dem Boden lag. Einige Male schon hatte der Esel mit den Hufen allzu neugierige Wasserschlangen verjagen müssen; von den Ibissen und Silberreihern hatten sie dagegen nichts zu befürchten.
Und endlich wurde die Mühe belohnt – der Schreiber öffnete die Augen.
Der Anblick des vertrauten Mauls tröstete ihn ein wenig.
»Nordwind! Du bist also auch gerettet?«
Zwei Arme, zwei Beine, er konnte aufstehen, nichts tat ihm weh … Offenbar war Kel unversehrt, wie auch der Esel.
»Ich kann es kaum glauben«, sagte Kel leise. »Dabei habe ich doch gesehen, wie sie ihre riesigen Rachen aufrissen und uns verschlingen wollten … Nitis, Bebon wo versteckt ihr euch?«
Als er keine Antwort bekam, bahnte sich der Schreiber einen Weg durch das bis zu sechs Meter hohe Schilfdickicht.
Wenn er sie nicht wiederfand, wäre es eine unerträgliche Strafe, dem Tod entkommen zu sein. Ohne die geliebte Frau und seinen treuen Freund wollte er nicht weiterleben.
Am Ende des nahezu undurchdringlichen Dickichts wand sich ein schmaler Weg über das steiler werdende Ufer. Der Esel stellte die Ohren auf und bedeutete Kel, ihm zu folgen.
Er trabte bis zu einem Tamariskenwäldchen, etwas abseits von dem Pfad.
»Immer mit der Ruhe! Ich komme schon«, meinte eine bekannte Stimme.
»Bebon!«, rief der Schreiber.
Aber Nitis war schneller und kam als Erste aus ihrem grünen Versteck.
»Mein Geliebter! Du lebst also noch!«
Sie fielen sich in die Arme und drückten sich aneinander. Ihr Kuss kam dem Schauspieler schier endlos vor.
»Ich hab jetzt jedenfalls Hunger und will mir einen Fisch braten. Kommt und helft mir.«
Sie hockten sich im Kreis um ein Häufchen trockener Zweige. Bebon hatte eine kleine Mulde in ein Stück weiches Holz gebohrt und nahm jetzt einen langen, am Ende ausgebauchten Stock aus sehr hartem Akazienholz. Mit den Handflächen drehte er den Stock so schnell es ging in der Mulde – und bald
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