Göttergetöse
ließen.
»Niemand unternimmt was«, beklagte ich mich.
»Es geht eine Menge da unten vor. Du begreifst es nur nicht, weil du nicht mithören kannst. Die Shayir und die Godoroth sind ziemlich sauer.«
Ich bemerkte eine gewisse Unruhe am Rand des Geschehens, das die sich unentschieden gegenüberstehenden Gottväter widerspiegelten. Ich nahm an, daß sie sich jetzt die Hände schütteln und sich entschuldigen sollten. Und ich bemerkte auch, daß Imara unauffällig durch die Mitte der Manege schlenderte. Sie wurde kleiner, als sie sich bewegte. Und sah plötzlich ganz anders aus.
Interessant. Sehr interessant.
»Cat? Behältst du deine Mutter im Auge?«
»Wie? Warum?«
Ich deutete auf Imara. »Das da ist sie. Sie läuft zu ihrem Freund über. Und dabei verändert sie ihr Aussehen.«
»Oh. Sie sieht ja viel jünger aus!«
»Allerdings. Sie macht sich zu deiner Doppelgängerin.« Ich versetzte dem Cherub einen Tritt, damit er endlich aufhörte zu jammern und einen Blick auf diese Transformation warf. »Hast du noch irgendwelche Zweifel, Cat?«
Ich hatte den Verdacht, daß Cat vielleicht doch nicht ein so großes Geheimnis war, wie sie dachte. Mich beschlich dagegen die Ahnung, daß sie nur einen weiteren Schachzug in einem sorgfältig ausgeklügelten Fluchtmanöver darstellte.
Cats Blick verfinsterte sich, als sie ihre Mutter anstarrte. Dann sah sie mich an. Ich mußte ihr nicht sagen, daß ich das Schlimmste annahm. Wir wußten beide, daß Götter und Göttinnen sich nicht an irgendeinen weltlichen Verhaltenskodex hielten.
»Vielleicht sollten wir lieber verschwinden«, schlug Cat vor.
»Das wäre vor einiger Zeit eine gute Idee gewesen. Bevor jemand wußte, daß wir hier sind. Aber jetzt? Wie weit würden wir kommen? Könnten wir schnell genug laufen?«
»Hier ist noch nichts entschieden. Der Termin ist noch nicht erreicht.« Aber sie stand auf und klemmte sich ihren kleinen Freund unter den Arm. Offenbar hatte sie vor, so schnell wie möglich zu verduften.
Ich rappelte mich auch hoch. Die ganze Situation gab mir zu denken, was laut Aussagen einiger sogenannter guter Freunde bei mir nicht allzuoft vorkommt.
Wenn man dem Toten Mann glaubt, bei weitem nicht oft genug.
»Cat. Die Welt war schon da, als die Götter hierhergekommen sind, richtig?«
»Ja. Natürlich. Warum?«
Weil das hier dann nicht Götter der Art waren, wie man sie mir geschildert hatte. Selbst die Götter, von denen man mir erzählt hatte, waren die echten und einzigen gewesen und hatten alle Ungläubigen auf ewig in der Hölle schmoren lassen. Und sie gehörten zu dieser Bande von Flüchtlingen. Oder Flüchtigen?
»Cat, sind diese Götter freiwillig hier?«
»Was?«
»Mir ist so die Idee gekommen, daß sie vielleicht im Exil hier sind, aus ihrer alten Heimat vertrieben wurden, weil sie sich schlecht benommen haben oder einfach nur wegen ihrer ungeheuren Blödheit.«
»Nein. Keiner von ihnen möchte zurückgehen. Darum dreht sich doch der ganze Streit.«
»Vielleicht.« Ich hatte einige Gedanken, in denen ich mir höchst verdächtige Ausgangspositionen vorstellte. Ich betrachtete die Zuschauer. Immer mehr Götter hatten ihre weltliche Gestalt angenommen. Ich sah einige wirklich berühmte Namen darunter. Hier draußen jedoch wirkten sie einfach nur glücklicher als die Godoroth und die Shayir. Wahrscheinlich hatten sie bessere Werbefuzzys.
Wen ich jedoch nicht mehr sah, war eine Göttin namens Imara. Und auch keine Rothaarige namens Adeth, die mit einem zerzausten Dschungelgott herumhing. Dafür jedoch sah ich Knochenmus, den Zerstörer, oder vielleicht auch Bogge, den Trottel, der jetzt ziemlich dämlich herumstand und aussah, als wäre ihm gerade was abhanden gekommen.
Die Reihen der Godoroth und der Shayir schienen ziemlich von Weibsvolk entvölkert zu sein.
Ich musterte einige der erfolgreicheren Banden, konnte jedoch nicht erkennen, ob dort auch Frauenmangel herrschte. Sie wirkten jedenfalls blühender. Ein Vorrat von Gläubigen half sicherlich, aber vielleicht nutzte es ja auch, wenn man wußte, wie man Macht abzapfen konnte.
Vielleicht sind Götter wie Würstchen und Politiker: Beide sollte man nicht genauer untersuchen.
Ich rechne immer mit dem Schlimmsten. Das heißt, daß man mich manchmal angenehm überraschen kann. Aber dies hier schien keine dieser seltenen Gelegenheiten zu sein. Die Umstände schienen eher für meinen zynischsten Verdacht zu sprechen.
Es gab hier Tausende von Göttern, obwohl die meisten einfache
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