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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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begann.
    »Was Euch betrifft, Inselherr Arud’Adakin«, sprach ihn der Kirchenführer nun direkt an, »so bin ich mit unserer Zusammenarbeit zum Wohle des Reiches Citheon und seiner Kirche in höchstem Maße unzufrieden.«
    Megas zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe. »Warum das? Bislang habt Ihr doch von unserem Bündnis mehr profitiert als ich.« So schnell würde er sich nicht einschüchtern lassen.
    Die blauen Augen des Citarim wurden ein wenig schmäler, als er fortfuhr: »Es geht hier nicht um die kleinliche Aufrechnung von wechselseitig geleisteten Gefälligkeiten, was mich zudem zwingen würde, Euch darauf hinzuweisen, dass Ihr nur dank meiner Weitsicht noch Herr Eures schönen Eilandes seid. Es betrifft Eure gesamte Einstellung der Kirche und ihren Würdenträgern gegenüber. So habt Ihr bis heute keinen Tempel des viergöttlichen Glaubens auf Ho’Neb errichten lassen, ja, Ihr habt noch nicht einmal unseren Priestern gestattet, Eurer Bevölkerung den wahren Glauben näher zu bringen. Mir wurde berichtet, dass Gesandte der Kirche sogar äußerst rüde der Stadt verwiesen wurden durch Eure persönliche Leibgarde.«
    »Dabei handelte es sich um ein Missverständnis«, gab Megas, ohne eine Miene zu verziehen, zurück. »Meine Leute hielten die Priester für getarnte Spione Techels.«
    Auf diese fadenscheinige Erklärung hin verengten sich die Falkenaugen des Citarim zu schmalen Schlitzen. »Sagt, werter Arud’Adakin, haltet Ihr den höchsten Vertreter Cits für einfältig?«
    »Niemals«, versicherte Megas eilig, aber keineswegs reumütig, »es ist doch jedermann bekannt, dass Eure Weisheit beinahe so hell strahlt wie die Sonne Eures Gottes.«
    »Dann muss ich davon ausgehen, dass Ihr mich verspottet«, folgerte der Citarim mit einer lauernden Ruhe in seiner Stimme.
    »Eure Heiligkeit, ich bitte Euch!« Nun bemühte sich Megas tatsächlich um einen halbwegs ehrerbietigen Tonfall. »Lasst nicht zu, dass ein solch bedauerlicher Zwischenfall wie in Lechia unsere guten Beziehungen gefährdet. Wir brauchen einander, das wisst Ihr selbst besser als ich. Wenn ich Techel nicht im Zaum halte, dann wird er mit seinen Schiffen bald vor Tilet auftauchen. Natürlich schulde ich Euch Dank dafür, dass Ihr mich vor dem Angriff gewarnt habt, aber stellt Euch vor, was geschehen wäre, wenn Techel Lechia eingenommen hätte. Dann wäre er jetzt gefährlicher als jemals zuvor. Ho’Neb ist Euer Schutzschild gegen Eure Feinde im Osten. Erst diese verlässliche Verteidigung erlaubt es Euch, Euer Reich nach Süden auszudehnen und ungestört die Städte Etecrars in Besitz zu nehmen.« Ein selbstsicheres Lächeln überzog Megas’ Gesicht. »Da dürfte es Euch doch nicht mehr als ein Achselzucken abnötigen, wenn wir Ho’Nebis auf unseren kleinen, abergläubischen Eigenheiten bestehen.«
    Der Citarim nickte und sein Blick wanderte wieder zu dem Käfig vor ihm auf dem Tisch. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr noch niemals einen lebendigen Iroxin gesehen habt?«
    Megas runzelte irritiert die Stirn. »Ich habe noch nicht einmal einen toten Iroxin gesehen, aber was spielt das für eine Rolle?«
    »Eine entscheidende«, erwiderte Torion Menaurain und öffnete bedächtig die Tür des Vogelkäfigs. Jetzt konnte alles, was darin gefangen saß, mühelos nach draußen entwischen. Malun kam keuchend auf die Füße und entfernte sich voller Entsetzen ein paar Schritte von dem offen stehenden Käfig.
    »Denn dieses vollkommene Geschöpf«, fuhr der Citarim fort, »soll als Sinnbild dienen, um Euch meine Worte in ihrer ganzen Schwere zu verdeutlichen. Ihr scheint nicht begreifen zu wollen, dass der Glaube letztlich das Einzige ist, was zählt. Ohne ihn sind wir verloren, können die Wunder dieser Welt nicht verstehen, tappen orientierungslos umher wie in lichtloser Nacht. Aber um wahrhaft zu glauben, bedarf es zweier Fähigkeiten: Demut und Hingabe. Und beides fehlt Euch, Inselherr Arud’Adakin, beides werde ich Euch lehren müssen.« Er streifte den Ärmel seiner golddurchwirkten weißen Robe zurück und steckte wie selbstverständlich den sehnigen nackten Unterarm in den Käfig. Malun erbleichte und hob erschrocken die Hand, um dem Citarim Einhalt zu gebieten. Doch er wagte es nicht, etwas zu sagen.
    »Demut«, setzte Torion Menaurain seinen Monolog fort, »ermöglicht es, unsere Stellung im Gefüge der Welt richtig einzuschätzen, zu erkennen, wenn jemand in der göttlichen Schöpfung höhergestellt wurde als man selbst.« Er

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