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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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weiteres Geschützdeck führte, sondern in einen schmalen Gang, der nur von einer Handvoll heftig hin und her schwankender Lampen erhellt wurde und schnurstracks zum Heck des Schiffes und damit de Castellos Kapitänskajüte führte. Loki würde hinter der reich mit Schnitzereien verzierten Tür am Ende des Korridors auf ihn warten.
Die Hand noch immer auf dem Schwert, stürmte er hindurch und sah sich wild um. Loki war nicht hier, aber der bloße Anblick der Kabine ließ ihn für einen Moment innehalten. Er hatte etwas wie Gordons Privatgemächer an Bord der Ninja erwartet, nur größer und prachtvoller, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Die Kapitänskajüte der EL CID war größer als die der Ninja aber fast schon spartanisch eingerichtet. Es gab gleich drei große Tische samt der dazugehörigen Stühle, eine Anzahl leerer Regale und einen zweitürigen Schrank – alles sorgsam am Boden und den Wänden verschraubt –, aber er suchte vergebens nach goldgerahmten Bildern, seidenen Tischdecken und goldenem Essbesteck. Abu Dun polterte hinter ihm herein, ging zum Fenster und riss einen der großen Flügel mit solcher Gewalt auf, dass das kostbare Bleiglas in Scherben ging.
Wie es aussah, führte es direkt in die Hölle.
Der Hafen brannte. Sie hatten schon vom Deck aus gesehen, welch verheerenden Schaden die Breitseiten der EL CID angerichtet hatten, doch was sich ihnen nun darbot, das war ein Inferno. Jedes einzelne Schiff schien in Flammen zu stehen oder sank, und der Kanonendonner war nicht nur lauter, sondern auch schneller geworden, als feuerten die Geschütze der EL CID nun im Sekundentakt.
Ein gewaltiger Schatten schob sich von rechts in den Ausschnitt des Hafens, den sie durch das Fenster sehen konnten; ein Schlachtschiff, nicht so monströs wie die EL CID, aber immer noch riesig und mit Hunderten von Geschützen bestückt, die Feuer und Rauch spien. Ein Schiff, das offensichtlich doch nicht so unterbesetzt gewesen war, wie de Castello gehofft hatte, eröffnete nun ebenfalls das Feuer. Andrej spannte sich instinktiv in Erwartung der gewaltigen Einschläge, die die EL CID erschüttern mussten.
Sie kamen nicht.
Stattdessen ging ein weiteres Schiff der stolzen Armada in Flammen auf, aber erst, als das Linienschiff weiter an ihnen vorüberzog und er die flatternde Fahne an seinem Heck erkannte, begriff Andrej wirklich, was hier geschah. Es war die Flagge Englands.
Wieder erbebte die El CID unter der Wucht einer gewaltigen Breitseite, die noch mehr Feuer und Tod über die wehrlose Armada brachten. Auch jetzt zitterte der Boden unter ihren Füßen, als sich das riesige Schiff unter dem Rückstoß seiner eigenen Geschütze schüttelte, doch Andrej spürte zugleich auch, dass längst nicht mehr alle Rohre feuerten. Trotzdem loderten weitere Feuer draußen im Hafen auf, und das Inferno gewann noch einmal an Wut und Zerstörungskraft. Abu Dun wandte sich schaudernd vom Fenster ab, und auch Andrej riss sich endlich von der morbiden Faszination des Anblicks los und drehte sich zu Rodriguez und seinem Adjutanten um.
»Ist es möglich, dass Ihr uns die eine oder andere Erklärung schuldig seid, Colonel?«, fragte er kühl. Bevor er antwortete, deutete Rodriguez nervös auf Andrejs Hand, die noch immer auf dem Schwertgriff lag. »Ich verstehe Eure Verwirrung durchaus, Mister Delãny«, sagte er, »aber ich versichere Euch, dass wir nicht Eure Feinde sind und Ihr nicht in Gefahr seid. Das da ist absolut nicht notwendig, darauf gebe ich Euch mein Ehrenwort.«
Andrej demonstrierte ihm, was Rodriguez’ Ehrenwort in seinen Augen Wert war, indem er Gunjir mit einer betont langsamen Bewegung aus der Scheide zog und die Spitze des Götterschwertes drohend in seine Richtung schwenkte. »Ich warte.«
Rodriguez schüttelte nur seufzend den Kopf, aber Bresto trat mit einem raschen Schritt zwischen Rodriguez und Andrej und war tatsächlich mutig (oder verrückt) genug, seinen Degen zu ziehen. Andrej war nicht nach Scherzen zumute, aber er konnte der Versuchung trotzdem nicht widerstehen, die linke Hand auszustrecken und den Säbel durchzubrechen. Brestos Augen wurden groß, und er ließ den abgebrochenen Stumpf seiner Waffe so hastig fallen, als wäre er plötzlich glühend heiß geworden.
»Ich warte, Colonel«, sagte Andrej noch einmal. »Aber nicht mehr sehr lange.«
Die Tür ging auf, und Gordon kam herein, begleitet von vier Soldaten in spanischen Uniformen und mit roten Haaren und grimmigen Gesichtern. Er hatte ein Funkeln in

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