Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
zerbrechen.
»Ich werde mit Abu Dun reden«, sagte Andrej versöhnlich. »Ein paar Tage Ruhe tun uns vielleicht ganz gut.«
Bresto atmete so erleichtert auf, dass man es noch oben an Deck hätte hören müssen, und setzte auch zu einer Antwort an, kam aber nicht mehr dazu, denn hinter ihnen polterte etwas. Andrej drehte sich halb um und erblickte Abu Duns Kopf und Schultern, die aus der Klappe im Boden auftauchten. Das Gesicht des Nubiers war wie Stein, aber Andrej spürte sofort, dass etwas mit ihm nicht stimmte.
»Abu Dun?«, fragte er.
Der Nubier ignorierte ihn. Sein Blick wollte Bresto fixieren, aber der Lieutenant hatte sich abgewandt und starrte in die Dunkelheit hinter sich, als hätte er dort etwas bemerkt oder gehört. Andrej lauschte ebenfalls und versuchte zugleich, die Dunkelheit mit Blicken zu durchdringen, aber es gelang ihm nicht. Sie waren tief im Rumpf des Schiffes, schon ein gutes Stück unter der Wasserlinie, und es war hier so dunkel wie in einer Gruft. Selbst seine Augen brauchten ein Minimum an Licht, um noch etwas zu sehen.
    UndwiehatBrestodenWeghierheruntergefunden?, wisperte eine lautlose Stimme hinter seiner Stirn, wenn nichteinmalduetwassiehst?
Er wollte diesen Gedanken nicht denken. Bresto verdiente seine Verachtung und vielleicht eine Spur von Mitleid, aber im Grunde war er es nicht wert, auch nur einen einzigen Gedanken an ihn zu verschwenden. Er war nur ein Sterblicher, viel zu bedeutungslos und kurzlebig, um im Leben höher entwickelter Wesen wie Abu Dun und ihm irgendeine Rolle zu spielen.
»Subtentiente?«, fragte Abu Dun. Bresto reagierte nicht darauf, und auch Andrej fragte sich, was zum Teufel dieses Wort eigentlich bedeutete.
Dann aber fragte er sich völlig fassungslos, wie er eigentlich so dumm hatte sein können. Zugleich wusste er aber auch die Antwort darauf: Weil etwas dafür gesorgt hatte, dass es so war.
»Subtentiente?«, fragte Abu Dun noch einmal. Jetzt war in seiner Stimme ein Unterton, von dem Andrej nicht ganz sicher war, ob er drohend oder misstrauisch war. Vielleicht beides.
Bresto drehte sich immer noch nicht herum, aber Andrej sah, wie er den Kopf schüttelte, dann hörte er ein halblautes, resignierendes Seufzen. »Ja, es sind immer die Kleinigkeiten, über die man am Ende stolpert, nicht wahr?«, murmelte er. » Subtentiente … die spanische Entsprechung des englischen Lieutenant. Ein dummer Fehler von Captain Rogers. Dumm, aber verständlich. Als er ihm unterlaufen ist, war es zu spät. Und um ehrlich zu sein, hätte ich viel eher damit gerechnet, dass er Euch auffällt, Andrej Delãny. Dumm von Euch, aber genauso verständlich. Und wenn es Euch ein Trost ist: Es hätte rein gar nichts geändert.«
Er stellte die Laterne auf den Boden und drehte sich langsam zu Andrej um, und während er es tat, geschah etwas Unheimliches, zuerst mit seinem Gesicht, dann mit seiner gesamten Erscheinung: Sie … flackerte, schien sich aufzulösen wie ein flüchtiges Trugbild aus Rauch, das von einem Luftzug auseinandergerissen wurde, und fügte sich dann neu und anders zusammen, aber nicht einmal, sondern mehrmals hintereinander und in völlig unterschiedlicher und anderer Form: Für die unendlich kurze Zeitspanne zwischen zwei Gedanken war er de Castello, Pedro und Bresto und der Wirt aus dem Goldenen Eber, ein Mann aus Gordons Besatzung und einer der Hafenarbeiter, dann wieder ein vollkommen Fremder und schließlich, wie ein Schatten, der gerade kurz genug durch die Schleier der Wirklichkeit schimmerte, um nicht real zu werden, sondern eine schreckliche Ahnung zu bleiben, etwas, das nicht einmal mehr menschlich war. Dann wurde er für eine halbe Sekunde endgültig zu Don Alberto de Castello und gab schließlich auch diese Maskerade auf. Andrejs Hand zuckte unter den Mantel und schloss sich um Gunjirs Griff. Das Schwert schrie tief in seiner Seele voller Gier und böser Vorfreude auf, und Loki schüttelte den Kopf und machte eine kaum sichtbare Handbewegung. »Nein.«
Gunjir schrie noch einmal und noch lauter, und Andrejs Hand war mit einem Male wie ein Stein, gelähmt und kalt und weder in der Lage, das Schwert aus seiner Umhüllung zu ziehen, noch seinen Griff loszulassen. »Und ich hatte mir so raffinierte Pläne für den Fall ausgedacht, dass Ihr mir zu früh auf die Schliche kommt«, sagte Loki kopfschüttelnd. Er klang ein bisschen enttäuscht. »Eigentlich sollte ich jetzt böse mit dir und deinem Freund sein, dass ich mir die ganze Mühe umsonst gemacht habe.« Er

Weitere Kostenlose Bücher