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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Hufescharren auf die mitternächtliche Störung – und natürlich war es Abu Duns riesiger weißer Hengst, der nicht nur am lautesten protestierte, sondern auch nach Rodriguez und ihm schnappte, als sie an ihm vorübergingen. Rodriguez wich der gemeinen Attacke mit einer so erschrockenen Bewegung aus, dass er strauchelte und seine Balance nur mit Mühe wiederfand, aber Andrej hatte endgültig genug von dem heimtückischen Vieh. Er versetzte dem Hengst einen Fausthieb auf die Nüstern, der das Tier in die Knie brechen ließ.
»War das nötig?«, fragte Rodriguez stirnrunzelnd. »Nein«, antwortete Andrej. »Aber schon lange fällig.« Rodriguez sparte sich eine Antwort, bedeutete ihm mit einer Geste zurückzubleiben und trat als Erster auf den kleinen Innenhof hinaus. Erst, nachdem er sich aufmerksam in alle Richtungen umgesehen hatte, winkte er Andrej heran.
Der Lärm aus dem Goldenen Eber nahm zu, und er erkannte nun ganz zweifelsfrei Abu Duns Stimme. Sie klang aufgebracht und zornig, aber Andrej lauschte auch vergeblich auf jenen ganz bestimmten Unterton, der normalerweise versprach, dass bald Blut fließen würde. »Geht«, sagte Rodriguez. »Versteckt Euch irgendwo. Ich warne Euren Freund, und wir folgen Euch.« »Ja«, antwortete Andrej. »Das ist eine ganz ausgezeichnete Idee.« Er gab dem Colonel keine Gelegenheit zu antworten, sondern ging mit schnellen Schritten an ihm vorbei zur Hintertür des Gasthauses. Ein Krug zerbrach scheppernd, und Andrej spürte die Mischung aus Furcht und aufgestauter Aggressivität, die auf der anderen Seite der Tür auf ihn wartete, noch bevor er sie öffnete.
Als er lautlos in den kurzen Gang dahinter huschte, wurde aus seiner Vermutung Gewissheit: Abu Dun stand mit dem Rücken zur Wand und hatte die linke Hand auf den Schwertgriff gelegt. In der anderen hielt er einen Bierkrug, den er zwar wie eine Waffe schwenkte, zwischendurch aber immer wieder einen kräftigen Schluck daraus nahm. Umgeben war er von gleich einem halben Dutzend Soldaten, die nervös mit Musketen oder auch Hellebarden auf ihn zielten und trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit die eindeutig ängstlichere Partei stellten. Einzig Bresto überraschte ihn. Auch ihm gelang es nicht, seine Nervosität vollends zu verbergen, aber er gab sich immerhin Mühe. Andrej war nicht sicher, ob er nun ein Beispiel außergewöhnlichen Mutes oder ganz besonders großer Dummheit beobachtete. Vielleicht von beidem etwas – was meistens zu einer ganz besonders gefährlichen Mischung geriet.
»Ich hoffe, Euer Freund tut nichts Unbedachtes«, flüsterte Rodriguez neben ihm. Auch diesmal hatte Andrej nicht gemerkt, dass er ihm gefolgt war. »Ich werde versuchen, ihn davon abzuhalten«, antwortete Andrej. Er wollte weitergehen, doch Rodriguez schüttelte hastig den Kopf und zog ihn im Gegenteil wieder ein Stück weit in den Korridor zurück. »Verdammt, seid vernünftig, Andrej!«, zischte er. »Ihr könnt Eurem Freund nicht helfen, wenn sie Euch beide in Ketten legen!«
Andrej musste an sich halten, um sich nur loszureißen und Rodriguez dabei nicht niederzuschlagen. Sein Verstand sagte ihm, dass Rodriguez recht hatte. »Ich werde …«
»Tu, was er sagt, Hexenmeister. Wenn ich bis Sonnenaufgang nicht zurück bin, dann fängst du an, nach mir zu suchen!«
Andrej war so überrascht, dass er Rodriguez einen Moment lang anstarrte und erst dann begriff, dass das, was er gehört hatte, nicht seine Stimme und auch nicht Spanisch gewesen war, sondern Altpersisch. Im nächsten Moment fuhr Abu Dun fort, in leicht holperigem Spanisch und mit schleppender Stimme auf Bresto einzureden. Offensichtlich hatte er nicht nur Andrejs Anwesenheit gespürt, sondern auch Rodriguez’ Worte verstanden. »Was soll das, Kerl?«, fauchte Bresto. »Rede verständlich mit mir, und nicht in dieser Barbarensprache! Wo ist dein Freund? Antworte endlich!«
Abu Dun brabbelte eine unverständliche Antwort, nahm einen gewaltigen Schluck aus seinem Bierkrug und rülpste, dass die Wände wackelten. Bresto verzog angewidert das Gesicht.
»Gut, du willst es anscheinend nicht anders«, sagte er, während er demonstrativ mit der Hand vor dem Gesicht wedelte und eine Grimasse zog. »Deinen Freund finden wir schon. Packt den Kerl und legt ihn in Ketten!« Den letzten Satz hatte er mit schärferer Stimme hervorgestoßen, doch im allerersten Moment reagierte kein einziger seiner Männer darauf. Der lebende Belagerungsring wurde im Gegenteil eher größer, als Abu Dun seinen

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