Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)
seine Murmelaugen waren ermattet. Eine Dolchspitze lugte aus seinem Leib hervor, der Knüppel fiel aus seinen Faserhänden. Er kippte zur Seite weg.
Hinter ihm stand die Forscherin mit dem Habichtsgesicht, der er vor dem Kampf die Waffe gegeben hatte. Ihre Hände zitterten.
Corellius entließ die Luft aus seinen Wangen, packte den Schwertgriff.
»Mir scheints, ihr Frauen habt mehr Angst vor dem Töten als vor dem Getötetwerden.«
Der Tod ihres Häuptlings brach den Kampfgeist seiner Untergebenen. Untereinander warfen sich die Schwammlinge Blicke zu, schließlich senkten sie gleichzeitig die Waffen und zogen sich ins Unterholz zurück.
Corellius' verkrampfte Muskeln lösten und sein Herzschlag verlangsamte sich. Er ließ den Kopf ins Moos sinken. Für einen Moment blieb er einfach liegen, alle Viere von sich gestreckt. Atmete in tiefen Zügen die dunstgeschwängerte Waldluft ein.
Ulme! , schoss es durch seine Gedanken. Schlagartig richtete er sich auf.
Den ganzen Trampelpfad bedeckten die hellbeigen Leiber der Schwammlinge, vereinzelt vom farbigen Wappenrock eines Wächters durchbrochen. Galeon half gerade einem seiner Männer auf, der sein blutüberströmtes rechtes Bein nachzog. Müde hob er die Hand zum Gruß.
Das Wehklagen eines Verwundeten verlor sich zwischen den Baumstämmen. Ulme konnte es nicht sein. Selbst für die gefährlichste Verletzung hatte sein Schildbruder zumeist nicht mehr als ein lapidares »Aua!« übrig.
Jalina kniete zwischen den Leichen, immer noch den Dolch in ihren Händen betrachtend. Mit dem Daumen strich sie die Klinge entlang.
»Wie fühlst du dich?«, fragte er, als er vorbeilief.
»Schuldig. Ich habe Leben ausgelöscht.«
Er zog die Nase hoch. »Ja, aber nur, weil es dir nach dem Leben getrachtet hat. Deswegen solltest du wirklich keine Gewissensbisse haben.«
»Ich wäre ein furchtbarer Söldner, was?« Sie sah zu ihm auf, einen Mundwinkel hochgereckt.
»Oh ja.« Er massierte sein Kreuz, das sich anfühlte, als hätte jemand Nägel in es gehämmert.
»Wo ist dein Freund?«
»Das frage ich mich auch gerade. Im Getümmel habe ich ihn aus den Augen verloren.«
»Ich kann dir beim Suchen helfen.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Hilfst du mir auf?«
Er leistete ihrer Bitte folge.
Gemeinsam wanderten sie weiter über das Schlachtfeld. Als sie an einem der Titanenbäume vorbeikamen, drang aus der Höhle unter zwei dicken Wurzeln eine brüchige Stimme: »Ist es vorbei? Können wir wieder herauskommen?«
Corellius erkannte die Stimme sogleich und bleckte die Zähne. »Ja, Herr Asht, die Luft ist rein. Aber worüber wollt Ihr jetzt dichten, wo Ihr die Schlacht doch verpasst habt?«
Der Geck kroch unter den Wurzeln hervor, die hübschen Kleider über und über verdreckt. Ihm folgte der Zeremonienmeister Basterro, dem Jalina und der Dichter beim Aufstehen zu Hilfe kommen mussten.
Aus großen Augen sah der Greis auf das versprengte Grüppchen, das von der einstmals so vielköpfigen Eskorte übriggeblieben war.
»Wa-was sollen wir jetzt tun?«
»Ihr beide könnt damit beginnen, die Schwammlinge in kleine Stücke zu schneiden«, sagte Corellius. »Wird Zeit, dass wir mal wieder was in den Magen bekommen.«
Angewidert verzogen diese beiden Beispiele der Tapferkeit die Gesichter.
»Was? Habt ihr etwas gegen eine Pilzpfanne einzuwenden?« Er wandte sich ab. »Ihr könnt auch gerne weiter hungern.«
Corellius und Jalina ließen die beiden stehen und machten sich wieder auf die Suche nach Ulme. Dabei mussten sie auch über die gewaltige Leiche des Orchologen Mellio steigen. Aus Augen, in denen noch immer die Angst schimmerte, starrte er in den Himmel.
Corellius beugte sich zu ihm herab und schloss ihm die Lider. Wenn sie schon keine Zeit dazu hatten, ihn zu verbrennen, so sollte er zumindest dieses winzige Maß an Würde erhalten. »Ich werde ihn und seine Umsicht vermissen.«
Das Efeumädchen nickte nur, eine Hand auf ihre Brust gelegt.
Sie hatten ein paar weitere ziellose Schritte gemacht, als sie ein Wimmern vernahmen.
»Kommt schnell«, flehte Ulme. »Meine Lenya, meine arme, arme Lenya.«
Lenya
Ulme hing mit den Ellenbogen auf dem Brustkorb der Stute wie auf einem Altar. Seine Augen waren vom Weinen gerötet, seine Lippen bebten.
»Sie schaffts nicht«, hauchte er. Ein Rotzfaden lief aus seiner Nase. »Sie kann nicht mehr aufstehen.«
Um ihn herum stapelten sich die toten Schwammlinge. Er musste wie ein Berserker gewütet haben.
»Und ich weiß, was du
Weitere Kostenlose Bücher