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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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tödliches«, erwiderte Corellius. »Halt lieber das Unterholz im Auge und nicht das Federvieh.«
    »Das ist kein Federvieh, das sind Quatrageien. Die einzigen Vögel mit vier Flügeln.« Mellio ritt hinter ihnen. Es glich einem Wunder, dass sein Ross bislang noch nicht unter seinem Gewicht zusammengebrochen war. »Manche Sammler in Sichelstadt würden für ein Exemplar dieser Art ihre Kinder in die Sklaverei verkaufen.«
    »Solltet Ihr nicht bei den anderen Wissenschaftlern bleiben?«
    Müde lächelnd lenkte der Orchologe sein Pferd neben sie. Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen, seine Lippen waren aufgesprungen. Die Strapazen der Reise machten ihm sichtlich zu schaffen.
    »Inzwischen ist mir eure Gesellschaft lieber als die der anderen Akademiker. Diese scheinen unsere Notlage entweder nicht erkennen zu können oder wollen sie sich bewusst nicht eingestehen.«
    »Ich fühle mich geehrt«, äffte Corellius einen schmeichlerischen Höfling nach. Wachsam glitt sein Blick über das Dickicht entlang ihres Trampelpfades. Nichts zu sehen. Nur Farn, umherschwirrende Insekten, morsches Holz. Irgendwo quakte ein Frosch. Wind raschelte in den Kronen der Titanenbäume.
    »Könnt ihr euch vorstellen, dass ich einmal in ein Mädchen verliebt war?«, wechselte Mellio unvermittelt das Thema. »Vor vielen Jahren, ach, Jahrzehnten, als ich noch rank und schlank war.«
    »Türlich«, rief Ulme. »In ein Mädchen kann man sich immer vergucken, egal ob rund wie ein Fass oder dünn wie ein Ast.«
    »Ich kenne also die Blicke, die man jemandem zuwirft, an den man sein Herz verloren hat«, sagte der Orchologe langsam. Dabei wandte er sich Corellius zu.
    Der verkrampfte seine Hände um die Zügel. War das die Andeutung, als die er sie verstand? »Ich … Da ist nichts, wenn Ihr darauf hinauswollt.«
    Zum ersten Mal setzte Mellio eine ernste Miene auf. »Sie wäre nicht das erste Efeumädchen, das Angst bekommt und versucht, einen ihrer Eskorteure zu verführen. Du …«
    Ein Sirren.
    Der Pfeil bohrte sich durch die Kehle des Orchologen. Er gurgelte Blut. Voller Entsetzen richteten sich seine Augen auf Corellius. Dann erschlaffte sein gewaltiger Körper und rutschte vom Rücken seines Pferdes, das erleichtert wieherte.
    »Sie greifen an!«, brüllte Corellius. Sein Herz pochte so heftig, als wolle es zerspringen. »In Deckung!«
    Die nächste Pfeilsalve schoss aus dem Unterholz auf sie zu. Corellius konnte sogar schwach die Kappen der Schwammlinge erkennen, die sich in ihm versteckten. Er sprang aus dem Sattel und zückte sein Schwert. Er musste zu Jalina. Sie musste in Sicherheit gebracht werden.
    »Bildet zwei Reihen an beiden Seiten der Straße«, befahl er den Wachen, als er zum Efeumädchen eilte. »Ulme, reite in sie hinein und sorg für Unruhe!«
    Sein Waffenbruder nickte, zückte sein Falchion und gab seiner alten Lenya die Sporen.
    Aus angstvoll geweiteten Augen sah das Efeumädchen Corellius entgegen. Immer wieder drehte sie sich humpelnd um die eigene Achse, die Hände in ihr Kleid verkrampft.
    Neben ihr ging ein junger Wachmann in die Knie, die Brust von krummen Pfeilen gespickt. Ihr Sirren und die Schreie, die ihm nachfolgten, erfüllten den Orchonhain.
    Corellius packte Jalina an der Hüfte und zog sie dicht an sich. In tiefen Zügen holte er Luft. Zunächst war sie bei ihm in Sicherheit. Zeit, sich einen Eindruck von der Situation zu verschaffen.
    Die Schwammlinge brachen aus dem Unterholz. Der Anblick der Wesen, die er sonst nur aus vagen Erzählungen kannte, ließ einen Schauer über seinen Rücken laufen. Einem Menschen reichten sie etwa bis zur Brust. Ihr Körperbau glich Pilzen, mit einer großen Kappe auf dem Kopf und faserigen Armen, die aus dem Rumpf ragten. Statt Beinen hatten sie ein Geflecht aus Wurzeln, das sie über den Waldboden trug.
    In ihren Händen hielten sie angespitzte Äste, die sie als Speere gebrauchten. Manche von ihnen schwangen auch primitive Äxte, die mit scharfkantigen Steinen versehen waren.
    Sie hatten keinerlei Sprachorgane. Ohne jegliches Kriegsgeschrei rannten sie gegen die Eskorte an, was beinahe grotesk wirkte.
    »Was sollen wir tun?«, fragte eine Forscherin mit Habichtsgesicht Corellius. Ihre Stimme schrillte mit jedem Wort mehr. »Wo sollen wir hin?«
    Er zog seinen Dolch aus dem Brustgurt und drückte ihn in ihre Hand. »Wie wäre es damit, euch zu verteidigen?«
    Verdutzt starrte sie auf die Waffe. Ehe sie etwas entgegen konnte, fegte ein Wiehern für einen Moment alle anderen

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