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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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gebohrt. Aus den fünf Wunden strömten Blutrinnsale. Er riss Stoff vom Ärmel seiner Tunika ab und presste ihn auf sie.
    Den ganzen Pfad übersäten Leichen von Verirrten und Wachmännern. Der Schein der Fackeln spiegelte sich in den Lachen aus Blut.
    Ulme stöhnte »Das ging ja gerade noch einmal gut.«
    Er half ihm so ruckartig auf, dass Corellius beinahe sogleich wieder vornüber gefallen wäre.
    Sein Herzschlag beschleunigte sich. »Wo ist Jalina? Wo ist das Efeumädchen?«
    Er rief ihren Namen, erhielt zur Antwort aber lediglich das Wehklagen der Verwundeten und Sterbenden. Die Fackel vor sich haltend, schritt er zwischen den Körpern entlang.
    »Da hinten«, stöhnte jemand unter ihm. »Mit Basterro ist sie in eine der Felsnischen geschlüpft.«
    Corellius senkte die Fackel. Sie leuchtete das Gesicht von Galeon aus, das von Schweiß beperlt und bleich war. Seine Brust, oder das, was von ihr übrig war, erinnerte an Metzgerabfälle.
    »An mein Herz sind sie nicht ganz gekommen«, brachte der Haptmann hustend hervor. Er spuckte Blut. »Gereicht hat es dennoch fürchte ich.«
    Tief seufzend legte Corellius die Hand auf seine Schulter. Zwischen ihnen hatte nach kurzer Zeit stilles Einvernehmen geherrscht, eine Bekundigung gegenseitigen Respekts, wie es ihn oft zwischen Kriegern gab. Wir sind wie Hunde – wir wittern sofort, ob jemand zu unserem Schlag gehört . Beide waren sie auch Männer des Schweigens, und so wusste Corellius nur wenig über ihn.
    »Gibt es jemanden in der Heimat, dem ich etwas ausrichten soll?«, fragte er.
    Galeon schüttelte den Kopf, die Lippen bebend. »Die einzigen Frauen in meinem Leben sind die Efeumädchen gewesen, wenn man so will. Ich habe alles dieser Sache gewidmet.«
    »Ich verstehe.«
    »Deshalb habe ich nur eine einzige Bitte.« Wieder hustete er Blut. »Bri-bring es zu Ende. Erfülle unseren Auftrag.«
    »Das werde ich«, sagte Corellius und hoffte, dass seine Worte zumindest halbwegs glaubhaft geklungen hatten.
    Galeon schien sich mit ihnen zufrieden zu geben. Er lächelte milde, was gar nicht zu seinem pockennarbigen Gesicht passen wollte.
    Und sollte nie mehr damit aufhören.
    Als Corellius ihm die Lider schloss, spürte er, wie die Verantwortung sich wie ein bleiernes Kettenhemd um ihn schmiegte. Ohne Mellio und Galeon oblag nun ihm allein die Führung der Eskorte.
    Oder zumindest dem, was von ihr übrig war.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter, warm und weich. Er wandte den Kopf. Jalina stand hinter ihm und zwinkerte ihm zu. Über ihre Wange zog sich ein Kratzer, der ihrem Gesicht zwar die Perfektion raubte, nicht aber ihre Schönheit minderte.
    »Wer sind diese Verirrten gewesen?«, fragte er.
    »Die Tutoren haben sie immer für ein Gerücht gehalten, das unter der Wachmannschaft die Runde macht«, erklärte sie und schluckte hörbar. »Manche Männer der letzten Eskorte haben hier unten den Anschluss zur Gruppe verloren, sind abgeschnitten worden. Und in der Dunkelheit haben sie vergessen, dass sie Menschen sind.«
    Er stützte die Hände auf sein Knie und richtete sich auf. »Wie können sie hier unten so lange überleben?«
    »Du hast sie gesehen.« Jalina warf einen Blick auf einen der bleichen Toten. »Nicht mehr ihr Körper hält sie am Leben, sondern etwas anderes. Die Schwammlinge, der Orchonhain, die tote Stadt – alles Ausgeburten der seltsamen Strahlung, die vom Trichter ausgeht.«
    »Warum wollen sie die Herzen?«
    Jalina senkte die Stimme. »Um sie zu fressen.«
    »Oh.« Er glitt mit der Hand über seine Brust. Bislang hatte er nur davon gehört, dass die Kannibalenstämme auf den Eilanden inmitten der Akythischen Meerenge ihre Opfer fraßen. Allein die Vorstellung genügte, damit sich sein Magen zusammenzog.
    »Warum tun sie das?«
    Sie hob eine Fackel vom Boden auf und lief an ihm vorbei, das Kleid gerafft. Dabei flüsterte sie: »Du solltest aufhören, hier unten nach dem Warum zu fragen.«
    Mit verengten Augen sah er ihr nach. Wie eine Rüstung hatte sie diese Abgeklärtheit angelegt. Er wusste nur zu gut, dass sie darunter zitterte wie ein Lamm kurz vorm Schlachten. Wie lang würde sie diese Maskerade noch aufrechterhalten können?
    »Da hinten!«, rief Ulme. »Ich glaub, ich seh den Tempel.«
    Corellius' Blick folgte seinem Fingerzeig. Ehrfurcht ließ ihn erstarren. Der Pfad mündete in eine Felsklippe, die weit über den Abgrund ragte. Auf sie drängte sich ein gedrungenes Gebäude mit Fenstern, so schmal wie Schießscharten. Seine Farbe war vom

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