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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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strikt untersagt, irgendetwas über das Aussehen des Weltendrohers zu offenbaren. Vielleicht ist er ein Riese, vielleicht auch nur ein Zwerg.«
    Corellius schluckte. In seiner Vorstellung sah er einen achtarmigen Giganten mit pechschwarzer Haut und glimmenden Augen vor sich. Stellte sich vor, wie seine Pranken Jalina umfassten und wie eine Stoffpuppe entzweirissen.
    Mit solchen Bildern durfte er sich nicht verunsichern. Lieber stellte er sich vor, was er machen würde, wenn all das hier durchgestanden war. So weit waren sie gekommen. Warum sollten sie dann nicht auch in einem Stück zurückkehren?
    Ein Gelage im Xallusviertel von Sichelstadt, das würde er auf jeden Fall mit Ulme abhalten. Noch viel ausschweifender als das, das sie nach der Schlacht am Schluchzenden Hügel veranstaltet hatten. Mit doppelt so vielen Huren und doppelt so vielen Fässern Wein. Aber würde das genügen? Würden Besäufnisse, Pfeifenkraut und die gekaufte Liebe einer Kurtisane ausreichen, um diese eine bohrende Frage auszumerzen?
    Wie viel ist ein Gott wert? Ist er auch nur den Tod eines einzigen Mädchens wert?
    Ein Heulen ertönte.
    Die Dunkelheit um sie herum bewegte sich. Nahm Konturen an, huschte umher.
    »A-Achtung! Männer, Achtung!« Galeon zückte sein Schwert. Noch nie hatte Corellius den sonst so abgeklärten Hauptmann so erschüttert gesehen, zitternd wie Blech unter den Hammerschlägen des Schmieds. »Das sind sie.«
    Genauso wie die anderen zog jetzt auch Corellius sein Breitschwert aus der Scheide. Arlot Asht spannte einen Pfeil ein und blies die Backen auf.
    Corellius fragte Galeon: »Wen meinst du? Wer sind sie ?«
    »Die Verirrten. Die Eskorteure, die nie zurückgekehrt sind.«
    Einer der Schatten schnellte hervor, entstieg der Dunkelheit wie einem Gewässer.
    Bleiche Haut, schwarze Augen, gebogene Krallen. Mehr erkannte Corellius vorerst nicht. Wer auch immer diese Verirrten waren, sie trugen keine Waffen. Leichtes Spiel.
    Er holte zu einem Ibbienischen Wirbelhieb aus. Die Klinge traf den Verirrten an der Hüfte und fraß sich tief ins Fleisch.
    Es machte seinem Gegner nichts aus.
    Nicht einmal einen Schmerzensschrei gab er von sich.
    Seine spitzen Zähne bleckend, stürzte er sich auf ihn. Der Verirrte überwältigte ihn nicht nur mit seinem wuchtigen Angriff, sondern auch mit seinem Gestank. Einem Geruch, den Corellius sonst nur von den Leichenfeldern nach einer Schlacht kannte.
    Er fiel nach hinten über. Klirrend fiel das Schwert aus seiner Hand. Funken sprühend rollte die Fackel weg. Sein Feind stemmte die Knie auf seine Brust. Verzweifelt versuchte er, nach dem Verirrten zu schlagen, aber dieser packte seine Handgelenke und verdrehte sie.
    Seine Augen , schoss es durch seinen Kopf. Er hat keine Augen. An ihrer Stelle gähnte nur die Leere der Höhlen.
    Während der Verirrte mit der einen Hand immer noch seine Arme festhielt, hieb er die Klauen der anderen in Corellius' Brustkorb. Immer tiefer bohrte sich der Schmerz, durchdrang die Haut. Er schrie und wand sich, strampelte mit den Beinen.
    Er zerrt es aus mir. Er zerrt mein Herz aus mir.
    So viel er auch nach ihm trat und schlug, der Verirrte ließ nicht locker. Die Zähne gefletscht, beugte er sich tief über Corellius, sodass er seinen fauligen Atem roch. Nur noch im Entferntesten ähnelte sein von Narben überzogenes, marmorweißes Gesicht dem eines Menschen.
    Schreie und Kampfeslärm hallten durch den Trichter. Jemand rief immer wieder: »Er zerrt es aus mir!«, bis seine Worte in ein Röcheln übergingen.
    Corellius schloss die Augen, sah die nebelverhangenen Zinnzisternen vor sich. Roch noch einmal ihren Duft nach Morgentau und Bergblumen. Für einen Moment vertrieb die Erinnerung sogar den Schmerz der Klauen.
    Sie würden es nicht schaffen. Sie würden hier alle zugrunde gehen.
    Der Druck auf seine Brust löste sich.
    Er riss die Lider hoch. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Verirrte jaulend in den Abgrund stürzte. Fünf blutige Löcher klafften in Corellius' Brust.
    Seinen Oberkörper aufstützend, griff Corellius nach der Fackel.
    Ulme stand wenige Schritte vor ihm, das Falchion geschultert. »Als hätten diese Biester keine Augen im Kopf«, brummte er.
    Corellius nickte ihm dankbar zu.
    Der Kampfeslärm war verstummt, die Verirrten wieder mit den Schatten verschmolzen. Allein die Schreie blieben.
    Stöhnend rieb Corellius über seine Brust. Die Krallen hatten den Lederharnisch mühelos durchdrungen und sich einen Fingerbreit in sein Fleisch

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