Göttertrank
Mariana Leonor de Vallabriga y Rozas stützte ihren Ellenbogen auf den Kaminsims und betrachtete sie unschlüssig.
»Zu viel Hitze hat Doktor Luis Alfonso Martinez diagnostiziert? Kein Wunder, dass du melancholisch bist, querida. Aber dieses Zeug«, sie wies auf die Fläschchen und Flakons auf dem kleinen Tisch neben dem Bett, »wird dir auch nicht helfen. Ich habe ein wundervolles Mittel gegen den Überschuss von schwarzer Galle entdeckt.«
»Mariana, ich habe keine Lust mehr, mir noch mehr Blut abzapfen zu lassen und allerlei übelriechende Arzneien in mich hineinzuschütten. Mir wäre es lieber, mein Gatte würde mich nicht so vollkommen ungeniert mit dieser Beatrize de Todos dos Santos betrügen.«
»Du könntest ihn vergiften.«
»Ungern, Mariana, ungern. Ich erwarte, dass er der Vater meiner Kinder wird. Weißt du, wenn er sich denn schon mal in mein Bett verirrt, erweist er sich als strammer Hirsch.«
»Dann nimm eben doch die Medizin, die mir mein Médico empfohlen hat. Du wirst feststellen, sie ist weit davon entfernt, übel zu schmecken. Ich sende dir ein Quantum Schokolade. Das ist ein sehr wirksames Mittel aus unseren neuen Kolonien.«
Mariana erwies sich tatsächlich als gute Freundin. Am nächsten Morgen nahm Doña Teresa eine Tasse des mit feinstem Zucker, Vanille und Mandelmilch gewürzten Getränks zu sich, befand es als köstlich und verlangte eine zweite Portion. Danach fühlte sie sich merklich gekräftigt, und auch die Melancholie war verflogen.
Sie gewöhnte sich das Schokoladetrinken wie viele adlige Damen ihrer Zeit in Spanien an und fand in ihrem bittersüßen Trost weit mehr Befriedigung als in den sporadischen Aufmerksamkeiten ihres Gatten.
Pechsträhne
Wer sich der Einsamkeit ergibt, ach, der ist bald allein; ein jeder lebt, ein jeder liebt und läßt ihn seiner Pein.
Bettina von Arnim
Ich war in tiefste Melancholie versunken. Nichts erschien mir wert, meine Energie darauf zu verwenden, schon gar nicht ich selbst. Alles war mir gleichgültig geworden. Ich stand auf der Brücke und starrte in die schäumenden Wasser der Wupper. Das Tauwetter hatte den Fluss anschwellen lassen, und in den schmutzigen Wellen tanzten abgebrochene Äste, zerbrochene Flaschen, Holzstücke, ein alter Stiefel und der Kadaver eines ertrunkenen Hundes.
In der Flasche war noch ein letzter Schluck, ich trank sie aus, dann warf ich sie hinter dem Treibgut her. Sie wurde mit der reißenden Strömung aufgenommen und entschwand schnell meinem unsteten Blick.
Düster hing der Märzhimmel über Elberfeld, es nieselte, und der stetige, kalte Wind biss unangenehm in meinen unterernährten Körper. Ich hätte fortgehen sollen, zurück in den üblen Verschlag, der meine derzeitige Unterkunft darstellte. Schon viel zu lange stand ich da, die Hände an das Brückengeländer geklammert. Den einzigen Trost, die einzige Wärme hatte ich in den Branntweinflaschen gefunden. Nun war die letzte geleert, und die Hoffnungslosigkeit drohte mich zu überwältigen.
Als ich im Herbst nach einer strapaziösen Fahrt von Berlin eingetroffen war, hatte ich mich von der Posthalterei zu der Adresse durchgefragt, die Alexander Masters in seinen Briefen angegeben hatte. Noch immer verstört betrachtete ich kurz darauf das mit schwarzem Schiefer verkleidete Haus, dessen Fensterläden zum Großteil ungastlich verschlossen waren. Weiterhin trug ich die Witwenkleidung und verbarg mein Gesicht hinter dem dunklen Schleier. Obwohl ich nicht fürchtete, erkannt zu werden, schien es mir passend, denn das triste Schwarz entsprach meiner Stimmung. Es dauerte eine Weile, bis ich mich endlich entschließen konnte, den Klingelzug zu betätigen. Scheppernd schlug die Glocke im Haus an, und es öffnete mir eine hagere, alte Frau in strengen grauen Kleidern.
Ich stellte mich als Ella Wirth vor und bat, Herrn Alexander Masters sprechen zu dürfen.
»Herr Masters hat dieses Haus verlassen. Wir wünschen keinen Kontakt mit seinen – mhm – Bekannten«, erklärte die Alte mit einem abschätzigen Blick auf mich und den schweren Koffer an meiner Seite.
»Können Sie mir denn wenigstens sagen, wo ich ihn finde?«
»Es entzieht sich unserer Kenntnis, wo dieser Mann sich aufhält. Und nun entschuldigen Sie mich, ich habe keine Zeit für müßiges Geschwätz.«
Die Tür wurde mir vor der Nase zugeschlagen.
Betroffen schleppte ich mein Gepäck wieder zur Straße und sah mich hilflos um. Elberfeld machte auf mich den Eindruck eines trostlosen,
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