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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Ergebnis überzeugte ihn inzwischen. Nicht nur, weil es ihnen zusätzliche Aufträge einbrachte, sondern weil eine der leistungsfähigsten Pressen es ihm ermöglichte, Eisenteile in immer gleiche Formen zu stanzen oder zu pressen. Das war bei den Anforderungen an den Maschinenbau immer wichtiger geworden. Präzision war notwenig, und handgefertigte Maschinenteile wiesen meist zu große Abweichungen auf. Inzwischen machte sich Nettekoven sogar Hoffnung, als Zulieferer für die geplante Köln-Bonner Eisenbahn tätig werden zu können.
    Die zweite große Abnehmergruppe für kleinere Pressen waren die Landwirte. Obstsäfte waren nur ein Nebenprodukt, aber als Ölpressen waren sie beliebt und natürlich auch, um Zuckerrübensaft zu gewinnen. Viel Zucker entstand daraus nicht. Der überwiegende Anteil wurde vergoren und zu Branntwein verarbeitet.
    Der Bauer, dem Alexander das physikalische Gesetz von Kraftmoment und Lastmoment in schlichten Worten erläuterte, war schließlich so beeindruckt, dass er ihn zu Meisterin Gisa schickte, damit sie seinen Auftrag entgegennehmen konnte. Auch das war eine Neuerung. Gisa hatte die kaufmännische Abwicklung der Geschäfte nach und nach übernommen und schien dabei endlich den Verlust ihres Sohnes leichter tragen zu können. Sie war eine sichere Rechnerin und verstand sich genauso gut aufs Feilschen. Ihr Mann staunte hin und wieder sprachlos, wenn sie ihm die Abrechnungen vorlegte.
    Für heute hatte er seine Arbeit getan, befand Alexander. Denn auch die Dampfmaschine tat ihren letzten Schnaufer, das Hämmern in der Werkstatt verstummte, die Arbeiter räumten ihre Gerätschaften zusammen. Er nickte ihnen zu und schlenderte zu seinem Haus hinüber. Inzwischen war es weitgehend fertig umgebaut, und nur in zwei Zimmern fehlte es an Möbeln. Hinter dem Haus hatte Hannes einen Nutzgarten angelegt, in dem unter seinen Händen Kartoffeln, Tomaten, Gurken, Salate und allerlei Wurzelgemüse gediehen. Alexander hatte dem Jungen auch erlaubt, einige Blumen auszusäen, und jetzt, im Sommer, leuchteten die Wicken in allen Schattierungen zwischen Weiß und Dunkelrot, dazwischen erhob sich blau der Rittersporn, rot der Mohn und gelb die Sonnenblumen. Es mochte keine künstlerische Gartengestaltung sein, aber es wirkte fröhlich bunt, und Hannes war überglücklich mit seinen Erfolgen. Alle paar Tage fand Alexander einen frischen, farbenfrohen Strauß Blumen auf seinem Küchentisch.
    Neben dem Haus aber hatte er ein rechteckiges Stück Wiese stehen gelassen, und hier absolvierte er seine turnerischen Übungen. Auch an diesem strahlenden Spätnachmittag Ende August zog er sich die einfache Hose und den weiten Kittel an, um sich eine Stunde der Körperertüchtigung zu widmen. Anfangs hatten die Dorfkinder mit großen Augen am Zaun gestanden, ihm zugeschaut und gekichert. Es hatte ihn nicht gestört, und als der erste mutige kleine Steppke seinen Handstand nachzumachen versuchte, lud er sie hin und wieder ein mitzumachen. Auch diesmal hatten sich drei Grünschnäbel versammelt, und gemeinsam mit ihnen führte er sein Programm durch.
    Gerade ließ er sich aus dem Handstand nach vorne abrollen und stand federnd wieder auf, als eine Männerstimme vom Zaun her sagte: »Beeindruckend!«
    Mit Schwung kam Alexander rückwärts auf die Hände und nach einem präzisen Überschlag auf die Füße.
    »Eine Frage der Koordination.«
    »Überdehnt es nicht die Gelenke?«
    »Wenn man es unvorbereitet und ohne Technik betreibt, kann man sich sogar den Hals dabei brechen.«
    Alexander betrachtete den interessierten Zaungast. Er war etwa in seinem Alter, ein blonder Hüne mit lockigem Bart und braungebranntem Gesicht.
    »Verstehe«, nickte der. »Ich rudere und schwimme. Dazu braucht man auch eine gewisse Technik. Ohne die läuft man Gefahr zu ersaufen.«
    »Trafen Sie mit dem Drachenboot ein?«
    »Warum Drachenboot?«
    »Nun, die alten Nordmänner, so wird erzählt, kamen einst den Rhein mit ihren Drachenbooten herauf. Sie scheinen aus diesem trutzigen Geschlecht zu stammen.«
    »Ein dröger Kaufmannssohn bin ich, aus Bremen. Weder nach Brandschatzen noch Plündern steht mir der Sinn.«
    »Das beruhigt mich. Alexander Masters, Ingenieur und Turner, zu Ihren Diensten.«
    »Jan Martin Jantzen, Botaniker und so weiter. Wenn Sie der Ingenieur von Nettekoven sind, sind Sie der Mann, den ich suche.«
    »Aha. Jungs, die Turnstunde ist aus. Wenn ihr wollt, könnt ihr morgen wieder vorbeikommen. Und du, Hinz, solltest noch ein

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