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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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länger als drei Tage hielten diese zartschmelzenden Leckereien nicht. Doch Sahne und Butter in Verbindung mit Schokolade ergaben einen unvergleichlichen Geschmack, der selbst in mir die Naschkatze weckte.
    Puschok sah mich wissend an, als ich den Löffel ableckte.
    » Ein kleines Glück darf ich mir wohl gönnen, oder?«, fragte ich ihn.
    »Du hast das Glück im Kakao entdeckt, Amara, meine Schöne?«
    Ich zuckte zusammen. In der Tür stand MacPherson. Er brachte es immer wieder fertig, mich zu überraschen.
    »Du bist früher in Bonn als erwartet.«
    »Die Geschäfte gehen gut. Und zwischen Elberfeld und Düsseldorf gibt es jetzt eine Eisenbahn. Hier baut man ja auch schon kräftig an der Verbindung Bonn-Köln, habe ich gesehen.«
     
    Kurz nachdem wir unser Haus in der Sternstraße bezogen hatten, war Mac eines Tages aufgetaucht und fragte nach, ob wir Bestellungen für ihn hätten. Es war fast mehr als ein Zufall, denn ich hatte schon überlegt, wie ich ihn benachrichtigen könnte. Seine Verbindungen zu den Handelskontoren und Großhändlern waren für uns lebenswichtig. Doch während meiner Zeit als Apothekersgattin hatte ich ihn noch nicht einmal flüchtig getroffen. Als ich ihn dann aber wiedersah, fand ich ihn unverändert – ein rothaariger Bär von einem Mann mit einem dröhnenden Lachen und erstaunlich sanften Händen.
    Ja, auch ich hatte meine Boudoir-Affären hinter zugezogenen Portieren. Es ergab sich bereits beim ersten Mal, und viele Fragen dazu kamen uns beiden nicht in den Sinn. Inzwischen war es Gewohnheit geworden. Alle drei, vier Monate führte ihn seine Rundreise nach Bonn, er blieb zwei, drei Tage, ging seinen Geschäften nach und verbrachte die Nächte bei mir. Wenn er fortging, geschah es ohne Schmerz, während seiner Abwesenheit sehnte ich mich nicht nach ihm, aber wenn er wieder in der Tür stand, freute ich mich aufrichtig.
    Genau wie heute – er hätte zu keinem besseren Zeitpunkt eintreffen können.
    »Was bringst du für Neuigkeiten mit?«, fragte ich, während ich den Wasserkessel aufsetzte, um Kaffee zu kochen.
    Mac machte es sich an dem klebrigen Arbeitstisch gemütlich und berichtete, was ihm erwähnenswert schien. Ich hörte mit halbem Ohr zu und putzte dabei die Spuren der Trüffelzubereitung fort. Puschok sprang auf seinen Schoß und begrüßte ihn mit einem donnernden Schnurren, Melli kam ebenfalls dazu und gab Mac einen schmatzenden Kuss.
    »Dein guter Freund Schlaginhaufn hat, wie ich vorgestern in Köln hörte, in aller Stille Margarethe Bevering geheiratet«, war die erste Feststellung, die mir eine Reaktion entlockte.
    Melli auch.
    Unser beider Ausrufe waren nicht zitierfähig, und Mac lachte.
    »Da haben sich also die Richtigen gefunden, was?«
    »Ich wünsche ihnen die Pest und die Cholera, das kannst du mir glauben. Schade, dass ich den Schmuddeldoktor nicht des Mordes an Anton beschuldigen kann.«
    »Das wird dir nie gelingen, also denk gar nicht erst daran. Deine Stieftochter hat ihnen übrigens das Haus vermietet und ist als Haushälterin zu Pfarrer Gerlach gezogen.«
    Diese Neuigkeit entlockte Melli und mir ein schallendes Lachen. So viel zu Affären hinter ehrbaren Vorhängen. Als wir uns beruhigt hatten, meinte Mac: »Ihr habt gut daran getan, nach Bonn zu ziehen. Wie geht es deinem Kakaodoktor, Melli?«
    Vor einem Jahr hatten wir ein überraschendes Zusammentreffen erlebt. Jan hielt sich bei uns auf, als der Reisende eintraf, und als wir die beiden einander vorstellten, hatte MacPherson Jan mit den Worten begrüßt: »Die Welt ist klein geworden, Jan Martin Jantzen. Und Sie sind groß geworden, seit ich Sie damals aus dem Kakao gezogen habe.«
    »Du meine Güte, der Tallymann!«
    »Sie erinnern sich?«
    »Sie haben sich wenig verändert, MacPherson.«
    »Sie hingegen schon. Ich sehe noch einen ungelenken, dicken Jungen vor mir. Davon ist nichts übrig geblieben als die verblasste Narbe an Ihrer Schläfe. Meine Gratulation.«
    Danach waren beide ohne Umschweife ins Gespräch gekommen, und ich erhielt beim Zuhören erstmals einen winzigen Einblick in Macs Leben. Jan und er fanden viele Gemeinsamkeiten in Sachen Seefahrt, denn Mac war nach den Freiheitskriegen einige Jahre als Frachtaufseher zwischen Bremen und Südamerika hin- und hergefahren.
     
    Melli goss Mac eine Tasse Kaffee ein und beantwortete seine Frage nach Jans Befinden mit den Worten: »Er ärgert sich unbändig, weil ein Russe ihm zuvorgekommen ist. Das ganze letzte Jahr hat er an der Analyse des

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