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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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älter als du, mo puiseag. « Mac strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn.
    »Ja, das bist du. Glaubst du, dass ich noch immer nach einem Mann suche, der mir den Vater ersetzt?«
    »Tust du das?«
    Nein, nicht mehr. Die Erkenntnis traf mich just in diesem Augenblick. Nein, ich suchte inzwischen nach etwas anderem. Den Geborgenheit spendenden, den mich beschützenden, vor der Welt behütenden Mann suchte ich nicht mehr. Ich war erwachsen geworden und konnte selbst für mich sorgen. Und für andere.
    »Mac?«
    »Ja, meine Schöne?«
    »Was ist dein Ziel im Leben? Du bist immer auf Reisen – suchst du auch etwas?«
    Ein tiefes, brummeliges Lachen durchbebte seinen Brustkorb.
    »Klug bist du auch geworden, Amara. Ja, auch ich suche etwas. Ich habe eine Schuld abzutragen, und ich suche den Mann, bei dem ich sie begleichen kann. Aber das ist keine Geschichte, die dich betrifft.«
    Er wollte es für sich behalten. Nun gut, das war sein Recht. Also hakte ich nicht nach, sondern stellte einfach fest: »Also, ich glaube, mein Ziel kenne ich jetzt. Aber es wird einen harten Kampf bedeuten, es zu erreichen.«
    »Ja?«
    »Ja. Ich will Gräfin werden«, kicherte ich.
    »Das schaffst du, Euer Gnaden. Daran zweifle ich nicht. Aber vorher...«
    Ja, vorher …

Witwenkuren
    Ach! sie schwankt mit müden Füßen.
Süßes, dickes Kind, du darfst
Nicht zu Fuß nach Hause gehen.
    Gedächtnisfeier, Heine
     
     
    Dotty stapfte mit flatterndem Witwenschleier und schmerzenden Füßen den schlammigen Weg entlang und verfluchte den Arzt, der sie zu dieser widerwärtigen Kur gezwungen hatte. Jeden Tag musste sie dreimal das Godesberger Brunnenwasser trinken, ein Gesöff, das bar jeglichen Geschmacks war. Und vermutlich auch bar jeder Heilwirkung. Wasser – was sollte das schon ausrichten? Außer dass es ihren beständig brennenden Durst löschte. Aber viel lieber hätte sie dazu süßen Wein, Kakao oder einen Liqueur zu sich genommen.
    Bewegung hatte er ihr auch verordnet. Viel Bewegung. Daher wanderte sie nun seit drei Monaten täglich von ihrem Hotel neben der Redoute zu der Wasserquelle in der Brunnenallee und verdarb sich die hübschen, hochhackigen Saffianstiefelchen auf den matschigen Straßen.
    Aber das größte Ärgernis waren die Diätvorschriften, die der Doktor ihr gemacht hatte. Auf jegliche Köstlichkeit musste sie verzichten. Kein einziges Cremetörtchen gestattete er ihr. Grünes Gemüse, kaum gewürzt, dann und wann einen rohen Apfel, gedünsteten Fisch und Eier, aber kein Brot, keine Kartoffeln, keine Nudeln. Es war ein Martyrium.
    Dabei hatte Gérôme sie begleitet, um ihr das Leben mit seinen Kreationen zu versüßen. Stattdessen saß er jetzt unbeschäftigt in einer Pension und war noch nicht einmal so recht dazu zu bewegen, wenigstens jene ihrer leiblichen Bedürfnisse zu befriedigen, die nichts mit der Einnahme von Mahlzeiten zu tun hatten.
    Ihr Bruder war auch keine Bereicherung in ihrem Leben. Max hatte sich eng an diesen Doktor Jantzen angeschlossen, und wenn sie ihm ihr Leid klagte, dann wies er nur immer wieder darauf hin, dass auch Jan Martin die verordnete Therapie für die einzig sinnvolle bei der sie plagenden Zuckerharnruhr hielt.
    An diesem feuchtkalten Morgen allerdings zeichnete sich ein Ende ihrer Torturen ab. In der Brunnenhalle hatten sich die üblichen Maladen versammelt, um bei müßigem Geschwätz ihr Wasser zu schlürfen. Die Gesellschaft war zwar nicht besonders anregend, aber es war die einzige, die ihr als Witwe erlaubt war. Gelbhäutige Herren mit schwammigen Gesichtern versuchten, den jahrelangen Überfluss an geistigen Getränken aus der Leber zu spülen, einige anämische Mädchen suchten Stärkung in Bäder- und Trinkkuren, Rekonvaleszenten an Krücken oder in Rollstühlen ließen sich von griesgrämigen Helfern die Gläser füllen. Doch eine Dame war neu hinzugekommen, und sie machte keinen hinfälligen Eindruck. Sie mochte um die fünfzig sein, trug gedeckte, doch sehr teure Kleidung und hatte eine ansprechend füllige Figur. Mit sichtbarem Widerwillen nippte sie an dem ihr gereichten Getränk, und Dorothea wagte lächelnd zu bemerken: »Ein Glas Rheinwein, scheint es, wäre auch Ihnen lieber.«
    Ein abschätzender Blick war die erste Reaktion, dann aber ein leichtes Nicken.
    Dotty beließ es dabei. Sie waren einander nicht vorgestellt worden, und sollte die Dame tatsächlich den Wunsch nach Konversation mit ihr haben, würde sie den ersten Schritt unternehmen.
    Sie tat es bereits am

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