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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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vermitteln kann. Ich kenne einige Leute.«
    »Oh, hoffentlich in Marrakesch oder Kairo!«
    »Pfft. Du willst doch hier dein Land bebauen, oder?«
    »War ja nur ein Scherz.«
    »Ich weiß. Lern Französisch, Junge. Ich glaube, da gibt es Möglichkeiten.«
    »Sie meinen das wirklich ernst?«
    »Ja, ich meine es ernst. So, und nun will ich mal schauen, was für eine Unordnung ihr in meiner Sammlung angerichtet habt. Wie habt ihr die Schlösser eigentlich aufbekommen?«
    Dotty auf ihrem Lauschposten zuckte zusammen. Aber ihr Bruder verriet den Einsatz der Häkelnadel nicht, sondern murmelte nur so etwas wie: »Oooch, die sind doch sehr einfach...«
    Sie hoben den Deckel der Truhe, auf der sie gesessen hatten, und ihr Onkel gab einen Seufzer von sich.
    »Gut, dass du tatsächlich nichts davon angerührt hast. Hier, diese Flaschen enthalten einige recht gefährliche Substanzen.«
    »Muskatnuss ist doch nicht gefährlich, oder? Sie wird zum Würzen gebraucht. Zumindest von unserer Köchin.«
    »Eine Prise davon ist harmlos, aber der Verzehr von nur einer Nuss führt zum Tode. Diese Samen vom Wabayo-Baum verwenden die Eingeborenen, um damit ihre Pfeilspitzen zu vergiften. Das hier sind Iboga-Wurzeln, die teuflische Halluzinationen auslösen. Und die Samen des Wunderbaums sind schlichtweg tödlich. Obwohl aus ihnen das auch dir bekannte Rizinusöl hergestellt werden kann.«
    »Bah!«
    »Gelegentlich notwendig. Das hier sind Samen des Affenbrotbaums – weil die Affen die Früchte lieben -, das ist Brechnuss, das ein getrockneter Skorpion. Kurz und gut, ein ganzer Giftschrank.«
    Während die beiden unten nun die einzelnen Fundstücke betrachteten, zog Dotty sich wieder in die Welt der edlen Ritter und schmachtenden Burgfräulein zurück und wurde erst daraus gerissen, als sich Hufschlag näherte. Ihr Vater stapfte ebenfalls in die Scheune und rief aus: »Dacht ich es mir doch! Maximilian, nach Hause! Deine Mutter hat Besuch und erwartet dich und Dorothea.«
    »Ja, Herr Vater.«
    Besuch, bei dem sie und ihr Bruder anwesend zu sein hatten, hasste Dotty ganz besonders. Also verhielt sie sich mucksmäuschenstill, um nicht entdeckt zu werden.
    »Na, Lothar? Noch alles vorhanden von deinem Krempel?«
    »Sieht ganz so aus. Ich werde es von hier entfernen, Briesnitz. Es war ungeschickt, die Sachen in Griffweite von Kindern zu lagern.«
    »Daran hättest du früher denken sollen. Ist etwas Wertvolles abhandengekommen?«
    »Ich habe noch nicht alles durchgesehen.«
    Ziemlich spöttisch fragte der Baron nach: »Ist überhaupt etwas von Wert darunter?«
    »Von wissenschaftlichem Wert. Die Diamanten habe ich natürlich bei einer Bank deponiert.«
    »Natürlich. Diamanten. Was sonst.«
    »Von den Opalen habe ich nur einige ganz besonders schöne Stücke behalten, der Rest beschert mir ein recht anständiges Leben, Briesnitz. Ein paar Verpflichtungen habe ich hier noch, und wenn die abgegolten sind, gehe ich wieder auf Reisen.«
    Ihr Vater, stellte Dotty fest, war sprachlos. Dann aber fing er sich und fragte: »Du hast tatsächlich ein Vermögen gemacht?«
    »Tatsächlich. Sag mal, was ist eigentlich aus der hübschen Zuckerbäckerin geworden, der Birte?«
    »Birte? Himmel, Lothar, ich kann mir doch nicht den Namen jedes Dienstmädchens merken. Frag deine Schwester, die ist für das Personal zuständig.«
    Dotty spitzte die Ohren. Wieso interessierte sich ihr Onkel für ein Küchenmädchen? Sie ahnte, wen er meinte, denn als sie vor Jahren einmal die Massows in Mecklenburg besuchten, hatte sie, schon immer ein offenes Ohr für jeden Dienstbotenklatsch, gehört, Lady Henrietta habe jene Birte übernommen. Es war damals gemunkelt worden, die Baronin habe sie rausgeworfen, weil sie schwanger war. Und das war wohl richtig, denn dieses widerliche Balg Amara hatte sie beim Naschen erwischt. Ob sich dahinter ein Skandal verbarg? Sie würde etwas tiefer nachforschen müssen. Aber erst hatte sie noch etwas anderes vor. Die beiden Männer verließen nämlich die Scheune, und Onkel Lothar hatte vergessen, die als »Giftschrank« bezeichnete Truhe abzuschließen. Eine hervorragende Gelegenheit, sich mit einem Mittel einzudecken, um Vergeltung zu üben.
    Am vergangenen Weihnachtsfest hatten ihr nämlich ihre Mitschülerinnen einen üblen Streich gespielt. Bei der Aufführung eines Krippenspiels vor Eltern, Verwandten und Freunden hatte sie sich um die Rolle der Maria bemüht und mit Hilfe kleiner Intrigen auch erhalten. Sie hatte ihre goldblonden Locken

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