Göttertrank
einen Handelspartner mit heiratsfähigen Töchtern für dich suchen, dann hast du zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.«
»Papa wäre eine Verbindung mit dem Adel lieber.«
»Das schränkt die Auswahl natürlich ein.«
»Ich hingegen ziehe eine junge Dame vor, die meine Gefühle weckt und erwidert.«
»Dann wird es richtig schwierig.«
»Ach Jan, mein Herz ist leicht zu betören. Aber blond soll sie sein!«
»Wir werden Flugblätter drucken lassen.« Die Planung der Reise hatte noch einmal drei Monate gedauert, umfangreicher Briefwechsel musste geführt, Passagen gebucht, Gepäck zusammengestellt werden, und nun, drei Jahre nach seinem Aufbruch, befand Jan Martin sich endlich auf der Heimreise. In Deutschland würden sie zunächst in Bremen bei Jantzens Station machen, dann Bonn aufsuchen, wo Jan Martin seine Kontakte zur Universität erneuern wollte, und anschließend eine Reise in die Hauptstadt Berlin unternehmen.
Die Seereise verlief unter angenehmsten Bedingungen. Das Wetter benahm sich bilderbuchhaft, und oft lauschte Jan Martin den Matrosen, die zu den Shantys die Segel setzten. Diese Arbeitslieder, die den Takt für die gemeinsame Arbeit in der Takelage angaben, klangen schwermütig, und er ertappte sich, wie er das »Rolling home« mitsang. Die Musik erinnerte ihn an die karibischen Abende, an denen er am Feuer gesessen und den Gesängen der Arbeiter zugehört hatte. Manchmal dachte er mit einer gewissen Trauer an Yuni, die er ohne Abschied verlassen hatte.
Doch diese Anfälle von Melancholie waren nur von kurzer Dauer. Die Gesellschaft an Bord war abwechslungsreich und unterhaltsam. De Haye konnte stundenlang von seinen Erlebnissen in Südamerika berichten, von den Sitten der Indianer, den alten Kulturen und den Auswirkungen der spanischen Conquista.
»Den Kakao, Gilbert, haben die Spanier zunächst mit Abscheu betrachtet. Aber sie anerkannten die Kakaobohnen als das Zahlungsmittel und Tauschgut der Eingeborenen. Die alten Völker haben die Bohnen nicht nur zu einem für uns ziemlich ungewöhnlichen Getränk verarbeitet – mit Chili etwa oder mit Mais -, sondern auch als Geld betrachtet.«
»Das tut mein Vater auch«, stellte Gilbert nüchtern fest. »Auch für ihn ist es Geld, das auf Bäumen wächst.«
»Für Sie ist es mehr?«
»Jan hat mich dazu gebracht, die Bäume und die Arbeiter als etwas Lebendiges zu betrachten. Ich weiß noch nicht, welche Konsequenzen das für die Zukunft hat, ob es gut oder schlecht für unsere Plantage ist. Aber einige Dinge werde ich ändern, wenn ich zurückkehre.«
»Mehr Fliegen für die Bäume und bessere Unterkünfte für die Arbeiter. Und intelligentere Vorarbeiter, Gil.«
Gilbert grinste. »Nur weil du Weichling dich von Rodriguez hast schikanieren lassen?«
»Rodriguez ist nicht mehr auf der Plantage beschäftigt«, gab Jan Martin zurück, und Gilbert nickte. »Eine der ungeschickten Maßnahmen meines Vaters war es, ehemalige Sträflinge aus Europa als Vorarbeiter einzusetzen. Das werde ich auf jeden Fall ändern.«
De Haye nickte zustimmend. »Dann kann ich nur hoffen, Ihr Vater erweist sich als ein einsichtiger Mann. Nicht jeder lässt sich von seinem Sohn vorschreiben, wie er sein Geschäft zu führen hat.«
»Es wird Auseinandersetzungen geben. Aber ich bin der Erbe, und das gibt mir ein gewisses Mitspracherecht. Außerdem ist da noch Inez.«
»Ihre Schwester interessiert sich auch für die Pflanzung?«
»Sogar sehr. Sie hing förmlich an den Lippen dieses Botanikers hier, wenn er von Kreuzung und Veredelung sprach.«
»Ja, das stimmt. Sie ist sehr aufgeschlossen diesen Dingen gegenüber. Und sie wickelt deinen Vater mit Leichtigkeit um die Finger. Aber ob er auf sie hören wird, wenn sie vorschlägt, den Trinitario mit dem Criollo zu verheiraten, weiß ich nicht.«
»Wer mit wem?«, fragte de Haye verdutzt. »Betreibt sie ein Kupplergeschäft?«
Gilbert lachte. »Trinitario ist die Kakaosorte, die wir anbauen. Der Baum ist bereits eine natürliche Kreuzung aus dem Criollo, der in Venezuela wächst, und dem Forastero, der am Amazonas gedeiht. Er ist irgendwann vor vielen Jahren entstanden, als eine Krankheit die Baumbestände unserer Insel vernichtet hat. Sie müssen wissen, der Criollo ist sehr empfindlich, hat aber hocharomatische Bohnen. Der Forastero ist widerstandsfähiger, entwickelt aber nicht so viel Geschmack. Unser Trinitario vereint beide Vorteile, könnte aber durch Veredelung noch gewinnen.«
»Lebendige Bäume, ich
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