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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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bekommen. Aber schlechter Stil ist es ebenfalls.«
    »Dann sollten Sie Ihre Worte überdenken, Onkel Lothar. Soweit ich weiß, haben Sie ebenfalls einen Hang zum Personal. Gab es da nicht mal ein Küchenmädchen namens Birte? Sie haben sich bei Ihrem letzten Besuch sehr eingehend nach ihr erkundigt.«
    Sie hatte mitten ins Schwarze getroffen. Das bemerkte sie, als de Haye zusammenzuckte, als habe er eine Faust in den Magen bekommen.
    »Ich habe Birte als Zuckerbäckerin sehr geschätzt, Dorothea. Deine Bemerkung bestätigt mir deine ausgesucht niedrige Gesinnung. Aber eine bessere hat man dich nicht gelehrt. Das wird nun das Leben selbst übernehmen müssen. Doch lassen wir das. Ich habe das Gespräch mit dir unter vier Augen gesucht, um zu sehen, ob ich dir aus der verfahrenen Angelegenheit nicht doch noch helfen kann. Unter ganz bestimmten Bedingungen werde ich das noch einmal tun.«
    Dorothea war sich trotz aller Naivität durchaus bewusst, dass ihr Onkel der Einzige war, von dem sie Unterstützung erhoffen konnte. Sie riss sich zusammen, murmelte eine Entschuldigung und fragte dann: »Was soll ich tun?«
    »Ein vollkommen tadelloses Leben führen. Dazu gehört nicht nur Verzicht auf die Freuden der Liebe, sondern auch der auf übermäßige Naschereien. Bei einem sehr jungen Mädchen mag eine gewisse Molligkeit wünschenswert sein, bei einer jungen Frau wirkt Fettleibigkeit abstoßend. Und zu fett bist du bereits.«
    Wiederum musste Dorothea nach Luft schnappen. Sie war Komplimente gewöhnt, nicht derart niederschmetternde Äußerungen. »Wie ungalant«, empörte sie sich.
    »Nur ehrlich. Es liegt in deiner Hand. Verzichte auf Bonbons und Pralinen, und du bekommst von mir eine Mitgift, die dich einem – sagen wir – vernünftigen Landjunker angenehm machen wird.«
    »Ich will keinen Landjunker heiraten und auf einem dämlichen Gut versauern.«
    »Ja, glaubst du denn, eine angeschlagene Ware wie du wird etwas anderes bekommen?«
    »Das ist Amaras Schuld. Die hat die Gerüchte verbreitet. Die genießt das, mich durch den Dreck zu ziehen. Die hat …«
    »Dorothea!«
    Der scharfe Klang brachte sie zum Schweigen.
    »Wer ist diese Amara, der du beständig die Schuld für die schiefe Lage gibst, in die du dich selbst gebracht hast?«
    »Das Serviermädchen vom Café Nadina in Berlin. Sie ist der Bankert Ihrer hochgeschätzten Birte.«
    »Tatsächlich? Möglicherweise muss ich ihr einmal einen Besuch abstatten. Ihre Version der Geschichte beginnt mich zu interessieren.«
    Das aber musste verhindert werden, denn als Augenzeugin des zitierten »Hallodri« in der Küche würde sie die Angelegenheit nur noch verschlimmern.
    »Sie ist auch nur eine unter vielen«, murmelte sie also. »Gut, ich werde tun, was Sie verlangen, Onkel Lothar.«
    »Dann werde ich meine Schwester dazu überreden, mit dir noch eine Saison in Berlin zu verbringen. Dem ersten akzeptablen Heiratsantrag wirst du zustimmen. Haben wir uns verstanden?«
    »Ja, Onkel Lothar.«
    »Dann wollen wir unsere Fahrt jetzt fortsetzen.«
     
    Dorothea hatte sich, dank der finanziellen Unterstützung ihres Onkels, eine kostspielige neue Garderobe schneidern lassen können, und überlegte an diesem wundervoll warmen Augustmorgen, welches der Musselinkleider sie für das Picknick im Tiergarten wählen sollte. Die Zofe hatte ihre Taille – sie war tatsächlich etwas schmaler geworden, denn die Predigt im Winter hatte ihr für mehrere Wochen den Appetit verschlagen – zu einem modisch engen Umfang geschnürt, der ihr das Atmen zwar erschwerte, den Kleidern aber erst die rechte Form gab. Die gewaltigen Ärmel der Vorjahre waren in diesem Sommer vollkommen aus der Mode gekommen, man trug sie wieder eng anliegend. Das Dekolletee hingegen zog sich bis über die Schultern, wodurch die tief angesetzten Ärmel den Damen nur geringen Bewegungsspielraum ließen. Doch das nahm Dotty, wie alle ihre Zeitgenossinnen, gerne in Kauf, zumal ihre schwellende Oberweite dadurch lockend betont wurde. Unterhalb der engen Taille bauschten sich aber die Röcke über unzähligen volantreichen Unterröcken, die ebenfalls ungehindertes Ausschreiten unmöglich machten.
    Ein hellblaues, mit rosa und gelben Streublümchen bedrucktes Kleid mit spitz nach unten gezogener Schneppentaille war schließlich ihr Favorit. Ein breiter, mit Spitzen besetzter Kragen umschmeichelte den Ausschnitt, und rosa Rosetten und Schleifen schmückten den weiten, schwingenden Saum. Auf ihre goldblonden, mit der

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