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Göttin der Wüste

Göttin der Wüste

Titel: Göttin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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gesagt, wir verstärken die Wachen. In ein paar Tagen wird dein Vater hier sein, und er wird wissen, was zu tun ist.«
    »Vater ist ein Freund der Eingeborenen.« Valerian betonte das Wort, als bezichtige er Titus des Hochverrats. »Er wird die Gefahr unterschätzen.«
    »Ich weiß, was du fühlst, Valerian. Die Offiziere haben euch aufgepeitscht, das ist ihre Aufgabe. Sicher ist es richtig, wenn eure Patrouillen ein paar Runden mehr drehen und die Wächter auf den Türmen des Forts die Augen offenhalten, statt Karten zu spielen.«
    Valerian wollte sie unterbrechen, doch Madeleine wischte seinen Einwand mit einer barschen Handbewegung beiseite. »Du weißt, wie stolz ich auf dich bin. Das weißt du doch, oder?«
    »Ja, Mutter«, sagte Valerian leise.
    »Dann ist dir auch klar, wie dankbar ich dir bin, daß du uns über die neuesten Entwicklungen auf dem laufenden hältst. Trotzdem wäre es falsch, gleich in Panik zu geraten. Unsere Diener sind uns treu ergeben« – Johannes verbeugte sich bei diesen Worten demütig in ihre Richtung –, »und ich habe keinen Zweifel, daß wir in Sicherheit sind.«
    Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Wie kommt es eigentlich, daß du hier bist? Hat man dich einfach ziehen lassen?«
    Valerian schaute verlegen auf seinen leeren Teller, während aller Augen ihn beobachteten. Seine Lider zuckten, wie damals, als er Cendrine zum erstenmal gegenübergestanden hatte. »Ich bin einer von denen, die in die Wüste abkommandiert worden sind. Ich gehe in die Kalahari, schon übermorgen.«
    »Wie bitte? « Madeleines Stimme übertönte das Scheppern des Geschirrs, als sie Messer und Gabel auf den Teller fallen ließ.
    Valerian begegnete dem Blick seiner Mutter mit einer Mischung aus Trotz und Stolz. Er nickte langsam, als hätte ihm die heftige Reaktion Madeleines neuen Auftrieb gegeben. »Ja, Mutter. Ich gehe fort von hier, wenigstens für ein paar Monate.«
    »Wer hat das veranlaßt?« rief sie aufbrausend.
    »Der Gouverneur persönlich. Meine Kompanie wird in ein Fort nördlich von Osire verlegt.«
    »Aber das ist absurd! Windhuk ist wichtiger als irgendein gottverlassener Außenposten in der Wüste. Falls es wirklich zu einem Aufstand kommt, braucht die Stadt jeden Mann, den sie –«
    »Mutter, bitte!« unterbrach Valerian sie sanft. »Irgend jemand hat sich etwas bei dieser Entscheidung gedacht. Und es kommen neue Kompanien nach Windhuk, frische Einheiten aus dem Reich.«
    »Es wird Wochen oder Monate dauern, bis die hier sind.«
    Valerian schüttelte den Kopf, als eines der Dienstmädchen ihm Tee einschenken wollte. »Man befürchtet, daß die Aufständischen unvermutet Unterstützung durch die Wüstenstämme erhalten könnten. Vielleicht ist das der große Trumpf, den sie im Ärmel haben. Möglich, daß sie deshalb so lange gewartet haben. Wir dürfen kein Risiko eingehen, nur deshalb werden so viele von uns in den Osten geschickt. Niemand weiß, wie es im Inneren der Kalahari aussieht. Hausen dort nur ein paar hundert oder zigtausende von Eingeborenen? Wenn die uns in den Rücken fallen, lebt innerhalb einer Woche in ganz Südwest kein Weißer mehr.«
    Das schwarze Dienstmädchen, das gerade Cendrines Tasse nachfüllte, zitterte mit einemmal so heftig, daß der Kaffee überschwappte und auf die Tischdecke spritzte.
    »Verzeihung, oh bitte, verzeihen Sie«, stammelte sie aufgeregt, und sofort standen ihr Tränen in den Augen.
    Cendrine tätschelte beruhigend die Hand des Mädchens. »Schon gut«, sagte sie leise. »Das macht doch nichts.«
    »Natürlich macht es etwas!« rief Madeleine aufgebracht. Offenbar hatte sie ein Opfer auserkoren, an dem sie ihre Wut über Valerians Versetzung auslassen wollte. »Diese Decke hat ein Vermögen gekostet. Es ist skandalös, daß sie jetzt durch die Dummheit dieses Trampels verschandelt ist.«
    Das Mädchen begann zu weinen. »Es tut mir leid. Ich wollte das nicht.«
    Plötzlich war Johannes neben der Dienerin und schob sie zur Tür. Seine Lippen bewegten sich, als flüstere er etwas, aber Cendrine konnte ihn nicht verstehen. Wohl bemerkte sie, daß Adrian den Butler dabei beobachtet hatte.
    Nachdem das Mädchen fort war, verbeugte Johannes sich vor Madeleine. »Bitte entschuldigen Sie diesen Vorfall. Es wird nicht wieder vorkommen, vertrauen Sie mir.«
    Madeleine nickte ihm widerwillig zu. »Gehen Sie. Die Familie will unter sich sein.«
    Johannes verbeugte sich erneut und bedeutete auch dem zweiten Dienstmädchen, das Morgenzimmer zu

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