Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
Vom Netzwerk:
dich für sich sterben lassen.«
    Der Geist der Frau sah den Gott mit großen feuchten Augen an. »Er weinte und zerriss sich die Kleider. Seine Traurigkeit war so groß.«
    »Aber nicht groß genug, um dich aufzuhalten«, bemerkte Hades.
    »Du musst verstehen, dass ich keine andere Wahl hatte. Ich musste seinen Platz einnehmen.« Wieder begann Alcetis zu weinen.
    »Das ist der Grund, warum du solche Schmerzen und solche Einsamkeit spürst. Es war vor deiner Zeit. Dein Lebensfaden wird noch gesponnen. Das weiß deine Seele, deshalb kannst du keinen Frieden finden.« Hades sprach feierlich, verlieh seinen Worten großes Gewicht.
    »Also, das kann doch nicht richtig sein«, sagte Lina. »Sieh sie dir doch an – sie hat ja nicht mal denselben Körper wie die anderen Geister.«
    »Das liegt daran, dass sie anders ist. Sie ist am falschen Ort, jenseits ihres zugewiesenen Schicksals.«
    »Das klingt für mich, als müsstest du es wieder geraderücken«, sagte Lina bestimmt.
    »Sie ist hier, weil sich ein Gott in das Leben der Sterblichen eingemischt hat, was viel zu oft und aus viel zu selbstsüchtigen Gründen passiert. Ich halte nicht viel davon, das irdische Leben zu beeinflussen.«
    »Aber sie gehört jetzt zu deinem Reich. Du mischst dich genau genommen nicht ein, du tust nur deine Arbeit.«
    Hades sprach durch zusammengebissene Zähne. »Persephone, weißt du nicht mehr, was das letzte Mal geschah, als du die Entscheidung trafst, einen Geist zurück in das Land der Lebenden zu schicken?«
    Lina zuckte zusammen, als hätte er ihr eine Ohrfeige gegeben. »Das ist etwas anderes, und ich kann nicht glauben, dass du so herzlos bist und das nicht erkennst!« Ihre Stimme war kalt wie Eis.
    »Oh, bitte!« Alcetis warf sich zwischen den beiden Unsterblichen auf die Knie. »Ich wollte keinen Unfrieden zwischen dem König und der Königin der Unterwelt auslösen.«
    »Wie hast du Persephone gerade genannt?«, fragte Hades scharf. »Welchen Titel hast du ihr gegeben?«
    Zitternd antwortete der Geist dem Gott. »Ich habe sie Königin der Unterwelt genannt, aber ich habe ihr den Titel nicht verliehen, Herr. Ich habe nur wiederholt, wie sie in der Welt dort oben genannt wird.« Sie warf Lina ein scheues Lächeln zu. »Es ist wohlbekannt, dass sie nun an deiner Seite herrscht.«
    Lina war sprachlos. Königin der Unterwelt? So wurde sie tatsächlich genannt? Sie schaute Hades an, und der dunkle Gott fing ihren Blick auf. Seine Augen loderten, sein Gesicht schien vor Freude zu brennen. Als er sprach, konnte Lina nicht zur Seite sehen, und sie vergaß zu atmen.
    »Verkünde dein Urteil, Persephone. Ich beuge mich deinem Willen.«
    Und dann neigte er kaum merklich den Kopf vor ihr.
    Lina zwang sich, den Blick von ihm zu lösen. Unsicher lächelte sie Alcetis an. »Dann lautet mein Urteil, dass du in die Welt der Sterblichen zu deinem Mann zurückkehrst, um dein Schicksal bis zum Ende zu leben. Und sage deinem Ehemann, er könne dem neuen Faden folgen, den die Parzen für ihn gesponnen haben.«
    Mit einem glücklichen Aufschrei sprang Alcetis auf die Füße, griff nach Linas Hand, küsste sie und drückte sie an ihre feuchte Wange. Durch glänzende Augen strahlte sie Lina an.
    »Oh, ich danke dir, Königin der Unterwelt. Meine Kinder und meine Kindeskinder werden dir jedes Frühjahr bis zum Ende der Zeiten Opfer bringen.«
    »Das ist wirklich lieb von dir, aber du sollst wissen, dass ich es bevorzuge, wenn ein wenig Wein und Honig auf dem Boden versprengt werden. Blutopfer mag ich nicht so gerne«, sagte Lina schnell.
    Alcetis machte einen tiefen Knicks. »Ich werde deine Freundlichkeit nie vergessen, Göttin.«

21
    Hades war sehr ruhig gewesen, nachdem Alcetis über den Weg verschwunden war, der sie zu ihrem sterblichen Leben zurückbringen würde. Immer wieder warf Lina ihm kurze Seitenblicke zu. Er hielt ihre Hand, aber seine Miene war undurchdringlich. Auf jeden Fall machte er sie sehr nervös. Wollten sie immer noch zu seinem Gemach? Hatte sie seine Reaktion falsch verstanden, als er hörte, dass sie Königin der Unterwelt genannt wurde? Konnte es eine andere Gefühlsregung als unbändiges Glück gewesen sein, die sie meinte, gesehen zu haben? Doch warum hätte er ihr dann erlaubt, ein Urteil zu fällen, wenn er doch entschieden dagegen war? Ihr Kopf fühlte sich an, als sei er voller Glühwürmchen.
    Sie betraten den Palast durch den hinteren Hof und wandten sich nach links, fort von Linas Gemach, gingen am Eingang des

Weitere Kostenlose Bücher