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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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nicht das, was er erwartet hatte.
    »Ah, ihr seid alles gute Jungs. Seid nicht traurig. Ich bin nicht böse auf euch.«
    Hades fand es immer noch schwer zu glauben, doch seine Streitrösser schnüffelten an ihr und wieherten leise. Sie glichen zahmen Ponys.
    Schließlich kam sie lachend zwischen den Tieren hervor. Sie spürte Hades’ Blick auf sich und lächelte zu ihm hoch. »Ich liebe Pferde, du nicht?«
    Bei ihrem strahlenden Gesichtsausdruck zog sich sein Magen zusammen. Hatte ihn eine Göttin schon jemals so angesehen? Sein Mund wurde trocken. Er musste schlucken.
    »Ja.«
    Lina glaubte, sich in diesem einen schlichten Wort, gesprochen mit Hades’ voller, tiefer Stimme, verlieren zu können. Aus irgendeinem albernen Grund lief sie rot an und drehte sich schnell um, um den glatten Hals des Hengstes zu streicheln. Was war bloß los mit ihr? Sie musste sich wirklich in den Griff bekommen. Sie war eine erwachsene Frau. Es gab keinen Grund, weiche Knie zu bekommen oder schmachtend dreinzuschauen, nur weil Hades sich nicht als Langweiler oder Kobold entpuppt hatte. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Puh, er machte sie nervös. »Zurückgezogen und düster?« Von wegen! Demeter hatte vergessen zu erwähnen, dass der Kerl umwerfend aussah.
    Sie durfte in ihm nicht mehr als einen leitenden Angestellten sehen. Einen unglaublich mächtigen, höherrangigen Beamten. Es ging ums Geschäftliche – dieser Ausflug war als Geschäftsreise geplant.
Vergiss das nicht,
mahnte Lina sich.
    »Ich bin jetzt fertig.« Sie drückte die Schultern durch, tätschelte den Hengst zum Abschluss und wollte sich zu Hades begeben, aber hielt dann inne. Gerade noch hatte sie die Pferde für ihr schlechtes Benehmen gescholten, und nun stand sie da und reagierte auf die Gegenwart eines schönen Mannes wie ein dummes Schulmädchen und vergaß selbst sämtliche Manieren.
    »Eurydike!«, rief sie und löste sich vom Streitwagen, um den Geist zu suchen, der unsicher ein Stück weiter wartete. »Komm! Hades nimmt uns mit.«
    Eurydikes Augen wurden groß vor Angst. »Oh, nein, meine Göttin! Ich kann nicht mit …« Der junge Geist verstummte und schwieg hilflos.
    Lina fand, das Mädchen sähe aus wie ein blasses, verängstigtes kleines Rehkitz.
    »Schätzchen, ich käme nicht auf die Idee, ohne dich zu fahren. Du hast mich wunderbar geführt und bist eine gute Freundin.« Lina wandte sich an Hades: »Liegt dein Palast nicht auf dem Weg zu den elysischen Gefilden?«
    Hades nickte.
    »Wäre es in Ordnung, wenn Eurydike mit uns fahren würde?«, fragte sie den Gott.
    Anstatt Lina zu antworten, drehte sich Hades zu dem kleinen Geist um und sprach Eurydike direkt an.
    »Hab keine Angst, Kind. Du darfst deine Göttin begleiten.«
    Wieder war seine Stimme verändert. Lina fand, sie klang nun wie die eines Vaters, der ein schüchternes Kind an seine Seite lockte. Sein Gesichtsausdruck war weicher geworden, fort war der intensive Blick, mit dem er sie gemustert hatte. Jetzt sah er freundlich aus und wirkte plötzlich zugänglich und verständnisvoll – und irgendwie älter als zuvor.
    »Wie du wünschst, mein Herr«, erwiderte Eurydike mit süßer Stimme. Es gelang ihr sogar ein angedeutetes Lächeln, als sie um die vier Hengste herum zu Lina huschte. »Du brauchst jetzt keine Angst mehr vor ihnen zu haben«, belehrte Lina den Geist und wies mit dem Kinn in Richtung der Pferde. Nur mit Mühe riss sie ihren Blick von Hades’ fesselndem Gesicht los. »Sie werden sich benehmen.«
    Eurydike warf den vier Tieren einen nervösen Blick zu und achtete darauf, dass die Göttin zwischen ihnen und ihr selbst war, auch wenn sie nicht den Anschein machten, nach ihr austreten zu wollen. Die Pferde waren zu sehr damit beschäftigt, Persephone zuzuwiehern und sie bewundernd zu beäugen.
    Die Trittstufe des Streitwagens befand sich ziemlich weit oben; dankbar nahm Lina Hades’ Hilfe an, zu ihm hinaufzusteigen. Seine große Hand umfasste ihre und umschloss sie mit unmittelbarer Wärme, und Lina staunte, mit Persephones glatter Handfläche raue Schwielen zu ertasten. Sie fragte sich, welche Arbeit Hades mit den Händen verrichtete, doch sie hatte keine Zeit, lange über die Gewohnheiten des Gottes nachzusinnen, denn kaum hatte sie Eurydike zu sich hochgezogen, bellte Hades ein Kommando, und der Streitwagen schoss los, wendete auf engstem Raum und stürzte voran in die klaffende Öffnung in der Erde. Lina sah sich über die Schulter um und konnte verfolgen, wie sich der

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